Wissen auf einen Blick - Philosophen
blutigen Auseinandersetzungen. Hobbes war nicht nur einer der vielseitigsten Gelehrten, sondern auch einer der größten Pessimisten seiner Zeit. Als Mittel gegen Unsicherheit und Krieg befürwortete er eine „gerechte“ Diktatur.
Der künstliche Mensch
In Anlehnung an Thomas Morus (1478–1535), dessen „Utopia“ rund 150 Jahre zuvor erschienen war, erweckte Thomas Hobbes seine Vorstellung vom idealen Staat in seiner Schrift „Leviathan“ (1651) zum Leben. Der Leviathan ist ein „künstlicher Mensch“ an der Spitze des Staates, dessen Glieder die Staatsbürger sind und der dem gesetzlosen Naturzustand der Menschen regelnd entgegensteht.
Der Titel seines Werkes ist der Bibel entlehnt; Das Alte Testament beschreibt den Leviathan als ein von Gott geschaffenes drachenähnliches Ungeheuer, das erst am jüngsten Tag wieder vernichtet werden wird. Hobbes’ Auffassung von einem gesetzlosen Naturzustand der Gesellschaft ist von dem zwischen 1642 und 1649 wütenden englischen Bürgerkrieg geprägt. In diesem Naturzustand der Menschheit könne jeder die Herrschaft beanspruchen. Um den Krieg aller gegen alle zu beenden, benötige man eine Staatsordnung, die seinem Volk Sicherheit und Schutz bietet. An der Spitze dieses Staates stehe eine Regierung oder, was Thomas Hobbes bevorzugte, ein einzelner Monarch. Dieser regiere mit absoluter Macht und stehe somit über dem Gesetz. Ein guter Herrscher werde jedoch seine Macht nicht missbrauchen und seiner Verpflichtung, sein Volk zu schützen, stets nachkommen. Eine Auflehnung des regierten Volkes sei nur dann gerechtfertigt, wenn es sein Leben verteidigen müsse.
Absolutismus
Hobbes Staatstheorie ist eine Theorie des politischen Absolutismus. Darunter versteht man ein Regime unbeschränkter politischer Herrschaft einer kleinen Gruppe oder eines einzelnen, wie es Thomas Hobbes in seinem Werk „Leviathan“ beschreibt. Historisch wird der Begriff vor allem mit dem französischen „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. (1638–1715) und seinem Ausspruch „Der Staat bin ich!“ in Verbindung gebracht
.
Wie bei der Titelwahl bedient Hobbes sich auch bei der Beschreibung seiner Staatsordnung zur Veranschaulichung biblischer Motive. So wie Gott Abraham als Vertreter und Anführer seiner Familie behandle, sei der Leviathan das alleinige Oberhaupt des Staates. Es stehe ihm frei, seinen Bürgern nach eigenem Gutdünken zu gebieten und sie bei Ungehorsam auch zu bestrafen, da sie ihre individuellen Rechte an den Staat abgetreten hätten, der ihnen keine Rechenschaft schulde.
Das Problem der Machtgier
Hobbes verschweigt allerdings ein zentrales Problem: In der politischen Praxis nimmt der Staat als Regierung Gestalt an. Regierungen aber bestehen aus Menschen, und Menschen sind anfällig für die Verlockungen der Macht. Der Aufklärer Montesquieu (um 1689–1755) war in dieser Frage misstrauischer und entwickelte deshalb als Mittel gegen die Tyrannei die Gewaltenteilung, die sich beispielsweise in der amerikanischen Verfassung als System gegenseitiger Kontrolle der Staatsorgane wiederfindet („checks and balances“). Den Leviathan des Thomas Hobbes hingegen verweist niemand in seine Schranken.
Das berühmte Titelbild zu Hobbes’ „Leviathan“ (1651) – ein Kupferstich des böhmischen Künstlers Wenzel Hollar (1607–1677) – zeigt im oberen Drittel einen Herrscher, dessen Körper aus vielen Menschen besteht. Diese Darstellung verweist direkt auf Hobbes’ Text, in dem er den Leviathan metaphorisch als künstlichen Menschen beschreibt, dessen Glieder die Staatsbürger sind. Links und rechts der Titelei finden sich Symbole weltlicher und kirchlicher Gewalt. In der Kopfzeile folgt dann ein Vers aus dem Buch Hiob 41, 24: „Auf Erden gibt es seinesgleichen nicht.“
(c) Interfoto, München
Unter Wölfen: Thomas Hobbes und das Naturrecht
Thomas Hobbes (1588–1679)
Im Laufe der Geschichte entbrannten immer wieder heftige Diskussionen, inwieweit der Staat zum Schutz der Bürger und des Gemeinwesens die Privatsphäre des Einzelnen verletzen und seine Freiheiten einschränken darf. Insbesondere die Gegner der Monarchie problematisierten das Recht des Herrschers, in das Leben der Untertanen einzugreifen. Die seinerzeit wohl extremste Position zur Frage nach dem Geltungsgrund von Recht und Gesetz formulierte der englische Universalgelehrte Thomas Hobbes.
Positives Recht und Naturrecht
Rechtsphilosophen unterscheiden zwei Geltungsweisen von Gesetzen und Normen: positives Recht und
Weitere Kostenlose Bücher