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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sauberste, ruhigste und beliebteste war. Er hatte es nur Azadeh erzählt, und sie hatte ihn verstanden.
    Draußen schwieg der Wald, der Nachthimmel war wolkenlos, die Sterne leuchteten sehr hell, und der Schnee dämpfte alle Geräusche. Einen Kilometer weiter verlief die einzige Hauptstraße durch die Berge. Sie führte zunächst in das 15 Kilometer entfernte Täbris und schlängelte sich dann in Richtung der sowjetischen Grenze. Im Südosten verband sie Täbris mit dem fast 600 Kilometer entfernten Teheran.
    Der Stützpunkt Täbris 1 war das Zuhause von zwei Piloten – der zweite befand sich gerade auf Urlaub in England –, zwei englischen Mechanikern und der übrigen iranischen Besatzung: zwei Köchen, acht Hilfskräften, des Funkers und des Leiters der Basis. Jenseits des Hügels lag das Dorf Abu-Mard und im Tal die staatliche Zellstoffabrik, die sie laut Vertrag versorgten. Die 212 brachte Holzfäller und Ausrüstung in den Wald, half beim Bau der Lager und der wenigen Straßen, die angelegt werden konnten, brachte Ersatzmannschaften und neues Material in die Lager und flog eventuelle Verletzte aus. Für die meisten der unzugänglichen Lager war die 212 die einzige Verbindung mit der Außenwelt, und die Piloten genossen hohes Ansehen. Erikki gefiel dieses Leben und dieses Land, das Finnland so ähnlich war, daß er manchmal träumte, er wäre wieder daheim.
    Die Sauna vervollständigte diesen Eindruck. Die winzige Hütte mit den beiden Räumen war von den anderen Unterkünften abgeschirmt; zwischen die Balken hatte Erikki als Isolierung Moos gestopft, nur das Holzfeuer, das die Steine erhitzte, bekam genügend Luft. Die Steine der obersten Schicht hatte er aus Finnland mitgebracht. Sein Großvater hatte sie vom Boden eines Sees heraufgeholt – dem Fundort für alle guten Saunasteine – und sie ihm bei seinem letzten Heimaturlaub vor 18 Monaten geschenkt. »Nimm sie, mein Sohn, mit ihnen vervollkommnest du deine Sauna, obwohl ich wirklich nicht verstehe, warum du eine Fremde heiraten willst.«
    »Wenn du sie siehst, Großvater, wirst du sie ins Herz schließen. Sie hat blaugrüne Augen, schwarze Haare, und …«
    »Wenn sie dir viele Söhne schenkt – na schön, wir werden ja sehen. Es ist höchste Zeit, daß du heiratest, aber eine Ausländerin? Du hast erwähnt, daß sie Lehrerin ist.«
    »Sie ist Angehörige des Iranischen Unterrichtskorps, lauter junge Männer und Frauen, die freiwillig in die Dörfer gehen und den Bewohnern, vor allem den Kindern, Schreiben und Lesen beibringen. Der Schah und die Kaiserin haben das Korps vor ein paar Jahren ins Leben gerufen. Azadeh stammt aus Täbris, in der Nähe arbeite ich jetzt. Sie lehrt in unserem Dorf in einer Behelfsschule, und ich habe sie vor 7 Monaten und 3 Tagen kennengelernt. Damals war sie 24.«
    Erikki dachte daran, wie er Azadeh kennengelernt hatte. Sie trug ihre schmucke Uniform und saß auf einer Waldlichtung inmitten einer Kinderschar. Sie lächelte ihn wegen seiner Größe voll Verwunderung an, und er wußte sofort, daß dies die Frau war, auf die er sein Leben lang gewartet hatte. Damals war er 36 gewesen. Und wieder segnete er den tonto  – den Waldgeist –, der ihn in diesen Teil des Waldes geführt hatte. Nur noch drei Monate, dann winkten volle zwei Monate Urlaub. Er freute sich darauf, daß er ihr Finnland zeigen konnte.
    »Es ist Zeit, Liebling«, mahnte er.
    »Nein, Erikki, noch nicht«, widersprach sie ihm halb schlafend. Sie war von der Hitze ermattet, nicht aber vom Alkohol, denn sie trank nicht. »Bitte, Erikki, noch …«
    »Zuviel Hitze tut dir nicht gut«, erklärte er entschieden. Sie sprachen immer Englisch miteinander, obwohl sie auch Russisch konnte – ihre Mutter war zur Hälfte Georgierin gewesen und stammte aus dem Grenzgebiet, in dem es gut und nützlich war, wenn man zweisprachig aufwuchs. Azadeh sprach außerdem noch Türkisch, die Sprache, die hier in Aserbeidschan am meisten benutzt wird, und natürlich Neupersisch. Er setzte sich auf, wischte sich den Schweiß ab, beugte sich über sie und küßte sie. Sie erwiderte den Kuß und erschauerte, als seine Hände sie suchten und die ihren ihn. »Du bist ein schlechter Mensch, Erikki«, erklärte sie und räkelte sich genußvoll.
    »Bist du soweit?«
    »Ja.« Sie klammerte sich an ihn, als er sie mühelos hochhob, um in den Umkleideraum und von dort in die eisige Kälte hinauszugehen. Sie schnappte nach Luft und drückte sich fest an ihn, als er eine Handvoll Schnee

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