Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
Sulfat umwandeln
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(c) picture-alliance/dpa
Oasen in der Finsternis
Leben an heißen Tiefseequellen
Eigentlich hatten Wissenschaftler am Grund der Tiefsee ja eine öde Wüste ohne Leben erwartet. Umso größer war ihre Verblüffung, als sie Ende der 1970er-Jahre heiße Tiefseequellen zu Gesicht bekamen. Denn in ihrer Umgebung wimmelte es nur so von Leben.
Hochburgen des Lebens
Dass es dort unten dicke, grau-weiße Bakterienmatten gibt, mag man sich ja noch vorstellen können. Bakterien sind schließlich Überlebenskünstler, die mit allen möglichen widrigen Bedingungen zurechtkommen. Doch im Scheinwerferlicht der Forschungs-U-Boote tauchen keineswegs nur primitive Einzeller auf. Mancherorts drängen sich auf einem einzigen Quadratmeter bis zu 500 Muscheln – und zwar keine der üblichen Tiefseezwerge, sondern bis zu 30 cm große Giganten. Zwischen armdicken Bartwürmern eilen weiße Krabben umher, in gemächlicherem Tempo kriechen Schnecken über den Grund. Und mindestens 20 verschiedene Fischarten unternehmen zumindest gelegentlich einen Abstecher in die finstere Hexenküche am Meeresgrund.
Was ihre Artenvielfalt angeht, können die Oasen der Tiefsee sogar mit dem tropischen Regenwald mithalten. Bis zu 3 Mio. Arten vermuten Experten dort unten, nicht einmal 1 % davon ist bisher bekannt. Bei jeder Expedition werden daher zahlreiche Lebewesen entdeckt, von deren Existenz bis dahin niemand etwas geahnt hatte. Viele dieser Arten beeindrucken mit ihrem bizarren Äußeren und ihren vielfältigen Talenten. Normale Augen z. B. helfen in der ewigen Finsternis nicht weiter. Stattdessen haben manche Garnelen Spezialsensoren entwickelt, mit denen sie Infrarotstrahlung wahrnehmen können.
Unberührte Oasen
Die heißen Quellen der Tiefsee sind einer der wenigen Lebensräume auf der Erde, die der Mensch bisher kaum beeinflusst hat. Zwar lagern dort unten riesige Erzvorkommen – von Zink über Kupfer bis hin zu Gold. Doch bisher gibt es keine wirtschaftlichen Methoden, um diese Ressourcen auszubeuten. Und falls sich solche Möglichkeiten doch noch ergeben, werden sie nicht unkontrolliert zum Einsatz kommen. Denn zum Schutz des reichen Lebens in den Tiefseeoasen sollen Nutzungskonzessionen nach einem UN-Beschluss nur für solche Schlotfelder vergeben werden, die schon seit mindestens zehn Jahren erloschen sind
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Überlebenskünstler
Das Hauptproblem für die Quellbewohner aber ist nicht die Dunkelheit, sondern das extrem heiße, ätzende und schwermetallbelastete Wasser. Noch haben Wissenschaftler bei Weitem nicht alle Tricks durchschaut, mit denen die Organismen diesen lebensfeindlichen Bedingungen trotzen. Klar ist, dass einige Bakterien Schwermetalle und andere Gifte in ihren Zellen einlagern. Niemand aber weiß, warum sie dabei keinen Schaden nehmen. Ein weiteres Rätsel ist die Kochfestigkeit der Tiefsee-Extremisten. Manche Arten besitzen Eiweiße, die Temperaturen bis 110 °C vertragen. Der Mensch wirkt da im Vergleich wie ein empfindlicher Schwächling. Schließlich genügt schon ein Fieber über 42 °C, und ein Teil der Proteine in seinem Körper quittiert den Dienst.
Für die Bewohner der Unterwasseroasen dagegen wird es ausgerechnet dann ungemütlich, wenn der heiße und ätzende Nachschub aus der Tiefe versiegt. Nach einigen Tausend Jahren hören die heißen Quellen nämlich von Natur aus auf zu sprudeln. Dann erlischt innerhalb von 2 – 3 Jahren auch jegliches Leben in ihrem Umkreis. Die Tiefseewüste erobert das Terrain zurück, während andernorts neue Oasen entstehen.
Für den IMAX-Film „Vulkane der Tiefsee“ wurden 2003 in 3500 m Tiefe grandiose Bilder der bizarren Lebenswelt an heißen Tiefseequellen gedreht. Im Bild eine Kolonie Bartwürmer
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(c) Rutgers University/Stephen Low Company and Richard A. Lutz
Licht im Dunkeln
Wie Tiefseetiere Beute anlocken
Pechschwarze Finsternis beherrscht die Tiefen der Meere – meistens jedenfalls. Manchmal aber durchzieht ein blaues, grünliches oder rotes Glühen das Wasser. Denn dort unten lebt eine Reihe von Tieren, die sich ihr eigenes Licht machen. Bioluminiszenz nennen Wissenschaftler dieses Talent zum Leuchten. Mit ihren schimmernden Botschaften kommunizieren manche Tiefseetiere mit ihren Artgenossen. Andere aber locken damit ihre Beute ins Verderben.
Gefährliches Rotlicht
So kann ein Ausflug ins Rotlichtmilieu für manchen Tiefseefisch tödlich enden. Denn hinter einem interessanten roten Leuchten in der Finsternis könnte sich eine hungrige
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