Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Ruhe!
Für Meerestiere kann eine kalte Umgebung hilfreich sein, um den gefährlichen Radikalen zu entkommen. Manche Arten aber kennen noch weitere Methoden, um ihr Leben zu verlängern. Islandmuscheln z. B. vergraben sich regelmäßig für ein paar Tage in den sauerstofffreien Tiefen des Meeresbodens. Dort schalten sie ihren Stoffwechsel auf Sparflamme, ihr Herz schlägt nur noch ein Zehntel so häufig wie normalerweise. Wenn sie dann wieder auftauchen, fahren die Mitochondrien ihre Aktivität wieder hoch und produzieren damit auch wieder mehr Sauerstoffradikale. Gleichzeitig aber schalten die Muscheln spezielle Gene an, um Enzyme zur Bekämpfung der gefährlichen Verbindungen zu bilden. Wahrscheinlich dienen die Schlammbäder unter anderem dazu, diese Stressabwehr anzukurbeln. Mithilfe solcher Tricks werden Islandmuscheln mehr als 200 Jahre alt.
Für höher entwickelte Tiere eignet sich der Ozeanboden allerdings nicht als Jungbrunnen. Denn der Stoffwechsel von Wirbeltieren kommt mit Sauerstoffmangel schlecht zurecht. Statt ihre Aktivitäten zu drosseln, produzieren die Mitochondrien dann unter solchen Umständen sogar besonders viele Sauerstoffradikale.
Umkränzt von Seetang „steht“ diese angeschwemmte leere Muschel an einer Küste im Südosten Alaskas. In eisigen Gewässern wie denen Alaskas werden Meerestiere wie Muscheln und Schwämme besonders alt
.
(c) mauritius images (Bernd Römmelt)
Eisberge düngen das Meer
Spurenelemente für den Südozean
Seevögel über dem Südozean fliegen gern Eisberge an. Denn diese liefern den Mikroorganismen, Seevögeln und Fischen im Südozean rund um die Antarktis lebensnotwendige Spurenelemente wie Eisen, Mangan, Kupfer und Zink. Genau diese Elemente aber sind auf hoher See und vor allem im Wasser um die Antarktis absolute Mangelware. Wenn aber solche Spurenelemente fehlen, gibt es auch nicht viel Leben. Deshalb ähnelt die Hochsee oft einer Wüste.
Wüstenstaub der Eiszeit
Der eisenhaltige Gesteinsstaub in den Eisbergen stammt keineswegs nur aus Gletscherabrieb. Oft blasen auch kräftige Winde aus den Halbwüsten und Wüsten Patagoniens und Australiens Staub bis zum Eis der Antarktis. Bricht dann ein Eisberg ab, trägt er den über lange Zeiträume gesammelten Staub weit auf den Südozean hinaus und liefert den Organismen so die lebenswichtigen Spurenelemente
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In den Eiszeiten aber verdunstete weniger Wasser aus den Meeren. Auf dem Festland gab es daher viel weniger Niederschlag und die kräftigen Winde konnten so viel mehr Staub als heute auf das Meer hinaus blasen. Damals lebten in den Ozeanen dann auch deutlich mehr Organismen als heute, weil diese mehr Spurenelemente im Wasser fanden
.
Mini-U-Boote im Einsatz
Normale Nährstoffe wie Nitrat, Phosphat und Silikat gibt es im Südozean reichlich, nur Spurenelemente wie Eisen fehlen. Ohne diese Substanzen aber können die „Plankton“ genannten Meeresorganismen nicht wachsen, von denen sich Fische, Seevögel und Wale – manche über Zwischenstufen – ernähren.
Als Wissenschafter aber zwei Eisberge auf ihrem Weg von der Weddellsee in der Nähe der Antarktischen Halbinsel in den Südozean verfolgten, entdeckten sie mit verschiedenen Geräten in einem ferngesteuerten U-Boot in unmittelbarer Nähe des Eises sehr viele Mikroorganismen. Entfernte sich das U-Boot langsam vom Eisberg, meldeten die Geräte immer weniger Plankton, bis die Konzentration rund 3700 m vom Eis entfernt auf die im Südozean üblichen sehr niedrigen Werte abgesunken war. In diesem Umkreis um den Eisberg fanden die Forscher auch überdurchschnittlich viel Krill, jene Kleinkrebse, die sich vom Plankton ernähren. Krill wiederum ist das Grundnahrungsmittel vieler Fische, Wale, Robben und Pinguine im Südozean.
Staub aus dem Untergrund
Und noch etwas fiel den Forschern auf: Je näher das Wasser dem Eis war, desto mehr des natürlichen radioaktiven Isotops Radium-224 enthielt es. Radium-224 aber entsteht beim Zerfall von Thorium-228, das kaum im Meer, wohl aber an Land vorkommt. Offensichtlich schleppt so ein Eisberg also Material vom Land ins Meer. Und da in diesem Material auch reichlich lebensnotwendige Spurenelemente wie Eisen und Mangan vorkommen, die im Meer Mangelware sind, blüht in der Umgebung des Eisbergs das Leben regelrecht auf.
Die in der Weddellsee schwimmenden Eisberge kommen meist von den Gletschern der Antarktischen Halbinsel. Tatsächlich fand sich in Eisbergen auch der Staub vulkanischen Gesteins, das von der Antarktischen
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