Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
in ihr Sommer- oder Winterdomizil. Draußen im Dunst scheinen Burgen auf Hügeln im Meer zu thronen. Im Fernglas entpuppen sie sich als Halligen – Schwemmland, auf dem Menschen siedeln. Gurgelnd strömt weit vor diesen Halligen das Wasser in einer schmalen Rinne, einem Priel, in Richtung Nordsee. Muscheln graben sich in den Schlamm und verbergen sich so vor ihren Feinden. „Wattenmeer“ heißt diese Landschaft, die sich vom Süden Dänemarks bis nach Holland als Mischung aus Land und Wasser entlang der deutschen Küste zieht.
Kurven im Nationalpark
Das Wort „Nationalpark“ führt in Deutschland eigentlich in die Irre. Nach internationalen Definitionen verdient nur dann ein Areal diese Bezeichnung, wenn auf drei Vierteln der gesamten Fläche kein Mensch seine Finger im Spiel hat. Im dichtbesiedelten Deutschland aber findet sich eine solche unberührte Fläche ohne Straßen und Häuser kaum – es sei denn an der Küste. Wenn zwei Mal am Tag die Flut das Watt unter Wasser setzt, haben Gebäude schlechte Karten, umso leichter lässt sich dort ein Nationalpark einrichten. Und so sieht die Karte dieses Schutzgebiets reichlich verschnörkelt aus, weil die Grenze des Nationalparks die Siedlungen des Menschen auf den Inseln einfach umkurvt
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Überquellendes Leben
Jeder Quadratmeter dieser Schlickregion lässt soviel Leben wachsen wie kaum ein anderes Gebiet der Erde. Die Muscheln und Schnecken, Wattwürmer und Krebse aber sind der Kraftstoff, den Zugvögel aus Nordeuropa und Sibirien für ihre jährliche Tour in ihre südlichen Winterdomizile brauchen. 10–12 Mio. Zugvögel fressen sich auf den 10 000 km 2 Wattenmeer zwischen Dänemark und Holland jedes Jahr Speck für den Weiterflug an.
Mit rund 210 g Gewicht hebt z. B. ein „Knutt“ genannter Vogel in der sibirischen Tundra ab, gerade noch 130 g wiegt das amselgroße Tier, wenn es nach einem 4000 km langen Nonstop-Flug im Wattenmeer zum Landeanflug ansetzt. Derart abgemagert kann der Vogel unmöglich weiter. In drei Wochen schlingt jeder der 700 000 Knutts, die in Eurasien leben und die alle im Wattenmeer Rast machen, jeweils rund 15 000 kleine Muscheln in sich hinein. Danach schwabbelt auf der Brustmuskulatur wieder eine Fettschicht und der Vogel hat seine 210 g Körpergewicht wieder. Behäbig wie ein überladener Jumbojet startet der Knutt zum nächsten 4000-km-Nonstop-Flug nach Mauretanien, wo die Tiere die Wintermonate verbringen.
Raststätte auf der Vogelfluglinie
Ohne eine solche produktive „Tankstelle“ Wattenmeer hätten nicht nur der Knutt, sondern auch etliche Enten, Gänse und andere Zugvögel aus Skandinavien und Sibirien wenig Chancen, den Flug in den Süden zu überstehen. Für diesen Rastplatz von rund 10 Mio. arktischen Vögeln trägt Deutschland Verantwortung. Deshalb haben die drei Bundesländer Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein ihr Wattenmeer als Nationalpark mit dem stärksten Naturschutzetikett versehen, das deutsche Gesetze kennen. Bei der Einrichtung dieser Nationalparks machte 1985 Schleswig-Holstein den Anfang, 1986 folgte Niedersachsen und Hamburg zog erst 1990 nach.
In einem Priel suchen graubraune Knutts, die auf ihrem Flug aus der sibirischen Tundra nach Mauretanien im Wattenmeer drei Wochen lang Station machen, nach Nahrung. Auch die schwarzweißen Austernfischer speisen mit ihren roten Schnäbeln im Watt
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(c) picture-alliance/dpa
Geheimnisse der Tiefsee
Einblicke in eine fremde Welt
Der Mensch erobert die Tiefsee
„Wir wissen mehr über die Oberfläche des Mondes als über den Grund des Meeres“, sagt der britische Naturfilmer Alastair Fothergill. Tatsächlich sind die Tiefen der Ozeane die am wenigsten erforschten Regionen der Erde. Niemand weiß, welche kuriosen Lebewesen sich dort noch immer vor den Augen der Menschheit verbergen.
Ein Tintenfisch aus der Hölle
Dabei versuchen Wissenschaftler seit mehr als 100 Jahren, die Geheimnisse der Tiefsee zu ergründen, schon 1898 unternahm der Zoologe Carl Chun die erste deutsche Tiefsee-Expedition. Mit dem zum Forschungsschiff umgebauten Postfrachter „Valdivia“ lief er am 31. Juli 1898 zu einer neunmonatigen Reise aus, die ihn zunächst über den Atlantik und um die Südspitze Afrikas herum bis in den Indischen Ozean und in die Antarktis führte. Dann ging es über Sumatra, Sri Lanka und die Seychellen bis vor die Küste Ostafrikas und schließlich zurück nach Hamburg. Unterwegs warfen die Forscher immer wieder ihre Netze aus und holten zahlreiche bis
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