Wir waren unsterblich (German Edition)
Feldstraße entlang und schlugen uns dann auf mein Zeichen in die Büsche.
Töffel verkroch sich sofort in unser Versteck hinter der Mauer aus Strohballen. „Kommt ihr nicht mit?“ Sein Gesicht steckte in der eckigen Öffnung. Leo legte einen Finger auf die Lippen. „Psst, Mann! Wir müssen doch aufpassen.“ Er robbte zu dem großen Schiebetor. Es war einen Spalt weit geöffnet. Leo spähte hinaus.
„Kann ich hier bleiben?“, fragte Töffel mit leiser Stimme.
„Klar“, sagte ich. Er winkte mir kurz zu und verschwand aus dem Eingang zu unserem Versteck. Ich legte mich neben Leo ins Heu. „Ob wirklich jemand kommt?“
Leo steckte sich einen Strohhalm zwischen die Zähne und kaute ausgiebig darauf herum. „Ich meine gar nichts mehr.“ Er wälzte sich auf die Seite, um mich anzusehen. „Was meinst du denn, Ritsch? Du kennst dich doch aus.“
„Womit?“
„Na, mit solchen unheimlichen Sachen wie Außerirdische, Gespenster und dem ganzen Kram.“
Ich glaubte in seiner Stimme einen leisen Vorwurf zu hören. Es stimmte: Ich verschlang Bücher über UFO-Sichtungen, Geistererscheinungen, las Science-fiction und war verrückt nach Horrorfilmen und erzählte ständig und voller Begeisterung meinen Freunden davon. Ich hatte sogar schon damit begonnen eigene Geschichten zu schreiben. Abends im Bett. Sie handelten von heldenhaften Raumfahrern, Weltuntergang oder von Ehepaaren im Jahre 2000, die sich im Streit die Köpfe ein-schlugen. Ich überlegte, ob sich Leo über mich lustig machen wollte und zögerte.
„Die Frage ist doch: Wer ist der Lichtlose?“, fuhr er fort. „Und ist er überhaupt ein Mensch?“
Ich hatte mir schon mehrmals darüber nachgedacht, war in Gedanken die möglichen Erscheinungsformen des geheimnisvollen Schreibers durchgegangen. Hinter der Mauer aus Stroh bewegte sich Töffel raschelnd und nieste zweimal hintereinander. Leo kratzte sich unter seiner Nase. Dort wuchs ein feiner, durchsichtiger Flaum. Hilko, Markus und ich hatten schon richtige schwarze Stoppeln. „Fragt sich nur“, flüsterte Leo mit einem Blick zu Töffels Versteck, „ob der Lichtlose für uns nicht auch gefährlich ist.“
Im Stall unter uns wurde geflüstert, Schritte näherten sich. Ich kroch auf allen Vieren zu einem der quadratischen Löcher im Boden der Scheune. Direkt unter mir schlenderten Markus und Hilko vorbei. Ich hätte ihnen auf die Köpfe spucken können. Markus schwenkte die Kamera seines Bruders, als er auf der letzten Treppenstufe zum Heuboden war. Hilko trug eine Plastiktüte. Deren Inhalt schlug klirrend aneinander. Töffel hatte die beiden auch kommen hören. Er krabbelte aus dem Versteck. „Was hast du da mitgebracht?“
Hilko zog eine grüne und eine braune Flasche aus der Tüte. „Wein aus dem Keller meines Vaters. Möchte jemand?“
„Klar wollen die!“ Markus spähte mit einem Auge durch den Sucher der Kamera und visierte mich an. „Klick!“, machte er und grinste.
Ich hatte den Eindruck, dass er angetrunken war. Wahrscheinlich hatten er und Hilko bereits auf dem Weg eine Flasche geleert. Hilko klappte sein Taschenmesser auf und entkorkte beide Flaschen. Markus griff nach beiden und während er einen tiefen Schluck nahm, reichte er mir die andere Flasche. Ich zögerte nur eine Sekunde. Der Wein war süffig, nicht so sauer wie das Zeug aus den Zweiliter-Flaschen, die wir manchmal im Aldi kauften. Ich nahm einen zweiten Schluck, ehe ich die Flasche an Leo weitergab. Hilko holte eine weitere Flasche aus der Tüte. Ich sah sofort, dass es wieder der klebrige Kräuterlikör mit dem Hirsch auf dem Etikett war. Nur war diesmal die Flasche wesentlich größer. Ich tat so, als müsste ich mich übergeben. „Schon wieder Hustensaft?“
„Nicht nur.“ Hilko schraubte den Deckel ab und schüttete sich eine erstaunliche Menge von der braunen Flüssigkeit in die Kehle. Danach musste er sich noch nicht einmal schütteln. „Die Flasche war nur noch halb voll. Ich habe einfach ein paar andere Sachen dazugekippt. Weinbrand, Whisky, Aprikosenlikör und so.“
„Uh!“, machte Markus und stapfte mit ausgestreckten Händen auf Hilko zu. Töffel sah verwirrt von einem zum anderen. Es behagte ihm überhaupt nicht, dass seine Freunde sich ausgerechnet jetzt betrinken wollten. Aber er traute sich nicht, dagegen zu protestieren.
Markus fummelte an der Kamera herum, wich mit leichtem Schwanken einem der Löcher im Boden aus und bezog am großen Scheunentor Stellung.
„Was ist eigentlich, wenn der
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