Wissen auf einen Blick - Philosophen
lateinischen
cardinalis
(wichtig) ab, das wiederum vom Wort für Türangel (lat.
cardo
) stammt. Im Mittelalter wurden die Kardinaltugenden deswegen symbolisch auch als Angeln des Kirchenportals dargestellt.
Detail aus: Benozzo Gozzoli (1420–1497), „Der Triumph des heiligen Thomas von Aquin über Averroes“, um 1440, Tempera auf Holz, Musée du Louvre, Paris. Thomas wird auf dem Gemälde des Florentiner Malers flankiert von den Philosophen Aristoteles und Platon, auf dem Boden vor ihm liegt der arabische Gelehrte Averroes (1126–1198). 1270 verfasste Thomas die Schrift „Über die Einheit des Intellekts gegen die Averroisten“ und wurde zum erbitterten Gegner Averroes’ und seiner Anhänger. Averroisten stellten die intellektuelle Betätigung an erste Stelle und wurden deshalb der Gotteslästerung bezichtigt
.
(c) Interfoto, München
Die Mystik: Erkenntnis als Erfahrung
Meister Eckhart (1260–1327)
In der Offenbarung des Johannes heißt es, dass Gott nach dem Jüngsten Gericht bei den Menschen wohnen wird. Wo aber findet man ihn bis zu diesem Tag? Der Dominikanermönch und Ordensverwalter Johann Eckhart, den wir heute als Meister Eckhart kennen, glaubte wie einige der griechischen Naturphilosophen, Gott sei überall, und war mit Augustinus einer Meinung, die Selbstversenkung sei der Königsweg zu Gott.
Der Blick nach innen
Der Kirchenvater Augustinus (354–430) war der Ansicht, Gott habe in uns, seinen Geschöpfen, seine Spuren hinterlassen, und nur der Blick nach innen bringe uns auf Gottes Fährte. In seiner religionsphilosophischen Schrift „Von der wahren Religion“ schreibt Augustinus: „Geh nicht nach draußen. Zieh dich in dich selbst zurück. Die Wahrheit wohnt im Inneren.“
Meister Eckhart hat diesen Rat des Kirchenvaters sehr ernst genommen. Der Allmächtige erfülle die ganze Welt, wenn er auch nicht sichtbar sei. Um ihn zu erkennen, müsse man deshalb sein inneres Auge, seine Seele, auf ihn richten. Allerdings reicht nach Meister Eckhart die reine Besinnung nicht aus. Erst wenn tugendhaftes Leben, wohltätiges Wirken und göttliche Gnade hinzukommen, erreicht man die „mystische Einheit“ mit dem „reinen Sein“, das mit Gott identisch ist.
Gefühl und Geheimnis
Gott ist überall, aber nicht zu sehen? Das klingt nach einem großen Geheimnis, und genauso haben es die Mystiker, zu dessen bedeutendsten Vertretern Meister Eckhart gehört, auch empfunden. Mystische Schriften kann man nicht wie normale Texte lesen, analysieren und verstehen. Erkenntnis im Geiste Meister Eckharts setzt die Ablösung von Wissen und Vernunft voraus. Der Schlüssel zu seiner Lehre sei die Versenkung in kontemplative Gebete und die Liebe zu Gott. Anders als die meisten philosophischen Schriften lässt sich ein mystischer Text deshalb ebenso wenig zusammenfassen wie eine Symphonie, ein Gemälde oder ein Gedicht. Mystisches Gedankengut hat deshalb die Dichtung ebenso sehr wie die Philosophie beeinflusst.
Mystik
Die Mystik ist die Suche nach dem Erleben einer höheren Wirklichkeit und das Berichten darüber. Christliche Mystiker streben die Einswerdung mit Gott an und übertragen damit neoplatonisches Gedankengut auf das Christentum. Die höchste Erkenntnis Gottes könne immer nur eine Annäherung sein, ein vorübergehendes Verschmelzen im Heiligen Geist. Dies geschehe durch die Selbstentäußerung und das momentane Aufgehen in Gott. Wer erkennen wolle, müsse den eigenen Willen aufgeben und in sich den Willen Gottes wirken lassen. Mittels der Vernunft könne weder die Wahrheit der Welt noch das Wesen Gottes erfasst werden
.
Der Acker des Herrn
Meister Eckhart war zu Lebzeiten ein angesehenes Mitglied des Dominikanerordens und wirkte als Lehrmeister in Paris, Straßburg und Köln, wo er auch starb. Er hatte gelehrt, die Trennung von Gott und Welt sei eine Illusion, und für diese Einsicht sehr provokante Worte gefunden: „Gott ist nicht gut, ich bin besser als Gott. Gott ist nicht weise, ich bin weiser als er. Alles, was du da über deinen Gott denkst und sagst, bist du mehr selber als er.“ In der katholischen Kirche stießen solche Zuspitzungen Meister Eckharts auf Ablehnung. So wurde ein Großteil seiner Lehren von Papst Johannes XXII. (um 1245–1334) in dessen Bulle „Auf dem Acker des Herrn“ (1329) als Irrglaube verurteilt.
Die Predigerkirche und das Predigerkloster in Erfurt sind wohl heute die einzigen noch erhaltenen Orte in Europa, an denen Meister Eckhart lebte und wirkte. Er trat hier als
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