Wissen auf einen Blick - Philosophen
Schritt als Versuch Abaillards, Héloïse abzuschieben. Aus Rache ließ er Abaillard überfallen und kastrieren, woraufhin sich dieser seinerseits ins Kloster zurückzog. Noch mehrmals versuchten die beiden vergeblich, einander näher zu kommen. Ihre Sehnsucht hat sich erst im Tod erfüllt. Seit 1817 sind sie gemeinsam auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise bestattet
.
Die Wahrheit in den Dingen
Allgemeinbegriffe haben, so Abaillard, zwar keine von den Einzeldingen unabhängige Existenz, sind aber auch nicht bloße Namen, sondern entstehen aus dem Denken. Insbesondere ein von sinnlicher Wahrnehmung unabhängiger Begriff wie „das Gute“ sei weder selbst ein Ding („vor den Dingen“) noch ein nachträglicher Sammelbegriff („nach den Dingen“). Vielmehr liege seine Wahrheit, so Abaillard, „in den Dingen“. Abaillards Auffassung hat unter anderem Johannes Duns Scotus (um 1266–1308) beeinflusst, Abaillard selbst aber nicht vor einer Verurteilung wegen Ketzerei bewahrt.
Auf dem Pariser Friedhof Père-Lachaise befindet sich das Grabmal der beiden Liebenden Abaillard und Héloïse über ihrer gemeinsamen Urne. Ihre tragische Liebesgeschichte inspirierte zahlreiche Künstler zu einer literarischen, musikalischen oder filmischen Umsetzung des Stoffs, darunter den englischen Dichter Alexander Pope, den französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau, die deutsche Schriftstellerin Luise Rinser und den US-amerikanischen Regisseur Spike Jonze
.
(c) Interfoto, München
Der große christliche Gelehrte des Mittelalters
Albertus Magnus (um 1200–1280)
Die Wirkung des mittelalterlichen Philosophen und Dominikanermönchs Albertus Magnus (lat. „der Große“) reicht weit über seine Zeit hinaus. So betete Papst Johannes Paul II. (1920–2005) im November 1980 an Alberts Grab zu Gott: „Du hast ihn durch die Gabe der Unterscheidung in einzigartiger Weise dazu befähigt, dem Irrtum zu wehren, die Wahrheit aber zu vertiefen und unter den Menschen auszubreiten. Dadurch hast du ihn zum Lehrer der Kirche und aller Menschen bestellt.“ Wegen seiner umfassenden Gelehrsamkeit trug Albertus Magnus auch den Beinamen
doctor universalis
.
Im Schatten seiner Schüler
Zwischenzeitlich überstrahlte aber der Ruhm seiner Schüler den des großen Gelehrten Albertus Magnus. In seiner Enzyklika „Aeterni Patris“ (lat.: „des ewigen Vaters“) von 1879 erklärte nämlich Papst Leo XIII. (1810–1903) Thomas von Aquin (um 1225–1274) zum „Herrn und Meister aller Lehrer“. Viele seiner Erkenntnisse verdankt Thomas jedoch Albertus Magnus. Er wurde für Thomas von Aquin an der Kölner Ordenshochschule der Dominikaner Mentor und Lehrer.
Um 1200 im schwäbischen Lauingen geboren, begann Albert seine Ausbildung im Kölner Dominikanerkonvent und lehrte ab 1243 an der Pariser Sorbonne. Während seiner Jahre in Paris studierte er die Werke des Aristoteles (384–322 v. Chr.) und begann, was Thomas von Aquin vollendete: die Zusammenführung von griechischer Philosophie und scholastischer Theologie. Zuvor war die Lehre des Aristoteles in der christlichen Scholastik wegen ihres heidnischen Ursprungs umstritten. Albert wurde somit zum Begründer des christlichen Aristotelismus. Niemand nahm den Auftrag der frühen Kirchenväter, Glaube und Vernunft zu versöhnen, so ernst wie er. Nach Albertus Magnus sind die Einzeldinge zunächst im Geiste Gottes und werden durch Gott erschaffen. Der Mensch als Vernunftwesen ist in seinem Handeln nicht vorherbestimmt, sondern völlig frei. Erkenntnis könne nur aus dem Zusammenspiel von intuitiver Wahrnehmung und rationalem Denken entstehen, so Albert. Das menschliche Denken könne jedoch die christliche Offenbarung nicht widerlegen.
Zeugnisse des Geistes
Thomas von Aquin folgte Albert 1243 als sein Schüler nach Köln, wo sich die Ordenshochschule der Dominikaner unter Alberts Führung zusehends zu einem Magneten für christliche Gelehrte aus ganz Europa entwickelte. Die Stadt Köln ist bis heute reich an Zeugnissen christlicher Geschichte und Gelehrsamkeit. Albertus Magnus ist in der Krypta der Kölner St.-Andreas-Kirche bestattet. Spaziert man von St. Andreas einige hundert Meter Richtung Südosten, erreicht man die Minoritenkirche, wo der Philosoph und Theologe Duns Scotus (um 1266–1308) seine letzte Ruhestätte fand
.
Hang zur Mystik
Doch neben seiner von Aristoteles geprägten rationalen hatte Albert auch eine mystische Ader, die in klösterlichen Ritualen – wie etwa dem stillen Gebet –
Weitere Kostenlose Bücher