Wissen auf einen Blick - Ozeane und Tiefsee
haben die winzigen Korallentierchen oft mehrere Hundert Meter hohe Kalkhügel aufgebaut. Etwa 60 % dieser Strukturen vermuten Biologen in irischen Gewässern.
Die Überlebenskünstlerin
Die wichtigste Art der europäischen Tiefseeriffe ist eine Steinkoralle namens
Lophelia pertusa.
Sie wächst in stark verzweigten, buschartigen Kolonien, deren Äste bis zu 0,5 m lang werden können
.
Ein internationales Forscherteam an Bord des deutschen Forschungsschiffs „Polarstern“ hat die irischen Riffe und ihre Bewohner genauer untersucht – ein anspruchsvolles Unterfangen. Denn schon die Frage, wo überhaupt Korallen wachsen, ist in der Tiefsee nur mit einigem Aufwand zu beantworten. Die „Polarstern“ hatte zu diesem Zweck den weltweit wohl modernsten unbemannten Tiefseeroboter an Bord. Der 4 t schwere „Victor 6000“ lässt sich mit Kameras, Greifinstrumenten und verschiedenen Messgeräten ausrüsten. Mehr als 100 Stunden war der ferngesteuerte Meeresforscher in den Tiefen der irischen Gewässer unterwegs.
Rätselhafter Reichtum
Bald war klar, dass sich die europäischen Riffe bezüglich der Artenvielfalt nicht vor ihren tropischen Pendants zu verstecken brauchen. Rätselhaft blieb allerdings, wie diese Oasen der Tiefsee überhaupt existieren können.
Tropische Korallen wachsen im lichtdurchfluteten Flachwasser. Die kleinen Polypen leben mit Algen zusammen, die wie alle Pflanzen Energie aus Sonnenlicht gewinnen können. Diese Organismen versorgen die Korallentierchen mit Energie. In der ewigen Finsternis der Tiefsee aber kann das nicht funktionieren. Dort müssen die Korallen ihre Ernährung also irgendwie anders organisieren. Dazu könnten sie z. B. nährstoffreiche Gase oder Flüssigkeiten nutzen, die aus dem Meeresboden strömen.
Das Team der „Polarstern“ hat vor Irland nach solchen Versorgungsquellen gesucht – ohne Erfolg. Sehr häufig haben die Forscher dagegen ein Phänomen beobachtet, das Experten „marine snow“ – Meeresschnee – nennen: Große Mengen von nährstoffreichen Schwebeteilchen rieseln aus den oberen Meeresbereichen in die Tiefe. Wahrscheinlich lösen die Korallen ihr Versorgungsproblem, indem sie diese Partikel aus dem Wasser fischen.
Mithilfe des Tiefseeroboters „Victor“ wurden von der „Polarstern“ aus die Riffe vor den Küsten Irlands erforscht
.
(c) Ifremer/Campagne ARK XIX
Meer und Technik
Unter der Regie des Mondes
Ebbe und Flut
Die Meere der Erde erleben ein tägliches Wechselspiel aus Hoch- und Niedrigwasser. Etwas mehr als sechs Stunden lang fällt der Wasserspiegel, es herrscht Ebbe. Dann setzt die Flut ein, das Wasser kommt zurück und steigt in den nächsten gut sechs Stunden immer weiter an. Für Meerestiere und -pflanzen ist dieser Wechsel der Gezeiten eine echte Herausforderung. Schließlich müssen sie an den Küsten im Extremfall stundenlang auf dem Trockenen unter sengender Sonne aushalten, um dann wieder tief im Salzwasser zu versinken. Diese Gegensätze halten nur die besonders flexiblen und gut angepassten unter den Meeresbewohnern aus.
Flutberge und Ebbetäler
Wie aber kommt der Wechsel von Ebbe und Flut überhaupt zustande? Die Hauptregie in diesem Naturschauspiel führt der Mond. Sowohl die Erde als auch ihr ständiger Begleiter ziehen sich mit ihrer Gravitationskraft gegenseitig an. Die Kraft des Mondes verformt den Globus dabei ein wenig. Auf dem Festland fällt das nicht weiter auf, das flexible Wasser der Weltmeere aber gibt dieser Anziehung leicht nach. An der dem Mond zugewandten Seite entsteht durch das Zerren der Gravitationskraft ein „Wasserberg“. An der dem Mond abgewandten Seite dagegen ist die Anziehungskraft des Mondes schwach. Deshalb bewegt sich das Wasser dort vom Mond weg, sodass dort ein zweiter Wasserberg entsteht.
Während sich das Wasser in den beiden Flutbergen auftürmt, wird es von den anderen Seiten der Erdkugel weggezogen. Zwischen den Flutbergen bilden sich daher „Täler“ mit niedrigem Wasserstand. Und da die Erde jeden Tag ein Mal um ihre eigene Achse rotiert, dreht sie sich unter den Flutbergen und Ebbetälern weg, sodass jedes Meer einen täglichen Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser erlebt. Es dauert 24 Stunden und 50 Minuten, bis ein bestimmter Punkt auf den Meeren des Globus wieder dem Mond zugewandt ist und damit den dortigen Flutberg erreicht hat. Da sich der gleiche Punkt zwischendurch auch noch unter dem zweiten Flutberg durchdreht, dauert der Abstand zwischen zwei Fluten – und damit auch der
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