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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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geboten, als der junge Mann allein auf die Jagd gegangen war.
    Man kann so leicht ausrutschen und auf sein eigenes Gewehr fallen. Aber meine Frau hat mir von einem solchen ›Unfall‹ abgeraten.
    »Warum?«
    »Weil die Schule eine wunderbare Sache war«, hatte sie geantwortet. »War es nicht die erste Schule, die wir jemals hatten? Ohne die Piloten hätten wir nie eine bekommen. Aber jetzt wissen wir, wie es geht, und können uns jederzeit eine andere bauen. Die Piloten waren gut zu uns. Ohne sie würden wir vieles nicht wissen, was wir heute wissen. Und wir würden auch kein so reiches Dorf haben. Ich glaube auch, daß der junge Mann die Wahrheit gesagt hat. Ich bin dafür, daß du ihn in Frieden ziehen läßt. Vergiß nicht, wie er uns alle zum Lachen gebracht hat mit seinem Märchen von diesem Ort Kong in dem Land China, wo es tausend mal tausend mal tausend mal tausend Menschen gibt, wo alle schwarze Haare haben und schwarze Augen, und wo sie mit Holzstücken essen.«
    »Besteht aber nicht doch die Gefahr, daß er gelogen hat?«
    »Dann stell ihn doch auf die Probe. Du hast noch Zeit.«
    Ja, dachte er, ich habe noch vier Tage Zeit, um die Wahrheit herauszufinden.

41
    Teheran: 17 Uhr 16. Der Marsch der Frauen war vorüber.
    An diesem Morgen herrschte die gleiche von Erwartung geprägte Stimmung, die Teheran bereits seit zwei Tagen in Atem hielt. Zum ersten Mal in der Geschichte sollten die Frauen als eigene Gruppe auf die Straße gehen, um solidarisch gegen die Verletzung ihrer mühsam errungenen Rechte durch die neuen Herren, ja sogar durch den Imam selbst, zu protestieren.
    Die korrekte Kleidung für eine Frau ist das hijab, das sie dazu nötigt, ihre Haare, ihre Arme und Beine und die zinaat – die verführerischen Körperteile – zu bedecken.
    »Ich habe mich dazu entschlossen, den Tschador als Protest gegen den Schah zu tragen, Meschang«, hatte Zarah, seine Frau, ihn angeschrieen. »Ich habe mich dazu entschlossen, ich allein! Niemals werde ich einen Schleier oder einen Tschador gegen meinen Willen tragen, nie, nie, nie …«
    Die vom Satan Schah vor einigen Jahren eingeführte Koedukation wird aufgehoben, weil sie in der Praxis viele unserer Schulen in Bordelle verwandelt hat.
    »Lügen, alles Lügen! Lächerlich«, hatte Scharazad zu Lochart gesagt. »Der Wahrheit muß zum Sieg verholfen werden, Tommy. Es ist ja nicht der Imam, der solche Dinge predigt, es sind die Fanatiker um ihn herum.«
    Das abscheuliche Eheschutzgesetz des Satans Schah wird aufgehoben.
    »Das ist bestimmt ein Irrtum, Hussain.« Die Frau des Mullahs hatte sich vorsichtig ausgedrückt. »Das kann der Imam nicht gesagt haben. Das Gesetz schützt uns davor, von einem Ehemann verstoßen zu werden, es schützt uns vor der Vielweiberei, gibt uns das Recht auf Scheidung, das Wahlrecht und garantiert der Frau einen eigenen Besitz.«
    In unserem islamischen Staat werden alle nach dem Koran und der Scharia leben. Die Frauen sollen nicht arbeiten, sie müssen in ihr Heim zurückkehren, in ihrem Heim bleiben und ihre heilige, von Allah bestimmte Pflicht tun, die darin besteht, Kinder zu gebären und aufzuziehen und ihren Herren zu dienen.
    »Beim Propheten, Erikki: So sehr ich mir wünsche, deine Kinder zu haben und dir die beste Frau zu sein«, hatte Azadeh gesagt, »ich schwöre dir, ich kann nicht einfach rumsitzen und zusehen, wie meine weniger vom Glück begünstigten Schwestern ins finsterste Mittelalter zurückgetrieben werden. Die Fanatiker, die Eiferer sind es, nicht Khomeini, die es darauf angelegt haben. Wo immer ich mich gerade befinde, ich werde marschieren.«
    Im ganzen Iran hatten die Frauen Sympathiemärsche organisiert: In Qom, Isfahan, Mesched, Abadan, Täbris, ja sogar in kleinen Städten wie Kowiss – aber nicht in den Dörfern. Im ganzen Iran hatte es Diskussionen und Streit gegeben zwischen Vätern und Töchtern, Ehemännern und ihren Frauen, Brüdern und Schwestern, überall die gleichen Auseinandersetzungen und Dispute, Händel und Spannungen, das gleiche Bitten und Flehen. Und: Im ganzen Iran zeigten sich die Frauen entschlossen, für ihre Rechte einzutreten. »Ich bin nur froh, daß mein Tommy nicht da ist. Das macht alles soviel leichter«, hatte Scharazad am Morgen ihrem Spiegelbild anvertraut. »Denn wenn er dagewesen wäre, hätte ich ihm vielleicht ungehorsam sein müssen.« Ein letztes Mal überprüfte sie ihr Make-up im Spiegel, um sicherzugehen, daß der blaue Fleck unter ihrem linken Auge nicht mehr zu

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