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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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neugierig, wann sie auf uns losgehen – die Iraner hassen die Engländer genauso wie die Yankees. Wo bekomme ich Bargeld her? Mit einer halben Million Rial wöchentlich können wir nicht arbeiten.
    Er trank den letzten Schluck Whisky. Ohne die iranischen Partner sind wir aufgeschmissen. Sie wissen, mit wem man sprechen muß, in welche Hand man wieviel drücken muß, wem man schmeicheln, wen man belohnen muß. Trotzdem hat Chinaboy recht: Ganz gleich, wer an die Macht kommt, Bachtiar oder die Generäle, sie brauchen unsere Helis.
    In der Küche kamen Genny beinahe die Tränen. Die Dose Haggis, die sie ein halbes Jahr lang so sorgfältig versteckt gehalten und jetzt geöffnet hatte, war verdorben, dabei aß Duncan dieses schottische Gericht so gern, ein Gemisch aus zerkleinerten Schafsinnereien, Hafermehl, Nierenfett, Zwiebeln, Gewürzen und Suppenbrühe, das in den Magen des armen Schafes gestopft und dann ein paar Stunden gekocht wird. »Ach, verdammt.« Scot Gavallan hatte die Dose von seinem letzten Urlaub mitgebracht, und sie hatte sie für diese besondere Gelegenheit aufbewahrt. Heute war nämlich ihr Hochzeitstag, und das Haggis sollte eine Überraschung für Duncan sein. So ein Mist!
    Scot kann nichts dafür, daß diese verdammte Konserve verdorben ist, dachte sie unglücklich. Trotzdem – Scheiße! Ich habe mich seit Monaten auf dieses Abendessen gefreut, und jetzt ist es im Eimer. Zuerst läßt mich der verdammte Metzger im Stich, obwohl ich ihm den doppelten Betrag im voraus bezahlt habe, dann sind die verdammten Banken geschlossen, so daß ich kein Geld abheben und den anderen Metzger bestechen kann, damit er mir statt des alten Hammels eine frische Lammkeule verkauft, dann streiken plötzlich die Gemischtwarenläden, dann …
    Das Fenster der kleinen Küche stand halb offen, und sie hörte wieder Maschinengewehrfeuer. Diesmal näher. Dann trug der Wind das ferne, heisere Geschrei der Menge an ihre Ohren. » Allahhh-u Akbarrr Allahhh-u Akbarr.« Immer wieder.
    Ich hasse diese Stadt, dachte sie. Ich hasse die Gewehre und die Drohbriefe. Heute hatte wieder einer im Briefkasten gelegen, der zweite – wie der erste voller Tippfehler und auf billigem Papier: »Im Dezember haben wir Dir und Deiner Familie einen Monat Zeit gegeben, um das Land zu verlassen. Ihr seid noch immer da. Ihr seid jetzt unsere Feinde, und wir werden unerbittlich gegen Euch kämpfen.« Keine Unterschrift. Beinahe jeder Ausländer im Iran erhielt jetzt solche Briefe.
    Sie betrachtete ihr Gesicht in der spiegelnden Fensterscheibe und strich sich automatisch über das Haar. Wo ist deine Jugend geblieben? Ich weiß es nicht, sie ist vorbei. Duncan ist anders, er wirkt immer noch jung, jedenfalls für sein Alter – er sollte nur besser auf sich aufpassen. Dieser verdammte Gavallan! Nein, Andy ist in Ordnung. Aber das Land hier ist aus den Fugen geraten. Jetzt wäre es an der Zeit, daß wir abreisen und es uns gutgehen lassen. Aber wie?
    Sie lachte laut. Vermutlich würde er einen neuen Job annehmen. Sie öffnete vorsichtig das Backrohr, kniff wegen der Hitze und des Geruchs die Augen zusammen und schloß das Rohr wieder. Ich kann Corned-beef-Auflauf nicht leiden, dachte sie ärgerlich.
    Das Abendessen war ausgezeichnet, der Corned-beef-Auflauf braun und knusprig, wie die Männer ihn mochten. »Machst du den Wein auf, Duncan? Es ist persischer, aber leider unsere letzte Flasche.« Normalerweise besaßen sie genügend Vorräte an französischen und persischen Weinen, aber die Menge hatte alle Spirituosenläden in Teheran verwüstet und in Brand gesteckt; die Mullahs, die Khomeinis strengem Fundamentalismus verpflichtet waren, hatten die Leute dazu aufgehetzt, denn der Koran verbot jeglichen Alkoholgenuß. »Der Mann im Basar hat mir erzählt, daß offiziell nirgends Alkohol verkauft wird und daß es jetzt sogar in den internationalen Hotels verboten ist, welchen zu konsumieren.«
    »Das kann nicht von Dauer sein, die Leute werden das Alkoholverbot – genauso wie den Fundamentalismus – nicht lange hinnehmen«, meinte Pettikin. »Blickt man zurück, waren die Schahs in dieser Hinsicht immer tolerant, und warum auch nicht? Beinahe 3.000 Jahre lang war Persien wegen seiner schönen Frauen, seiner Weinberge und seiner Weine berühmt. Die Robā'iāt des Omar Hayy ā m sind eine Hymne auf Wein, Weib und Gesang. Persien für immer, wenn ihr mich fragt.«
    Sie hatten den Wein ausgetrunken und den Auflauf und den Blumenkohl aufgegessen, aber

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