Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
fest. Als zusätzliche Stütze scheidet dieser Fuß bei verschiedenen Korallenarten eine bestimmte Form von Kalk aus, die Experten als Aragonit bezeichnen. Dieser Kalk bildet eine Art äußeres Skelett, das immer weiter wächst. An den Enden der so entstehenden astähnlichen Verzweigungen sitzen die eigentlichen Bewohner, die sogenannten Polypen. Bei Gefahr können sie sich in ihren Panzer zurückziehen, normalerweise aber filtern sie außen mikroskopisch kleine Lebewesen aus dem vorbeiströmenden Wasser.
Algen im Körper
Den in ihren Kalkwohnungen lebenden Steinkorallen reicht das gefangene Plankton allerdings nicht immer zum Leben. Sie haben deshalb Untermieter aufgenommen, die Biologen Zooxanthellen nennen. Das sind winzige Algen, die im Körper der Steinkoralle leben und aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid wichtige Nährstoffe, z. B. Zucker, produzieren. Bei diesem Symbiose genannten Zusammenleben schützen die Korallen ihre grünen Mitbewohner vor Feinden, im Gegenzug zahlen die Algen ihren Schutzherren eine Art Miete in Form von Nährstoffen.
Steinkorallen und Algen erweitern ihre Gemeinschaft gern um einen weiteren Untermieter, die Cyanobakterien. Diese Mikroorganismen liefern ihren Mitbewohnern die fehlenden Stickstoffverbindungen. Im Gegenzug versorgen die Algen die Cyanobakterien mit Nahrung, während die Korallen für den Schutz der Gemeinschaft zuständig sind.
Licht in der Tiefe
In rund 100m Tiefe des Roten Meeres lebt eine Steinkoralle noch mitsamt ihren Algenuntermietern. Diese aber benötigen eigentlich auch den langwelligen, roten Anteil des Sonnenlichts, den die oberen Wasserschichten längst weggefiltert haben. Daher haben die Steinkorallen eigene Pigmente entwickelt, die das bis in diese Tiefe dringende blaue Licht mit kürzerer Wellenlänge aufnimmt und dieses in Fluoreszenzlicht umwandelt, das genau die den Algen fehlende rote Strahlung liefert. Auf diese Weise konnten Steinkorallen auch größere Tiefen erobern
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Korallenriffe
Weil die Algen aber Sonnenlicht zum Leben brauchen, wachsen solche Symbiosen nur bis in Tiefen, in die noch Licht vordringt. In tropischen und subtropischen Gewässern sind das normalerweise allenfalls 30 m Tiefe. Steigt der Meeresspiegel oder senkt sich der Meeresgrund, können Korallen aber nach oben weiterwachsen, während die Artgenossen in der Tiefe langsam absterben. Auf diese Weise entstanden in den letzten 480 Mio. Jahren, in denen Korallenriffe in den warmen Ozeanen der Welt wuchsen, oft Tausende Meter hohe Kalkschichten, die heute ganze Bergzüge bilden. Verschwindet eines Tages das Meer, bleiben die Kalkskelette der einstigen Korallen- und Schwammriffe übrig. Tatsächlich bestehen die mächtigen Felsen der Dolomiten in Südtirol, Teile der nördlichen Kalkalpen, der Schwäbischen und Fränkischen Alb, von Harz und Eifel sowie der Rocky Mountains und des Himalaja aus Resten ehemaliger Korallenriffe.
Die Bewohner der Korallen sitzen an den Enden der astähnlichen Verzweigungen
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(c) picture-alliance (chromorange)
Städte im Meer
Korallenriffe sind komplexe Gebilde
In ihrer Struktur ähneln Korallenriffe Hochhäusern. Und ähnlich wie eine größere Stadt funktionieren sie nur, weil verschiedene Spezialisten gut zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen.
Kraftwerke und Müllabfuhr
Die Algen in den Korallen sind die Solarenergiekraftwerke der Unterwasserstädte, die für eine reibungslose Energieversorgung der Metropole zuständig sind. Wie in jeder Menschenstadt gibt es auch in der Tiefe eine Müllabfuhr und Klärwerke: Krebse und Krabben fressen anfallende Abfälle wie tote Fische und anderes Gewebe rasch auf. Schwämme wiederum pumpen laufend Wasser durch ihren Organismus und filtern dabei kleinere Lebewesen bis hin zu den winzigen Bakterien aus. So sorgen sie für klares Wasser, durch das Sonnenlicht möglichst gut zu den Algen dringt. Bohrschwämme, Bohrwürmer und Bohrmuscheln bohren sich in kranke Korallen, um dort Schutz zu finden. Oft genug aber brechen dabei ganze Äste ab – diese Lebewesen übernehmen also die Funktion eines Abbruchunternehmens. Seeigel und Papageifische wiederum fungieren als Gärtner, weil sie Makroalgen fressen, die sonst bald das Riff überwuchern würden.
Sogar Zahnärzte gibt es in der Korallenstadt: Putzerfische und Putzergarnelen holen aus dem Maul und den Kiemen großer Zackenoder Riffbarsche Nahrungsreste und Parasiten. Anscheinend wissen die Raubfische, wie wichtig diese Mundhygiene ist. Jedenfalls
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