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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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auch, Maschoud, aber es ging nicht«, bemerkte der Junge mit der Brille neidisch. Er wischte sich den Schweiß vom Gesicht und schob die Brille zurecht.
    »Ich kann immer vor Prüfungen nicht«, sagte Maschoud lachend. »Gebe Allah, daß die Universität bald wieder geöffnet wird.«
    »Allah ist Opium für die Massen«, erwiderte der Brillenträger scharf und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu. Sie war noch immer leer. Im Süden, in einigen Kilometern Entfernung, spiegelte sich die Sonne im Wasser des Golfs. Der junge Mann zündete mit zitternden Fingern eine Zigarette an. Die Zeit verging sehr langsam. Dann bemerkte er hinter dem Dorf eine Staubwolke auf der Straße. »Schau!«
    Gemeinsam bemühten sie sich, etwas zu erkennen. »Sind das Lastwagen oder Armeefahrzeuge?« fragte Maschoud ängstlich, lief dann zum Graben und rief: »Beeilt euch, ihr beiden, etwas kommt.«
    »In Ordnung, wir sind beinahe fertig«, antwortete einer der beiden Jungen im Graben.
    Sie hatten den Sack geöffnet und verteilten flache Beutel mit Sprengstoffplanlos entlang des Stahlrohrs der Pipeline. Das Rohr war mit Segeltuch und Pech bedeckt, um es vor Rost zu schützen. »Gib mir die Sprengkapsel und die Zündschnur, Ali«, verlangte der ältere. Beide waren jetzt schmutzig und schweißnaß.
    »Hier.« Ali reichte ihm beides vorsichtig. »Bist du sicher, daß du dich damit auskennst, Bijan?«
    »Wir haben die Broschüre stundenlang durchgeackert, wir haben es mit geschlossenen Augen geübt.« Bijan zwang sich zu einem Lächeln. »Wir sind wie Robert Jordan in ›Wem die Stunde schlägt‹.«
    Der andere fröstelte. »Hoffentlich schlägt die Stunde nicht uns.«
    »Und wenn es der Fall ist, was macht es schon aus? Die Partei wird den Feind bezwingen, und der Sieg wird den Massen gehören.« Bijan schob mit ungeschickten Fingern die empfindlichen Nitroglyzerinkapseln an ein Sprengstoffpaket, schloß die Zündschnur an und legte die beiden letzten Beutel darauf, um das Ganze zu fixieren.
    Maschoud rief noch drängender: »Beeilt euch, es sind … wir glauben, daß es Militärlastwagen mit Soldaten sind.«
    Einen Augenblick lang waren die beiden jungen Männer wie gelähmt, dann rollten sie die Zündschnur aus. Ohne daß sie es bemerkten, löste sich dabei die Zündschnur von der Sprengkapsel. Sie legten die drei Meter Schnur im Graben aus, zündeten sie an und rannten davon. Bijan warf einen Blick zurück und entdeckte voll Entsetzen, daß die Zündschnur nicht mit der Sprengkapsel verbunden war. Er lief zurück, stopfte sie zitternd in die Nähe der Sprengkapsel, glitt aber aus und schleuderte dabei die Sprengkapsel gegen den Beton des Brückenfundaments.
    Das Nitroglyzerin explodierte, dann ein Beutel mit Sprengstoff nach dem anderen. Bijan und sechs Meter des Rohres wurden in Stücke gerissen, der Wagen stürzte um, zwei Jungen wurden getötet, dem dritten riß es ein Bein weg.
    Aus dem Rohr schoß Öl, Hunderte von Barrel in der Minute. Das Öl hätte eigentlich in Brand geraten sollen, doch der Sprengstoff war nicht richtig angeordnet worden, und als die beiden Armeelastwagen vorsichtig in 100 Meter Entfernung hielten, hatte das Öl bereits den Fluß erreicht. Die leichteren Partikel des Öls schwammen auf der Oberfläche, das schwerere Rohöl sickerte in die Ufer, die Sümpfe und den Boden, so daß das gesamte Gebiet zur Gefahrenzone wurde.
    Auf den beiden requirierten Lastwagen befanden sich etwa 20 hezbollahis mit ihren charakteristischen grünen Armbinden, die einen bärtig, die anderen unrasiert: Bauern, ein paar Erdölarbeiter, ein von der PLO ausgebildeter Anführer und ein Mullah. Alle waren bewaffnet, alle trugen Kampfspuren, und ein paar waren verwundet. Sie hatten gerade eine Polizeistation im Norden angegriffen und eingenommen und waren jetzt unterwegs nach Bandar-e Delam, um den Kampf dorthin zu tragen. Sie hatten den Auftrag, ihre Kameraden bei der Eroberung des einige Kilometer weiter südlich gelegenen zivilen Flugplatzes zu unterstützen.
    Unter Führung des Mullah erreichten sie die Stelle, an der die Ölleitung gesprengt worden war. Einen Augenblick lang sahen sie zu, wie das Öl aus dem Rohr hervorschoß, dann hörten sie jemanden stöhnen. Mit entsicherten Gewehren näherten sie sich vorsichtig dem umgestürzten Auto. Der junge Mann, dem ein Bein fehlte, lag unter dem Wagen, und mit dem Blut versickerte sein Leben im Boden. Fliegen umschwärmten ihn, ließen sich auf ihm nieder, flogen wieder auf,

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