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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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oder unter dem Floß.« Ali wischte sich den Schweiß von Gesicht und Händen und dankte Allah, daß er das Blut des Piloten nicht auf dem Gewissen hatte.
    »Ja.« Auch Valik schwitzte, aber vor Angst. Noch nie hatte er diesen Ausdruck auf dem Gesicht seiner Frau gesehen, dieses Lächeln, das den Tod anzukündigen schien. Sie ist eben eine Kadscharin, aus dem Geschlecht der Kadscharen, die Thronrivalen oder auch ihre Kinder unbekümmert blenden oder ermorden ließen. Valik drehte sich um, sah sie oben am Ende des Pfades stehen und wandte sich wieder Ali zu. »Geben Sie mir Ihre Pistole!«
    Er legte die Waffe auf den rauhen Holzboden und rief: »Ich habe Ihnen eine Pistole dagelassen, Lochart. Das war alles ein Irrtum. Der Hauptmann hat sich geirrt.«
    »Aber Herr Gen…«
    »Gehen Sie zur Maschine hinauf!« befahl Valik mit lauter Stimme. »Seladi ist ein Dummkopf. Er hätte Ihnen nie befehlen dürfen, diesen armen Menschen zu töten. Sie fliegen sofort los, und zwar nach Kuwait, nicht nach Bagdad. Gehen Sie und starten Sie das Flugzeug!«
    Als Ali gegangen war, kam Annousch zu Valik herunter.
    »Hast du's gesehen?« fragte er.
    »Ja.«
    Sie warteten. »Ich bete zu Allah, daß er sich irgendwo versteckt hält«, sagte sie mit einer großen Leere in ihrer Seele. »Ich bin froh, daß sein Blut nicht an unseren Händen klebt. Seladi ist ein Monster.«
    »Gehen wir lieber zurück!« Sie waren weder vom Hubschrauber noch vom Haus aus zu sehen. Er zog seine Pistole und feuerte in die Erde. »Für Seladi. Ich glaube, ich habe Lochart getroffen, als er … als er auftauchte, hm?«
    Sie nahm seinen Arm. »Du bist ein kluger und guter Mann.« Die beiden machten sich auf den Weg. »Ohne dich, ohne deine Klugheit und deinen Mut wären wir nie aus Isfahan herausgekommen. Aber Exil? Warum …?«
    »Ein befristetes Exil«, beruhigte er sie, erleichtert, daß diese häßliche Krise zwischen ihnen vorüber war. »Dann kehren wir in die Heimat zurück.«
    »Das wäre wunderbar«, sagte sie und zwang sich, ihm zu glauben. Das muß ich auch, dachte sie, wenn ich nicht den Verstand verlieren will. Und wegen der Kinder. »Ich bin froh, daß ihr euch für Kuwait entschieden habt. Bagdad habe ich nie gemocht.« Immer noch lagen Schatten um ihre Augen. »Was Lochart da gesagt hat, daß wir noch einige Zeit warten sollten, war das falsch?«
    »Wenige Kilometer von hier ist eine Luftwaffenbasis. Könnte sein, daß wir auf dem Radarschirm gesehen wurden oder von dem Flugmeldeposten in den Bergen. Seladi befürchtet, vom Stützpunkt aus könnte eine Patrouille hierher aufbrechen. Damit könnte er recht haben.« Sie erreichten die Anhöhe. Die anderen waren schon alle an Bord, und sie beschleunigten ihre Schritte. »Kuwait ist sicherer. Ich hatte schon zuvor beschlossen, diesen aufgeblasenen Narren Seladi zu überstimmen – man darf ihm einfach nicht trauen.«
    Wenige Minuten später waren sie aufgestiegen. Ali Abbasi war ein guter Pilot und kannte das Gebiet. Nachdem er die Anhöhe überflogen hatte und ins Tal hinabgetaucht war, schwenkte er nach Westen ab und schlängelte sich durch einen Paß, um dem weiten Umkreis der Basis auszuweichen. Bis zur irakischen Grenze waren es an die 80 Kilometer. Über ihnen auf den Berggipfeln lag Schnee, obwohl einige Talböden bereits grün heraufleuchteten. Sie dröhnten über ein überraschend auftauchendes unbekanntes Dorf hinweg und drehten dann nach Süden ab, wobei sie dem Wasserlauf folgten, der sich weit zu ihrer Rechten parallel zur Grenze erstreckte. Der Flug würde keine zwei Stunden dauern, denn der Wind war günstig.
    Ali war froh, die Maschine fliegen zu können, froh, daß er Lochart nicht getötet hatte, der ohne ein Wort zu sagen vor ihm gestanden war. Er hatte nicht um sein Leben gebettelt oder gebetet, war einfach nur dagestanden, mit erhobenen Händen, wartend. Sicher hatte er sich unter dem Pfahlwerk verborgen. Allah sei Dank.
    Er warf einen schnellen Blick auf die Karte, um sein Gedächtnis aufzufrischen, aber das war eigentlich gar nicht nötig. Er hatte viele Jahre damit verbracht, die Pässe zu durchfliegen. Bald würde er aus den Bergen heraus sein und die Ebene zwischen Tigris und Euphrat erreicht haben; immer in Bodennähe, würde er Dezful, Ahwas und Korramschahr umgehen, den Schatt-al-Arab und dann die Grenze überqueren, um schließlich nach Kuwait und in die Freiheit zu gelangen.
    Vor ihm lag ein Gebirgskamm. Erregt von der Freude am Fliegen, ließ er den Hubschrauber aus

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