Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
in Bewegung sind und sich drehenden Rädern gleichen. Es dient der Fortbewegung und dem Einstrudeln von Nahrung
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(c) mauritius images (Phototake)
Medizin aus der Meeresapotheke
Schwämme liefern Arzneiwirkstoffe
Schwämme sind keineswegs nur gelbe, rundliche Gebilde auf dem Badewannenrand. Manche sehen aus wie schuppige Krusten oder verzweigte Bäumchen, andere wie Schläuche oder Becher. Einige strahlen in kräftigem Rot oder Orange, in Gelb oder Blau. Wissenschaftler kennen inzwischen etwa 7500 Arten dieser urtümlichen Tiere – wahrscheinlich gibt es insgesamt etwa zwei bis sechs Mal so viele. Und etliche davon taugen offenbar zu mehr als nur zum Badeschwamm.
Der schnellste Schwamm der Welt
Eine Geschwindigkeit von 2 mm pro Stunde – das klingt nicht unbedingt rekordverdächtig. Doch mit dieser Leistung hat es ein Bewohner des Stuttgarter Zoos zum Titel „schnellster Schwamm der Welt“ gebracht. In einem der dortigen Aquarien hatten Wissenschaftler eine bis dahin unbekannte Schwammart entdeckt und auf den Namen
Tethya wilhelma
getauft. Während sich viele Schwämme als erwachsene Tiere überhaupt nicht mehr fortbewegen können, kommt diese Art immerhin langsam voran – und das ganz ohne Muskeln: Die Turboschwämme fließen vorwärts, indem sie die Zellen in ihrem Körper verschieben
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Biologische Kriegsführung
Die sesshaften Meeresbewohner sind offenbar lebende Chemiefabriken. Ungefähr die Hälfte der etwa 750 neuen Substanzen, die Wissenschaftler jedes Jahr in den Organismen der Ozeane entdecken, stammt aus Schwämmen. Die an Felsen oder Korallenriffen festgewachsenen Tiere müssen schließlich verhindern, dass sie im Maul eines Fisches landen oder von Algen und Bakterien überwachsen werden. Das aber lässt sich am besten mit chemischen Substanzen bewerkstelligen, die für andere Organismen giftig sind. Genau diese Abwehrwaffen aber können für den Menschen sehr nützlich sein. Denn manche davon töten auch Krebszellen oder krank machende Bakterien und Viren ab. Bekannte Schwammwirkstoffe sind z. B. Latrunculin, das gegen Tumoren und Viren wirkt, und Avarol, das in Zellkulturen AIDS-Viren abtötet.
Wissenschaftler suchen nun nach weiteren Wirkstoffen aus der Meeresapotheke. Sie sammeln dazu Proben von allen möglichen Schwammarten, isolieren deren Stoffwechselprodukte und testen sie auf mögliche Wirkungen. Allerdings benötigt man, um daraus ein Medikament zu entwickeln, zunächst einmal eine ausreichend große Menge der jeweiligen Substanz.
Zucht für die Meeresapotheke
Genau da aber liegt oft das Problem. Denn aus freier Natur kann man meist nicht genügend Material gewinnen, ohne die jeweiligen Arten zu gefährden. So produziert eine ganze Tonne Schwämme der Gattung
Lissodendoryx
gerade einmal 300 mg der krebsbekämpfenden Substanz Halichondrin B. Solche Mengen reichen jedoch bei Weitem nicht für eine klinische Studie des Wirkstoffs, geschweige denn für eine spätere Produktion in größerem Umfang.
Schnell kam man vor diesem Hintergrund auf die Idee der Schwammzucht. Doch die hat ihre Tücken. Eigentlich, so sollte man denken, müssten sich so primitive Lebewesen ja leicht züchten und in Gefangenschaft halten lassen. Doch das ist keineswegs der Fall: In Aquarien kümmern Schwämme oft unansehnlich vor sich hin. Ein großes Problem ist z. B. die Ernährung der Tiere. Niemand weiß so recht, wie die optimale Schwammdiät aussehen sollte – man muss es einfach ausprobieren. Auch die Temperatur- und Lichtbedürfnisse verschiedener Arten werden noch erforscht. Künftig sollen die tierischen Pharmaproduzenten dann in größeren Mengen in Aquarien, Bioreaktoren und Zellkulturen, aber auch in Schwammgärten im Meer heranwachsen.
Die Unterwasseraufnahme zeigt einen mit Moostierchen überzogenen Schwamm in der Karibik. Wie hier ersichtlich leben Schwämme durchaus in Gemeinschaft mit anderen Tieren; gegen für sie bedrohliche Arten wehren sie sich mit diversen giftigen Substanzen – die als Arzneiwirkstoffe für den Menschen infrage kommen
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(c) picture-alliance/Okapia
Symbiose unter Wasser
Korallen mit Untermietern
Dem riesigen Korallenriff mit seinen bunten Farben sieht man es auf den ersten Blick gar nicht an, dass seine Baumeister keine Pflanzen, sondern Tiere sind. Wegen der bunten Farben und der filigranen Strukturen solcher Riffe heißen diese Organismen dann auch Blumentiere oder Anthozoa. Mit einem Fuß halten die winzigen Tierchen sich an Steinen oder ähnlichem hartem Untergrund
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