Wirbelsturm
stellen, reden die Gewehre.«
Starkes Herz klopfte wild, auch Peschadis Herz hämmerte, nur der Mullah blieb ruhig. Er befand sich in der Hand Allahs, verrichtete Allahs Werk, befolgte die Befehle des Sturms: Übt auf jede mögliche Weise Druck auf den Feind aus. Seid wie das Wasser, das gegen den Damm drückt. Übt Druck auf den Damm des Usurpators, des Schahs, seiner Lakaien und Streitkräfte aus. Wir müssen sie mit Mut und Blut auf unsere Seite ziehen. Übt auf jede Weise Druck auf sie aus, ihr verrichtet Allahs Werk!
»Ich werde mittags zurückkommen, Oberst Peschadi, allein oder mit vielen. Die Wahl liegt bei Ihnen«, erklärte Hussain ruhig. »Aber jetzt ist es Zeit für das Gebet.« Er zwang sich aufzustehen. Seine Hände brannten, Rücken, Kopf und Ohren schmerzten immer noch entsetzlich. Einen Augenblick lang fürchtete er, das Bewußtsein zu verlieren, aber er kämpfte Schwindel und Schmerzen nieder und verließ aufrecht den Raum.
Peschadi erhob sich. »Sie werden tun, was er verlangt. Bitte!« fügte er als große Konzession hinzu. »Es ist ein vorläufiger Waffenstillstand, ein vorläufiger Kompromiß, bis wir endgültige Befehle von der gesetzmäßigen Regierung Seiner Kaiserlichen Majestät erhalten und dem Unsinn ein Ende setzen können.« Mit zitternden Händen zündete er eine Zigarette am Stummel der vorhergehenden an. »Sie werden keine Schwierigkeiten haben. Er wird die erforderlichen Genehmigungen vorlegen, und damit wird das Ganze ein Routine-VIP-Flug. Sie müssen zustimmen, denn ich kann selbstverständlich keines meiner Militärflugzeuge in den Dienst eines Mullahs stellen, schon gar nicht, wenn es sich um Hussain handelt, der als Aufrührer bekannt ist. Ist das kein ausgezeichneter Schachzug von mir? Sie werden ihn nicht zunichte machen.« Entschieden drückte er die Zigarette aus und fuhr beinahe schreiend fort: »Sie haben gehört, was er gesagt hat. Mittags. Allein oder mit vielen. Wollen Sie, daß noch mehr Blut vergossen wird?«
»Natürlich nicht.«
»Gut. Dann tun Sie, was man von Ihnen verlangt.« Peschadi stürmte davon. Starke trat erbittert ans Fenster. Der Mullah hatte sich in der Nähe des Tores postiert und rief, die Arme erhoben, die Gläubigen in altehrwürdigem Arabisch zum ersten Gebet: »Kommt zum Gebet, kommt, um fortzuschreiten, das Gebet ist besser als der Schlaf. Es gibt keinen Gott außer Gott …« Auch Peschadi nahm an der Spitze seiner Leute andächtig seinen Platz ein. Alle hatten die Gewehre neben sich auf den Boden gelegt, und nun folgten Soldaten und Dorfbewohner dem Beispiel des Mullahs, wandten sich in die Richtung von Mekka, nahmen die vorgeschriebene Gebetshaltung ein, warfen sich zu Boden und sprachen die Schahada-Litanei: »Ich bekenne, daß es keinen Gott außer Gott gibt, und Mohammed ist sein Prophet …«
Als das Gebet zu Ende war, trat Stille ein. Alle warteten. Dann rief der Mullah laut: »Allah, der Koran und Khomeini!« Er durchschritt das Tor und schlug den Weg nach Kowiss ein. Gehorsam folgten ihm die Dorfbewohner.
Starke erschauerte wider Willen. Der Mullah, überlegte er, ist so vom Haß erfüllt, daß er ihm aus allen Poren dringt. Wenn ich fliege, verschlimmere ich womöglich alles. Teile ich jemand anderen dazu ein, drücke ich mich, denn die Sache fällt in meine Verantwortung.
»Ich muß ihn fliegen«, murmelte er vor sich hin.
5
Vor Lengeh: 6 Uhr 42. Die 212 befand sich mit zwei Piloten und dreizehn Passagieren auf einem Routineflug vom S-G-Stützpunkt Lengeh zu dem von den Franzosen erschlossenen Ölfeld von Siri.
»Hubschrauber EP-HST, hier spricht Flugsicherung Kisch. Ändern Sie den Kurs um 260 Grad!«
Gehorsam schwenkte der Helikopter auf den neuen Steuerkurs ein. »260 bei 1.000 Fuß«, bestätigte Ed Vossi.
»Bleiben Sie auf 1.000! Melden Sie sich über Siri wieder!« Im Gegensatz zum sonstigen Iran funktionierte hier das Radarsystem; die Stationen auf den Inseln Kisch und Lavan waren mit ausgezeichneten, von der amerikanischen Luftwaffe ausgebildeten Fluglotsen besetzt. Die beiden Enden des Golfs waren von gleicher strategischer Bedeutung und wurden gleich gut betreut. Ed Vossi war Amerikaner, ehemaliger Militärflieger, 32 Jahre alt und gebaut wie ein Rugby-Spieler.
»Das Radar setzt heute manchmal aus, stimmt's, Scrag?« fragte er den zweiten Piloten.
»Richtig. Liegt vermutlich an ihren Batterien.«
Vor ihnen tauchte jetzt die kleine Insel Siri auf. Sie war öde, flach und trostlos, verfügte über einen
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