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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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war die erste Umarmung ungeduldig, fast grob, selbstsüchtig und gierig gewesen.
    Ein Jahr, zwei Monate und drei Tage war es her, daß er Sayada bei einer Weihnachtsfeier in Teheran kennengelernt hatte. Er erinnerte sich noch genau an den Abend. Sie war inmitten der vielen Menschen allein an einem Tisch gesessen, hatte an ihrem Drink genippt und ein fast durchsichtiges weißes Kleid getragen.
    » Vous parlez français , Madame?« fragte er, von ihrer Schönheit fasziniert. »Tut mir leid, Monsieur, nur ein paar Worte. Ich ziehe Englisch vor.«
    »Also dann auf Englisch: Ich bin überglücklich, Sie kennenzulernen, aber ich habe ein Problem.«
    »Und welches?«
    »Ich möchte sofort mit Ihnen schlafen. Sie sind ein fleischgewordener Traum …« Auf Französisch würde es besser klingen, dachte er, aber was soll man machen. »Ich habe schon immer nach Ihnen gesucht. Ich muß mit Ihnen schlafen. Sie sind so begehrenswert.«
    »Aber … aber mein Mann sitzt dort drüben. Ich bin verheiratet.«
    »Das ist ein einschränkender Umstand, aber kein Hindernis.«
    Sie lachte, und er wußte, daß sie ihm gehörte. Nur noch eine Kleinigkeit fehlte, und alles war perfekt. »Können Sie kochen?«
    »Ja«, erwiderte sie mit so viel Selbstvertrauen, daß er wußte, sie war auch im Bett phantastisch. Was ihr an Erfahrung fehlte, würde er sie lehren. Welches Glück sie doch hatte, mir zu begegnen, dachte er jetzt und klopfte noch einmal an McIvers Tür.
    Die Monate waren verflossen. Ihr Mann kam nur selten nach Teheran. Er war ein libanesischer Banker in Beirut, von französischer Abkunft. »Und daher zivilisiert«, hatte Jean-Luc mit totaler Überzeugung bemerkt. »Natürlich würde er unsere Liaison billigen, sollte er je davon erfahren. Im Vergleich zu dir ist er ziemlich alt. Bestimmt hätte er nichts dagegen einzuwenden.«
    »Da bin ich nicht so sicher, chéri , er ist erst 50, und du bist …«
    »Phantastisch – so wie du.« Nie zuvor hatte er eine solche Haut, solch seidiges Haar und eine solche Leidenschaft erlebt. »Mein Gott«, seufzte er eines Nachts, »in deinen Armen könnte ich sterben.« Das war im vergangenen Herbst während eines Urlaubs in Istanbul gewesen, und die unglaubliche Sinnlichkeit dieser Stadt hatte sie bezaubert.
    Für sie war die Affäre aufregend, aber nicht so einmalig, um nicht weitere Affären zuzulassen. Noch am Abend nach der Weihnachtsfeier hatte sie mit ihrem Mann über Jean-Luc gesprochen.
    »Aha.« Er schmunzelte. »Darum also wolltest du, daß ich ihn kennenlerne.«
    »Ja. Ich fand ihn interessant – obwohl er Franzose ist und wie viele Franzosen völlig egozentrisch. Aber er hat mich erregt, ja, das hat er.«
    »Na ja, du wirst zwei Jahre in Teheran bleiben, und ich kann immer nur für ein paar Tage im Monat kommen – mehr wäre zu gefährlich. Es wäre ja ein Jammer, wenn du jede Nacht allein verbringen müßtest. Stimmt's?«
    »Ich habe also deine Erlaubnis?«
    »Wo ist seine Frau?«
    »In Frankreich. Er ist zwei Monate im Iran, dann einen Monat bei ihr.«
    »Vielleicht ist diese Liaison eine sehr gute Idee: gut für deine Seele, gut für deine Gesundheit und gut für unsere Arbeit. Und was noch wichtiger ist: Sie würde die Aufmerksamkeit von uns ablenken.«
    »Ja, das dachte ich auch. Und er bringt viele Vorteile. Er ist zum Beispiel Mitglied im Französischen Club.«
    »Ah! Dann bin ich einverstanden, Sayada. Erzähl ihm, ich sei ein Bankier französischer Abkunft, was ja zum Teil sogar stimmt – hat mein Ururgroßvater nicht als Fußsoldat im Heer Napoleons gekämpft? Sag deinem Franzosen, wir seien seit vielen Generationen, nicht erst seit ein paar Jahren Libanesen.«
    »Du bist klug wie immer.«
    »Sieh zu, daß er dich als Mitglied im Französischen Club einschreiben läßt. Das wäre perfekt. Irgendwie muß diese Entente zwischen Israel und dem Iran zerschlagen, irgendwie müssen dem Schah Zügel angelegt werden. Wir müssen Israel endlich den Zugang zum iranischen Öl sperren, oder dieser Erzschurke Begin wird versucht sein, im Libanon einzumarschieren, um unsere Kämpfer zu vertreiben. Mit iranischem Öl wird es ihm gelingen. Ich bin langsam des ewigen Wanderns müde.«
    »Ja, ja, ich stimme dir zu.«
    Sayada war sehr stolz. Sie hatten in diesem Jahr so viel erreicht! Unglaublich viel! Nächste Woche würde Yasir Arafat zu einem triumphalen Empfang nach Teheran kommen: Khomeinis Dank für seine Hilfe bei der Revolution. Die Ölexporte nach Israel waren gesperrt.

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