Wirbelsturm
damit fertig bin, rufe ich Kowiss«, sagte er laut zu sich selbst. Sorgfältig beendete er das Telex an seine Frau und fügte für Manuela auch noch hinzu, daß in Kowiss alles in Ordnung sei – ist es ja auch, dachte er, nachdem Starke zurück ist und er und seine Jungs okay sind.
Er stand auf und streckte sich. In der Schreibtischschublade lagen seine Pillen, und er schluckte die zweite an diesem Tag. »Dieser verdammte Blutdruck!« murmelte er ärgerlich. Sein Blutdruck lag üblicherweise bei 160:115, und die Pillen senkten ihn auf beruhigende 135:85. »Aber hören Sie, Mac, das heißt nicht, daß Sie weiterhin hemmungslos Whisky, Wein, Eier und Sahne konsumieren können – auch Ihr Cholesterinspiegel ist erhöht …«
»Whisky und Sahne, Doktor? Wir sind hier im Iran …«
Er erinnerte sich noch, wie übellaunig er gewesen war, als Gen wissen wollte, was der Arzt gesagt hatte. »Alles bestens«, hatte er sie beruhigt, »besser als das letzte Mal. Und hack nicht auf mir herum!« Zum Teufel damit! Einen großen Whisky mit Soda und Eis könnte ich jetzt gut gebrauchen, und dann noch einen. Doch der Kühlschrank war leer. Er machte sich einen Tee. Was mache ich mit Karim und der HBC? Darüber werde ich später nachdenken. Es war 23 Uhr.
»Kowiss, hier spricht Teheran. Können Sie mich hören?« Geduldig rief er immer wieder an und gab es schließlich auf. »Muß wohl der Sturm sein«, sagte er laut. »Zum Teufel damit! Versuche ich es eben von zu Hause noch einmal.« Er zog seinen schweren Mantel an und stieg die Wendeltreppe zum Dach hoch, um nach der Kraftstoffreserve des Generators zu sehen. Die Nacht war sehr dunkel und still; es waren kaum Schüsse zu hören, und selbst die wenigen durch den Schnee gedämpft. Er konnte keine Lichter ausmachen. Immer noch schneite es. Fast 15 Zentimeter waren seit Tagesanbruch gefallen. Er richtete die Taschenlampe auf den Anzeiger. Der Stand war noch in Ordnung, doch in den nächsten paar Tagen würden sie eine neue Lieferung brauchen. Wie ärgerlich! Und was war mit der HBC? Wenn Karim das Buch an sich bringen und vernichten konnte, würde es keine Beweise geben, oder? Wie war das mit Isfahan, wo sie aufgetankt hatten?
In der Garage ging er zu seinem Wagen und schloß ihn auf. Das Herz stockte ihm, als er eine hochgewachsene Gestalt auf sich zukommen sah. SAVAK wegen der HBC schoß es ihm durch den Kopf; beinahe hätte er die Taschenlampe fallen lassen, aber es war Armstrong in einem dunklen Regenmantel. »Tut mir leid, Captain McIver, ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Aber genau das haben Sie getan«, gab er wütend zurück. »Warum zum Teufel haben Sie sich nicht angemeldet oder sind ins Büro gekommen, statt wie ein verdammter Gangster im Dunkeln zu lauern?«
»Es hätte ja sein können, daß Sie noch mehr Besucher erwartet haben. Einen sah ich aus dem Haus kommen, und so hielt ich es für besser, hier auf Sie zu warten. Tut mir leid. Bitte, senken Sie die Taschenlampe!«
Zornig kam McIver der Bitte nach. »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt? Wir haben Sie auf dem Flughafen erwartet, aber Sie sind nicht erschienen.«
»Tut mir leid. Wann kommt die 125 wieder nach Teheran?«
»Am Dienstag, so Gott will. Warum …?«
»Zu welcher Zeit ungefähr?«
»Gegen Mittag. Warum fragen Sie?«
»Ausgezeichnet. Das trifft sich perfekt. Ich muß nach Täbris. Könnten ich und ein Freund sie chartern?«
»Ausgeschlossen. Ich würde niemals eine Starterlaubnis bekommen. Und wer ist Ihr Freund?«
»Ich garantiere die Starterlaubnis. Tut mir leid, Captain, aber es ist sehr wichtig.«
»Aus Täbris werden schwere Kämpfe gemeldet. Tut mir leid, das kann ich nicht genehmigen. Es wäre ein unnötiges Risiko für die Besatzung.«
»Mr. Talbot würde sich meinem Ersuchen um Ihre Mithilfe gern anschließen«, sagte Armstrong in nach wie vor ruhigem, geduldigem Ton.
»Nein. Tut mir leid.« McIver wollte einsteigen, aber die Gehässigkeit, die aus den folgenden Worten sprach, ließ ihn innehalten.
»Soll ich Sie, bevor Sie fahren, nach der HBC, nach Lochart, nach Ihrem Partner Valik, seiner Frau und den zwei Kindern fragen?«
McIver stand regungslos da. Er konnte das scharfgeschnittene Gesicht, den harten Mund und die Augen sehen, die im Licht der Taschenlampe glitzerten. »Ich … ich weiß nicht, was Sie meinen.«
Armstrong griff in die Tasche, holte ein Papier heraus und hielt es McIver vor die Nase. McIver ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe darauf fallen. Es war
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