Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Grünalgen, die grünlich-blau schimmernden Cyanobakterien und die auch „Panzeralgen“ genannten Dinoflagellaten. Letztere machen vor allem durch Arten auf sich aufmerksam, die bei Berührung Licht aussenden und so das sogenannte Meeresleuchten erzeugen.
Doch so sehr sich die Phytoplankton-Organismen in Aussehen und Verhalten unterscheiden, ein Talent haben sie alle gemeinsam: Wie die Pflanzen an Land können sie mithilfe von speziellen Farbstoffen das Sonnenlicht einfangen. Dessen Energie nutzen sie dann, um aus Kohlendioxid und Wasser Traubenzucker und Sauerstoff zu produzieren. Der Sauerstoff ist dabei eigentlich nur ein Abfallprodukt der Fotosynthese. Die lebenden Solarkraftwerke geben ihn ins Wasser ab und von dort gelangt er in die Atmosphäre. In den frühen Zeiten der Erdgeschichte hat das Phytoplankton so dafür gesorgt, dass sich Sauerstoff in der Atmosphäre anreicherte. Und bis heute liefern die unscheinbaren Meeresbewohner einen deutlich größeren Anteil des auf der Erde produzierten Sauerstoffs als die Pflanzen an Land. Ohne diese gewaltige Leistung würde dem höher entwickelten Leben auf der Erde wohl sehr schnell die Luft zum Atmen fehlen.
Produktive Hungerkünstler
Viele Phytoplankton-Arten brauchen zum Wachsen Dünger in Form von Stickstoff- und Phosphorverbindungen. Deshalb hatten Wissenschaftler die nährstoffarmen Bereiche der Ozeane lange Zeit für eine Art Wüsten ohne große biologische Aktivität gehalten. Heute weiß man aber, dass genau dort etwa die Hälfte der weltweiten Fotosyntheseaktivität stattfindet. Und ein guter Teil dieser lebenswichtigen Produktion hängt von einem Bakterium namens
Prochlorococcus marinus
ab, das Forscher erst seit 1988 kennen. In den nährstoffarmen Meeren produziert es zwischen 30 und 80 % der organischen Substanz
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Algen auf dem Speiseplan
Für die Tiere der Ozeane sind die winzigen Algen und Bakterien aber noch aus einem anderen Grund lebenswichtig. Denn nur sie können aus Sonnenlicht, Kohlendioxid und Wasser organische Substanz produzieren. Aus dem durch Fotosynthese gewonnenen Zucker gewinnen sie die Energie für ihren Stoffwechsel und die komplexen Bausteine für ihren Körper. Von dem so aufgebauten Material aber leben alle anderen Meeresbewohner. Das Phytoplankton landet direkt im Magen der Pflanzenfresser, von denen sich wiederum alle möglichen Räuber bis hin zu den großen Fischen, Vögeln und Säugetieren ernähren.
Das Satellitenfoto vom 6. Juni 2006 zeigt einen riesigen aquamarinfarbenen Phytoplankton-Schleier, der sich entlang der gesamten Westküste Irlands erstreckt
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(c) ESA
Zwerge mit Rüstungen
Kieselalgen
Kieselalgen gehören wohl zu den häufigsten Pflanzen, die es auf der Erde gibt. In einem einzigen Liter Meerwasser können unter günstigen Umständen Millionen der auch Diatomeen genannten Einzeller schwimmen. Diese Organismen produzieren nicht nur gewaltige Mengen Sauerstoff und organische Substanz. Sie verblüffen auch durch ein ungewöhnliches Talent für stabilen Leichtbau.
Gläserne Panzer
Kieselalgen erinnern äußerlich an eine Schachtel. Ihr Zellinneres liegt in unterschiedlich geformten Schalen aus Kieselsäure, die aus einem Unterteil und einem Deckel bestehen. Dieser filigrane, glasartige Panzer mag zerbrechlich aussehen, doch bietet er den Algen einen sehr effektiven Schutz vor gefräßigen Kleinkrebsen und anderen Feinden. Im Labor haben Wissenschaftler die Stabilität dieser Schutzhüllen getestet. Mit winzigen Glasnadeln haben sie versucht, verschiedene Kieselalgen zu zerquetschen. Die widerstandsfähigsten Exemplare hielten dabei umgerechnet einem Druck stand, wie ihn eine Masse von 700 t auf einen Quadratmeter ausübt. Das entspricht etwa der Belastung eines Esstischs, auf dem ein Elefant steht.
Verräterische Spuren
Kieselalgen können Wissenschaftlern viel über den Zustand von Gewässern verraten. Denn am Vorkommen oder Fehlen bestimmter Arten kann man ablesen, wie nährstoffreich, salzig oder sauer das Wasser des jeweiligen Lebensraums sein muss. Und da sich die Arten auch anhand der Schalenreste in uralten Ablagerungen bestimmen lassen, kann man mit ihrer Hilfe auch die Lebensbedingungen in anderen Epochen der Erdgeschichte rekonstruieren
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Das Geheimnis dieser Widerstandsfähigkeit liegt im Aufbau der Schalen. Zur Stabilität des Panzers trägt dabei nicht nur sein Material, sondern auch seine Architektur bei. Spezielle Rippen verteilen die Kräfte gleichmäßig, sodass die Hülle weniger leicht
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