Wissen auf einen Blick - Philosophen
Selbstvergewisserung erklärt Descartes zum Fundament, auf dem er die Philosophie neu errichten will. Die Erkenntnistheorie erklärte er deswegen zur „ersten Philosophie“.
Durch Zweifel zu sicherem Wissen
Der systematische Zweifel hat in der Philosophie lange Tradition. Der prominenteste Zweifler der Antike war der griechische Skeptiker (nach griech. skepsis, Zweifel) Pyrrhon (360–270 v. Chr.), der aus Misstrauen gegenüber den Sinnen völlige Urteilsenthaltung forderte. Die radikalste Form des philosophischen Zweifels ist der Solipsismus (nach lat. solus ipse, nur das Selbst), wie ihn zum Beispiel George Berkeley (1685–1753) vertreten hat. Berkeley leugnete, dass eine von Wahrnehmen und Denken unabhängige Außenwelt existiert. Im Solipsismus zieht sich das erkennende Subjekt auf sich selbst zurück. Wo vieles war, soll eines werden. Wo Welt war, soll nur noch Ich sein. Anders als für Pyrrhon und Berkeley ist der Zweifel für René Descartes aber nicht die Endstation des Denkens, sondern nur eine Art unumgänglicher Umsteigebahnhof auf der Reise zum sicheren Wissen
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Prüfung bestanden
Was aber, wenn ein trüber und verwirrter Geist sich auf die Klarheit und Deutlichkeit seiner Wahnvorstellungen beruft? Descartes glaubt fest daran, dass solche Wahnvorstellungen sich durch zweifelnde Prüfung ausräumen lassen. So weist seine Meditation in doppelter Hinsicht auf sich selbst zurück: Wirklich gründliches Nachdenken übersteht unbeschadet allein das Denken selbst, und als Prüfstein sicherer Erkenntnis bleibt zuletzt nur die Erkenntnis übrig. Trotz dieser Schwäche hat Descartes mit der Radikalität seines Zweifels und dem schönen Sinnbild vom „natürlichen Licht“ (lat.
lumen naturale
) der Philosophie neues Vertrauen in die Kraft der Vernunft geschenkt. So wurde er zum Mitbegründer des philosophischen Rationalismus (nach lat.
ratio
, Vernunft), für den die menschliche Vernunft das einzig verlässliche Erkenntnisinstrument ist.
Pierre Louis Dumesnil (1698–1781) hält auf seinem Ölgemälde (Musée National, Versailles) den Besuch Descartes’ am Hof von Christina von Schweden (1626–1689) fest. Der Philosoph folgte 1649 ihrem Ruf nach Schweden, starb dort aber nach nur einem Jahr
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(c) Interfoto, München
Pascals Wette: Das Spiel des Lebens
Blaise Pascal (1623–1662)
Als Mathematiker, Physiker und Philosoph verband Blaise Pascal Vernunft und Glauben, Naturwissenschaft und Metaphysik. Dank seiner methodischen Vorbehaltlosigkeit näherte er sich einer der wohl größten Fragen, der Frage nach der Existenz Gottes, auf geradezu spielerische Weise.
Alles oder nichts
Wenn in der Philosophie gespielt wird, sind die Einsätze hoch. Als Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung erkor Pascal die Wette zum Spiel der Spiele. Wie viele Vertreter der exakten Wissenschaften von Isaac Newton (1642–1727) bis Albert Einstein (1879–1955) war auch Pascal ein frommer Mann, aber er stellte seinen Glauben in der „Pascalschen Wette“ auf die Probe: Wir können nicht sicher wissen, ob Gott existiert oder nicht, so Pascal. Also sind wir gezwungen, auf eine der beiden Alternativen zu setzen.
Setzen wir auf Gott, gewinnen wir die ewige Seligkeit und verlieren wegen der göttlichen Gebote ein ungezügeltes Leben auf Erden. Setzen wir gegen Gott, gewinnen wir die absolute Freiheit auf Erden und verlieren die ewige Seligkeit. Als Mathematiker hat Pascal beide Möglichkeiten durchgerechnet und ermittelt, dass wir unter allen Umständen besser fahren, wenn wir auf Gottes Existenz wetten. Denn die irdische Freiheit, die wir verlieren, halte nur ein paar Jahrzehnte, die Seligkeit, die wir gewinnen, aber für alle Zeit: „Wenn Ihr gewinnt, so gewinnt Ihr alles, und wenn Ihr verliert, so verliert Ihr nichts.“ Das gelte sogar dann noch, wenn die Existenz Gottes viel unwahrscheinlicher sein sollte als seine Nichtexistenz, denn die Unendlichkeit der zu gewinnenden Seligkeit mache selbst die geringste Gewinnchance unendlich wertvoll.
Vorläufer des Pragmatismus
Mit seinem nüchternen Kalkül greift Pascal dem Pragmatismus vor, einer philosphischen Richtung, die jede philosophische Annahme nach ihren praktischen Auswirkungen bewertet. Pascal räumt allerdings ein, dass es sich beim Glauben an Gott um eine besondere Form der Annahme handelt, die nicht unserem freien Willen unterliegt. Selbst wer Pascals Argument folgt, wird dadurch nicht automatisch zu einem Gläubigen. Pascal erwidert, wir könnten den Glauben mit
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