Wirbelsturm
erklomm den Horizont und verwandelte die schwarze Wüste in ein scharlachrotes Meer, färbte die alte Hafenstadt und die Dhaus im Golf golden. Über die Lautsprecher in den Minaretten begannen die Muezzins zum Gebet zu rufen, aber die Melodie ihrer Stimmen gefiel weder Gavallan noch dem Personal der S-G, das auf der Veranda des Hotels Oasis ein eiliges Frühstück zu sich nahm. »Es geht einem an die Nieren, habe ich recht, Scrag?« fragte Gavallan.
»Kann man wohl sagen«, stimmte Scragger ihm zu. Rudi Lutz, Pettikin und er saßen an Gavallans Tisch, alle müde und niedergeschlagen. Der nahezu restlose Erfolg der Operation ›Wirbelsturm‹ wandelte sich zu einem Desaster. Dubois und Fowler immer noch vermißt, McIver noch nicht außer Gefahr. Tom Lochart in Teheran, weiß Gott wo. Nichts Neues von Erikki und Azadeh. Keiner hatte in der letzten Nacht viel geschlafen. Und bis Sonnenuntergang mußte ›Wirbelsturm‹ abgeschlossen sein.
Seitdem die 212 gestern eine nach der anderen gelandet waren, hatten alle mitgeholfen, sie auseinanderzunehmen, hatten Rotoren und Leitwerksträger abmontiert, um sie in die Jumbofrachter zu verladen, sobald diese eintrafen – vorausgesetzt, daß sie eintrafen. In übler Laune war Roger Newbury gestern abend von einer Konferenz mit dem Außenminister im Palast zurückgekehrt. »Ich kann überhaupt nichts tun, Andy. Der Minister hat mir mitgeteilt, er und der Scheich wären vom iranischen Botschafter ersucht worden, den Flughafen persönlich zu inspizieren; er hätte bereits 8 oder 9 verdächtige 212 gesehen und behauptet, es würde sich um die im Iran registrierten und entführten Maschinen handeln. Der Außenminister sagte, Seine Hoheit, der Scheich hätte zugestimmt – was hätte er sonst auch tun sollen? Die Inspektion findet im Beisein des Botschafters statt; als Britischer Konsul bin ich ›herzlich eingeladen‹, die Zulassungen gründlich zu überprüfen, und wenn da etwas nicht stimmt, sind Sie übel dran, alter Junge!«
Gavallan war die ganze Nacht aufgewesen und hatte alles Menschenmögliche getan, um die Ankunft der Frachter zu einem früheren Zeitpunkt durchzusetzen oder irgendwo Ersatzmaschinen aufzutreiben. Nichts. Das Beste, was seine gegenwärtigen Befrachter tun konnten, war, die voraussichtliche Ankunftszeit ›vielleicht‹ auf morgen, Sonntag mittag, vorzuverlegen. »Verdammte Bande«, brummte er und schenkte sich Kaffee nach. »Wenn man unbedingt zwei 747 braucht, kriegt man keine. Für gewöhnlich genügt ein Telefonanruf, und du bekommst 50!«
Pettikin war ebenso besorgt, auch wegen McIver, der im Krankenhaus in Bahrain lag. Erst heute mittag würden sie erfahren, wie schwer McIvers Herzinfarkt war.
»Pas de problème «, hatte Jean-Luc sie gestern abend beruhigt. »Sie lassen Genny im Krankenhaus im Nebenzimmer schlafen, der behandelnde Arzt ist der beste, den es in Bahrain gibt, und ich bin auch da. Ich habe meinen Heimflug gestrichen und warte hier, aber schickt mir etwas Geld, damit ich die Rechnungen bezahlen kann.«
Pettikin hatte sein Frühstück nicht angerührt. Den ganzen gestrigen Tag und die halbe Nacht hatte er mitgeholfen, die Hubschrauber für den Transport vorzubereiten, und somit keine Möglichkeit gehabt, sich mit Paula zu treffen. Heute vormittag würde sie wieder nach Teheran zurückfliegen, um noch mehr italienische Staatsbürger herauszuholen, und erst in zwei Tagen wieder da sein.
Gavallan hatte die Evakuierung aller an der Operation ›Wirbelsturm‹ Beteiligten aus dem Golfgebiet angeordnet. »Wir können gar nicht vorsichtig genug sein«, meinte er.
»Sie haben recht, Andy«, sagte Pettikin später zu ihm, »aber was ist mit Tom und Erikki? Wir sollten jemanden hier lassen. Ich würde gern freiwillig …«
»Um Himmels willen, Charlie, seien Sie friedlich«, schnauzte Gavallan ihn an, »glauben Sie denn, ich bin nicht auch schon krank vor Sorge um sie? Und um Fowler und Dubois? Aber wer hier nicht gebraucht wird, muß bis Sonnenuntergang draußen sein, und dazu gehören auch Sie.« Das war gegen 1 Uhr nachts im Büro gewesen, als Pettikin gekommen war, um Scot abzulösen, der immer noch, inzwischen völlig erschöpft, am Funkgerät saß. Um 5 Uhr war er dann seinerseits von Nogger Lane abgelöst worden und zum Frühstück hierher gekommen. Gavallan, Rudi und Scragger hatten schon auf ihn gewartet. »Konnten Sie etwas bei den Frachtern erreichen, Andy?«
»Nein, Charlie. Sie kommen immer noch frühestens morgen mittag«,
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