WISO - Aktien, Anleihen und Fonds
Entwicklung an der Börse oft stärker als alle Fakten. Deshalb können Anleger, die sich mehr auf ihr Gefühl als auf Analysen verlassen, hin und wieder bessere Renditen erzielen als die hoch bezahlten Experten der Banken und Fonds, die über ihren Charts brüten. Allerdings sollten Sie sich in solchen Fällen immer fragen, ob es nicht in Wirklichkeit der Zufall war, der Ihnen geholfen hat. Das kann Sie davor bewahren, übermütig zu werden und zu glauben, das Spiel an der Börse nun zu beherrschen. Schon mancher hat sein ganzes Vermögen verloren, weil er nach ein paar gelungenen Spekulationen davon überzeugt war, er könne nun den Markt richtig einschätzen.
Umgekehrt kann aber auch jemand, der sich darum bemüht, die Chancen von Aktien aufgrund seiner Analysen ganz rational einzuschätzen, bei seinen Anlageentscheidungen schwere Fehler machen. Denn er übersieht möglicherweise, dass die Mehrzahl der Aktionäre oft emotional an das Thema herangeht und sich daher von positiven oder negativen Unternehmensergebnissen oder Konjunkturdaten kaum beeindrucken lässt.
WISO rät
Nutzen Sie an der Börse die Möglichkeiten der Analyse und die Techniken der Risikoabsicherung, aber Sie sollten gleichzeitig auch ein Gespür dafür entwickeln, wohin »der Hase laufen könnte«.
Ein Aktionär, der sich durch seine Tageszeitung und die Wirtschaftsmeldungen von Radio und TV über sein Unternehmen informiert, kann sich der Meinung renommierter Börsenbeobachter und Analysten anschließen. Er kann aber auch seine eigenen Kursprognosen entwickeln und dazu fundamentale Daten heranziehen: Da wird zum Beispiel berichtet, dass bei einem Unternehmen der Vorstandschef wechselt, dass sich die Auftragslage verbessert hat, dass eine Fusion erwartet wird, dass ein Personalabbau geplant ist. Eine Analyse mit diesen Daten ergibt ein vollständigeres Bild als nur die reine Kurvenbetrachtung. Aber auch die Charts sollte man durchaus zurate ziehen – schon allein deswegen, weil andere das auch tun und sich möglicherweise danach richten.
|151| Wie der Markt dann tatsächlich auf Meldungen und Charts reagiert, zeigt sich schon bald an Angebot und Nachfrage. Bieten aufgrund einer schlechten Nachricht viele Anteilseigner ihre Aktien an und gibt es wenige Käufer für das Papier, fällt der Kurs. Das geht so lange, bis sich zu einem niedrigeren Kurs genügend Interessenten für die angebotene Menge an Aktien finden – und umgekehrt.
Der Blick auf steigende oder fallende Kurse allein sagt aber bei vielen Aktien noch nicht alles darüber aus, wie es um Angebot und Nachfrage bestellt ist. Deshalb sind bei Aktien kleinerer Unternehmen oder von Gesellschaften, von denen nur ein geringer Teil des Aktienkapitals an der Börse gehandelt wird, den Schlusskursen des Tages oft noch Kürzel wie B, G oder T angehängt. Sie geben Hinweise auf den Handelsverlauf und erläutern das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei der Kursbildung. Hier die wichtigsten Kurszusätze und ihre Bedeutung:
B = Brief Zum aufgeführten Kurs wurden Papiere zum Verkauf angeboten, es lagen aber keine Kaufaufträge vor.
G = Geld Zu dem entsprechenden Kurs wollen zwar einige Anleger kaufen, aber niemand will verkaufen.
BB Nur ein Teil der Verkaufsaufträge wurde ausgeführt: Das Angebot überstieg die Nachfrage.
BG Nicht alle Kaufaufträge konnten erfüllt werden: Es gab zu viele Kaufinteressenten.
T = Taxe Der Kurs wurde lediglich geschätzt, da keine Umsätze zustande kamen.
Bei Gesellschaften, die im Dax, MDax oder TecDax gelistet sind, gibt es derartige Zusätze nicht. Hier sind immer viele Käufer und Verkäufer am Markt. Während des Börsenhandels ist das Angebot bei diesen Papieren daher immer so groß, dass Kauf- und Verkaufsorders jederzeit problemlos abgewickelt werden können. Es handelt sich um sogenannte »marktbreite« Papiere. Bei Aktien dagegen, die nur im Rahmen des »Prime Standard« und »General Standard« oder im Freiverkehr (siehe das entsprechende Kapitel ab Seite 70) gehandelt werden, ist die Zahl der jeweiligen Käufer und Verkäufer meist sehr viel geringer. Gelegentlich kommt tagelang überhaupt kein Abschluss zustande
|152| Wurde der Kurs einer seltener gehandelten Aktie nur taxiert, also geschätzt, kann es bedeuten, dass bei dieser Aktie kein Abschluss zustande kam, weil ein Angebot oder eine Nachfrage nach diesen Papieren fehlte oder die Preisvorstellungen von Anbieter und Nachfrager zu weit auseinander lagen.
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