Wissen auf einen Blick - Philosophen
wurzelt. Gott habe zwar seine Spuren in der Schöpfung hinterlassen, entziehe sich aber unserer Vernunft, schreibt Albert in seiner „Summe über die wunderbare Erkenntnis Gottes“ (lat.
Summa de mirabili scientia Dei
). Die Vernunft könne Gott nur berühren, aber nicht erfassen. Diese Vorstellung war Alberts berühmtem Schüler Thomas von Aquin fremd, hatte aber starken Einfluss auf Meister Johann Eckhart (1260–1327), der den Zugang zu Gott eher in mystischer Verschmelzung als in Begriffen und Argumenten suchte.
In der „Göttlichen Komödie“ (um 1320) beschreibt Dante seine von der mittelalterlichen Philosophie inspirierte Vision des Lebens nach dem Tode. Albertus Magnus hat darin als Lehrer Thomas von Aquins einen prominenten Auftritt. In der Decke des Dante-Saals im römischen Casino Massimo hielt Philipp Veit (1793–1877) in seinem Fresko „Das Empyreum und Gestalten aus den acht Himmeln des Paradieses“ (1820/24) den Sonnenhimmel u. a. mit Dante und Beatrice, Thomas von Aquin, Petrus Lombardus und Albertus Magnus fest
.
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Der Fürst der Philosophen und die Kardinaltugenden
Thomas von Aquin (um 1225–1274)
Er lehrte in Paris, Rom, Bologna und Neapel. Als Boten und Vermittler des hochgeschätzten Aristoteles (384–322 v. Chr.) hieß die Kirche Thomas von Aquin überall mit offenen Armen willkommen. In Anlehnung an Petrus, den Fürsten der Apostel (lat.
princeps apostolorum
), nannte man ihn auch den Fürsten der Philosophen (lat.
princeps philosophorum
). Bald war er nur noch „der Philosoph“, ein Ehrentitel, mit dem außer ihm nur Aristoteles belegt wurde. Der Dominikanermönch kommentierte sowohl die Bibel als auch die Schriften antiker Philosophen, vor allem die seines Vorbilds Aristoteles, darunter unter anderem die aristotelische Logik, Physik, Metaphysik, Ethik und Politik. 1879 erklärte Papst Leo XIII. (1810–1903) Thomas von Aquin zum „Herrn und Meister aller Kirchenlehrer“ und festigte damit seinen Ruhm für alle Zeiten.
Der kosmologische Gottesbeweis
Thomas von Aquin gehört zu den Hauptvertretern der Scholastik und wird in der katholischen Kirche als Heiliger verehrt. Als Theologe kritisierte er den ontologischen Gottesbeweis, den Anselm von Canterbury formuliert hatte. Thomas setzte dem ontologischen seinen kosmologischen Gottesbeweis entgegen, in dem er vom Werden und Vergehen in der Welt und der Existenz des Universums auf eine Ursache außerhalb dieses Universums schloss. Nichts könne Ursache und Wirkung seiner selbst sein, also benötige das Universum eine äußere Ursache. Diese Ursache aller Dinge, die selbst auf keine äußere Ursache zurückzuführen ist, identifiziert Thomas als den von Aristoteles beschriebenen „unbewegten Beweger“ und setzt diesen mit dem christlichen Gott gleich.
Thomas’ Kritik
Thomas von Aquin gelingt in seiner Philosophie eine Synthese von antiker Philosophie und Theologie. Die Vernunft lässt er dabei auch in Fragen des Glaubens als Erkenntnisinstrument ausdrücklich zu. Thomas’ Hauptwerk, die „Summa Theologica“ (um 1266), in dem er rationale Gründe für die Existenz Gottes anführt, ist ebenso umfangreich wie vielseitig. Unter anderem versammelt er darin einige seiner umstrittenen Gottesbeweise, die an Anselm von Canterbury (1033–1109) anknüpfen. Thomas kritisiert den ontologischen Gottesbeweis, indem er einwendet, dass aus dem Verständnis des Begriffs Gottes als desjenigen, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, nicht unmittelbar die Existenz Gottes folge. Gottes Sein könne keine Folge unvollkommener menschlicher Vorstellungen sein
.
Glaube, Liebe, Hoffnung
Thomas widmete sich aber auch praktischen Belangen, darunter der Frage, welchen Anforderungen ein im christlichen Sinne gutes Leben genügen müsse. In der Überlieferung stieß er auf die vier von Platon (427–347 v. Chr.) geprägten antiken Tugenden: Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit. Thomas fügte ihnen drei weitere hinzu: Glaube, Liebe und Hoffnung.
Damit greift er auf den eifrigsten Missionar und schärfsten Denker der frühen Christenheit zurück, den Apostel Paulus. Der sang der Gemeinde in Korinth das Hohelied der Liebe: „Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; am größten aber unter diesen ist die Liebe.“ Nimmt man die vier platonischen und die drei paulinischen Tugenden zusammen, ergeben sich die sieben sogenannten Kardinaltugenden. Die Bezeichnung leitet sich vom
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