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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Waagrechte.
    »Gut gemacht«, lobte ihn Scragger. »Jetzt mach die Augen auf!«
    Vossi hatte die übliche Ausbildungsbrille erwartet, die das Gesichtsfeld zwar einschränkte, aber den Blick auf die Instrumente frei ließ. Statt dessen war es völlig dunkel. Er geriet in Panik, seine Konzentration ließ nach und damit auch seine Koordination. Einen Sekundenbruchteil lang war er vollkommen durcheinander, sein Magen verkrampfte sich, weil er erwartete, daß der Hubschrauber ins Trudeln geraten würde. Aber nichts geschah. Scragger hatte eingegriffen.
    Vossi schnappte nach Luft und wollte automatisch die Brille abnehmen. »Laß sie auf! Es ist ein Notfall, Ed, du bist der einzige Pilot an Bord und du hast ein Problem – du kannst nichts sehen. Was tust du? Komm schon, übernimm die Steuerung! Ein Notfall.«
    Er übernahm die Steuerung, korrigierte zu stark und schrie beinahe auf, als die Maschine torkelte, denn er hatte erwartet, daß Scragger wieder eingreifen würde. Wieder überkompensierte Vossi, doch diesmal korrigierte Scragger den Fehler.
    »Beruhige dich, Ed!« befahl er ihm. »Horch auf die Turbinen! Koordiniere Hände und Füße! Ruhig Blut, du kriegst es prima hin. Kotzen kannst du später. Es handelt sich um einen Notfall, du mußt die Maschine hinunterbringen, du hast 13 Passagiere in der Kabine. Ich sitze neben dir, aber ich bin kein Pilot, was machst du?«
    Vossis Hände und Füße arbeiteten wieder im Gleichklang, und er horchte auf den Motor. »Ich kann nichts sehen, aber du kannst es.«
    »Richtig.«
    »Dann kannst du mir Anweisungen geben.«
    »Richtig. Aber du mußt natürlich die richtigen Fragen stellen. Flugsicherung Kisch, HST verläßt 1.000, geht nach Siri 3 hinunter.«
    »Roger, HST.«
    Scraggers Stimme klang jetzt anders. »Ich heiße nun Burt. Ich bin ein Arbeiter von einem der Bohrtürme und habe keine Ahnung vom Fliegen, kann aber Instrumente ablesen – wenn du mir genau erklärst, wo ich hinschauen muß.« Vossi ging auf das Spiel ein und stellte die richtigen Fragen. ›Burt‹ zwang ihn, sich das Cockpit in allen Einzelheiten vorzustellen, so zu fragen, daß auch ein Flugunkundiger ihn verstand. Wenn Vossi nicht präzise genug fragte, schrie ›Burt‹: »Ich kann die Scheibe nicht finden, mein Gott, um welche Anzeige handelt es sich? Erklär es mir! Langsam! Noch einmal! O Gott, wir werden alle sterben …«
    Für Vossi dehnte sich die Zeit endlos. Kein hilfreiches Instrument beruhigte ihn, nur diese eine Stimme zwang ihn immerzu, bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu gehen.
    Als sie nur noch 20 Meter von ihrem Ziel entfernt waren, geriet Vossi an den Rand der Verzweiflung, weil er wußte, daß nun der kleine Landekreis auf der Bohrinsel immer näher kam. Du hast immer noch Zeit, die Landung abzubrechen, Gas zu geben und abzudrehen – aber was bringt es dir?
    »Jetzt bist du 3 Meter darüber und 10 Meter davor, wie du es wolltest.« Sofort hielt der schweißüberströmte Vossi den Hubschrauber in Schwebe. »Sehr gut. Du bist genau über dem Kreis, wie du es wolltest.«
    Vossi drosselte vorsichtig die Kraft. Es dauerte ewig. Dann berührten die Kufen den Boden, und sie waren gelandet. Er war so erleichtert, daß er vor Freude fast geweint hätte. Dann hörte er wie aus weiter Ferne Scraggers Stimme: »Das war verdammt gut, Ed. Fehlerlos. Ich übernehme jetzt.«
    Vossi nahm die dunkle Brille ab. Er war klatschnaß, sein Gesicht kalkweiß, und er sank in seinem Sitz zusammen. Er bemerkte kaum die Arbeiter auf der Bohrinsel und das schwere Seilnetz, das über den Landeplatz mit etwa 30 Metern Durchmesser gebreitet war. Wir sind herunten, in Sicherheit.
    Scragger hatte die Turbinen auf Leerlauf geschaltet; es war sinnlos, sie abzuschalten, weil es sich nur um einen kurzen Stop handelte. Er summte vor sich hin, was er nur tat, wenn er sehr zufrieden war. Der Junge hat sich gut gehalten, dachte er, der fliegt ausgezeichnet.
    Er drehte sich um und gab dem französischen Techniker, der die neu installierte elektrische Pumpe des Bohrturms überprüfen sollte, das Zeichen, daß er aussteigen konnte. Die übrigen Passagiere warteten geduldig. Vier unter ihnen Japaner, Gäste der französischen Beamten und der Techniker von EPF.
    Der Techniker kletterte hinaus, öffnete den Laderaum und half iranischen Arbeitern, einige Kisten auszuladen. Es war heiß und schwül, und die Luft stank nach Öldämpfen. Im Cockpit herrschte eine Gluthitze, und die Luftfeuchtigkeit war sehr hoch, aber

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