Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
mit etwas Glück irgendwo an der Küste angeschwemmt. Der leere Rucksack fiel dann spätestens beim nächsten Fellwechsel ab.
Seehunde auf der Autobahn
Die Daten der wieder eingesammelten Messgeräte lieferten ein dreidimensionales Tagebuch des Seehundlebens: Zahllose Fahrtenschreiberdaten über Körperposition und Tauchtiefe, Schwimmrichtung und Reisegeschwindigkeit. Die Seehunde von der Lorenzenplate starten demnach regelmäßig zu drei- bis zwölftägigen Fresstrips, die sie bis nach Helgoland führen. Dabei tauchen sie steil in die Tiefe und folgen dem Relief des Meeresgrunds – die Schnauze mit den empfindlichen Tasthaaren immer am Boden. Sie schwimmen dabei zielstrebig und mit hoher Geschwindigkeit zu ihren Nahrungsgründen – wie auf einer Autobahn für Seehunde. Erst am Ziel beginnen sie, Kreise zu ziehen und nach Beute zu suchen.
Wie diese Beute genau aussieht, haben die Forscher mit einer raffinierten Technik untersucht. Sie haben den Tieren einen kleinen Sensor an den Oberkiefer und einen Magneten an den Unterkiefer geklebt. Aus Veränderungen des Magnetfeldes berechnete das Gerät den Winkel zwischen beiden Kiefern. Die meisten Tiere aber sperren das Maul immer nur so weit auf, dass die Beute genau hineinpasst. Aus dem Kieferwinkel lässt sich daher auf den Durchmesser des gefangenen Fisches schließen. Die Dauer des Maulaufsperrens verrät die Länge des Beutestücks. Den Ergebnissen zufolge jagen die Tiere wohl nur selten einem Schwarm frei schwimmender Fische nach. Häufiger stöbern sie mit ihren empfindlichen Barthaaren einen einzelnen Bodenfisch vom Grund auf .
Petri Heil!
Seehunde sind recht erfolgreiche Jäger. Untersuchungen in der Nordsee zeigen, dass sie auf ihren Fresstrips alle paar Minuten einen Fisch verschlingen
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Ein Seehund liegt im Juni 2005 in der Seehundstation in Friedrichskoog an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste am Strand. In einem Rucksack sind auf seinem Rücken Messgeräte befestigt. Wissenschaftler der Universität Kiel erforschen mit den Geräten das Verhalten der schnellen Schwimmer unter Wasser
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(c) picture-alliance/dpa
Das Methusalem-Geheimnis
Die Meerestiere der Antarktis verlängern ihr Leben
In der Antarktis sind Wissenschaftler dem Geheimnis des Alterns auf der Spur. Denn in den eisigen Gewässern werden viele Meerestiere deutlich älter als ihre Verwandten in unseren Breiten. Dort wachsen z. B. mehr als 500 Jahre alte Schwämme, auch Muscheln, Asseln und andere Wirbellose erreichen Methusalemstatus. Kein Wunder, dass das Phänomen Wissenschaftler anregt zu erforschen, welche Stoffwechselprozesse hinter dieser Langlebigkeit stecken.
Nur kein Stress!
Die Kälte scheint dabei eine wesentliche Rolle zu spielen. Bei Körpertemperaturen auf dem Niveau des eisigen Südozeans läuft jede chemische Reaktion in den wechselwarmen Tieren nur langsam ab. Der Stoffwechsel arbeitet auf Sparflamme. Kein sonderlich intensives Leben, aber ein weitgehend stressfreies: Gleichmäßige Wassertemperaturen und Salzgehalte stellen die Regulationsmechanismen der Zellen vor keine großen Herausforderungen. Und bei einem so langsamen Stoffwechsel bilden sich weniger gefährliche Nebenprodukte, die entgiftet oder entsorgt werden müssten. Je weniger ein Organismus solchen Stressfaktoren ausgesetzt ist, umso älter kann er werden. In der Kälte entstehen z. B. viel weniger sogenannte Sauerstoffradikale. Diese Abfallprodukte des Energiestoffwechsels bilden sich in jeder Zelle, die mithilfe von Sauerstoff Energie gewinnt. Meeresmuscheln z. B. wandeln in ihren „Mitochondrien“ genannten Zellkraftwerken normalerweise 1–3% des aufgenommenen Sauerstoffs in Radikale um. Bei hohen Temperaturen nimmt dieser Anteil deutlich zu. Sauerstoffradikale sind extrem aggressiv und reagieren mit allen möglichen Zellkomponenten – von der DNA über Proteine bis zu den Fettbestandteilen der Membranen. Das kann zu Erbgutschäden oder einem Zusammenbruch des Energiestoffwechsels führen. Im Extremfall lösen sich Zellkern und Mitochondrien auf, die Zelle stirbt.
Eine Radikal-Kur
Manche kranken Menschen können zumindest ein wenig von den Tricks der wirbellosen Tiere im eiskalten Südozean profitieren. Wenn nach einem Hirnschlag Teile des Gehirns unter Sauerstoffmangel leiden, bilden die Zellen dort oft besonders viele Sauerstoffradikale. Kühlt man das Gehirn eines solchen Patienten nur um 2 °C ab, richten diese gefährlichen Verbindungen deutlich weniger Schaden an
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Immer mit der
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