Wirbelsturm
aber wie …« Hilflos und frohlockend zugleich stotterte er. »Das … das ist doch nicht möglich!«
»Na ja, sie war sich noch nicht ganz sicher, aber sie hatte das Gefühl. Eine Frau weiß das; sie fühlt sich anders, so ganz anders, so wunderbar, so erfüllt. Es fehlen noch ein paar Tage, um ganz sichergehen zu können. Drei oder vier. Lassen Sie mich überlegen.« Sie sah ihn an. »Ja, das wäre dann der Tag nach dem geplanten Besuch bei ihrem Vater. Sie sollten ihn doch auch besuchen, an diesem heiligen Tag: Freitag, den 16. Februar, nach Ihrem Kalender. Habe ich recht?«
»Ja«, sagte Lochart. »Als ob ich das vergessen könnte. Sie wissen davon?«
»Selbstverständlich.« Annousch war über diese Frage erstaunt. »Ein so ungewöhnliches Ersuchen Ihrerseits und eine so wichtige Entscheidung, davon mußten wir doch alle wissen. Wäre es nicht wunderbar, wenn sie ein Kind erwartete? Ich hoffe so sehr, daß Allah sie gesegnet hat. So wird es ihr leichter fallen, all die Tage und Nächte zu verbringen, bis wir sie herausholen können. Kuwait ist ja nicht weit.«
»Kuwait?«
»Ja, aber da bleiben wir nicht. Wir reisen weiter nach London.« Ihre Stimme zitterte. »Ich will meine Heimat und meine Freunde nicht verlassen, aber …«
Lochart sah, wie hinter ihr die Tür des Hauses aufging. Valik und Seladi kamen heraus, gefolgt von Ali. Er bemerkte, daß die drei Männer Pistolen umgeschnallt hatten. Sie haben hier wohl ein geheimes Waffenlager, dachte er zerstreut, als Ali salutierte und den Weg zum Stausee hinunterlief. Die zwei Kinder kamen hinter dem Schuppen hervor und stürzten sich in Valiks Arme. Er schwang das kleine Mädchen in die Luft und stellte es wieder auf den Boden.
»Annousch«, wandte er sich an seine Frau, »mach bitte Setasem und Jalal fertig! Wir fliegen bald los.« Die Kinder liefen ins Haus. »Steht die Maschine bereit, Captain?«
»Jawohl.«
Valik warf einen Blick auf seine Frau. »Mach dich bitte fertig, meine Liebe!« Sie lächelte und rührte sich nicht. »Ich muß nur noch meinen Mantel holen. Ich bin fertig.« Jetzt kamen auch die anderen Offiziere aus dem Haus. Mehrere trugen automatische Waffen.
Lochart vergaß Scharazad, den heiligen Tag und die fehlenden vier Tage. Er brach das Schweigen: »Wie sieht der Plan aus?«
»Bagdad«, antwortete Valik. »Wir starten in wenigen Minuten.«
»Ich dachte, wir fliegen nach Kuwait«, sagte Annousch.
»Wir haben uns für Bagdad entschieden. General Seladi meint, es sei sicherer.« Valik beobachtete Lochart. »Ich möchte in zehn Minuten in der Luft sein.«
»Ich würde raten, mit dem Abflug zu warten, weil …«
Seladi fiel ihm ins Wort. »Hier kann man uns jederzeit einschließen. In der Nähe gibt es eine Luftwaffenbasis. Sie verstehen nichts von militärischen Dingen. Wir fliegen sofort nach Bagdad ab.«
»Kuwait wäre besser und sicherer, aber da wie dort wird man den Heli ohne eine iranische Freigabe in gerichtliche Verwahrung nehmen«, gab Lochart zu bedenken.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, entgegnete Valik ruhig. »Bakschisch und einige Verbindungen – das müßte genügen.« Du, ausländischer Eindringling in meine Familie, dachte er nachsichtig, du und deine geschenkte 212, ihr werdet sogar die Iraker zufriedenstellen, denn wir werden ganz gewiß übereinstimmend erklären, daß du die Maschine illegal geflogen hast. Die Iraker werden das verstehen und uns nichts tun. Die meisten von ihnen hassen und fürchten Khomeini und seine Vision des Islam. Er sah, wie Lochart ihn beobachtete. »Ja?«
»Ich fürchte, mit Bagdad haben Sie eine falsche Entscheidung getroffen.«
General Seladi erklärte schroff: »Wir fliegen jetzt.«
Die Unhöflichkeit ließ Lochart erröten. »Sie werden zweifellos starten können, sobald die Maschine und der Pilot bereit sind. Sind Sie in diesen Bergen schon einmal geflogen, General?«
»Nein, aber die 212 hat die Gipfelhöhe, und wir fliegen nach Bagdad. Und zwar sofort!«
»Dann wünsche ich Ihnen Glück. Ich rate immer noch zu Kuwait und etwas zuzuwarten, aber Sie können natürlich tun, was Sie wollen. Ich fliege Sie nicht.«
Stille trat ein. Seladi wurde rot im Gesicht. Lochart wandte sich an Valik: »Auf dem Weg nach Isfahan sagte ich Ihnen, daß ich den letzten Abschnitt nicht fliegen werde. Das kann Hauptmann Abbasi machen – er ist dafür bestens qualifiziert.«
»Aber Sie werden doch genauso gesucht wie wir alle«, entgegnete Valik und staunte über so viel Dummheit.
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