Wissen auf einen Blick - Philosophen
Naturrecht.
Positives Recht (nach lat.
positum
, gesetzt) gilt durch allgemeine Übereinkunft oder höheren Erlass. Indem wir das Bürgerrecht eines Staates in Anspruch nehmen, akzeptieren wir stillschweigend auch sein Recht, Regeln aufzustellen und notfalls deren Einhaltung zu erzwingen. In Form von Steuern fordert der Staat von seinen Bürgern Abgaben, und in Form von Strafen schränkt er zuweilen sogar deren Freiheit ein. Im Gegenzug gewährt er Schutz vor Feinden und Hilfe in der Not. Naturrecht dagegen hat seinen Geltungsgrund jenseits von Gesetzesbüchern und Parlamentsbeschlüssen – es gilt sozusagen „von Natur“. Für „Natur“ hat man dabei zu verschiedenen Zeiten verschiedene Autoritäten eingesetzt, die festlegen, was recht und was unrecht ist – vom gebietenden Gott des Alten Testaments bis hin zum moralischen Instinkt.
Der Krieg aller gegen alle
Der englische Philosoph Thomas Hobbes prägte mit seiner Lehre vom kriegerischen Naturzustand die Staatstheorie bis in unsere Tage maßgeblich. Alles positive, nur „gesetzte“ Recht sei willkürlich, und das Naturrecht eine Erfindung derer, die über das Leben ihrer Mitmenschen bestimmen wollen. Wenn es überhaupt ein Naturrecht gebe, dann nur in der allgemeinsten Form eines Rechts aller auf alles. Daraus aber folge ein beständiger Krieg aller gegen alle. Der Mensch sei von Natur aus nicht zum Leben in Gesellschaft geeignet, so Hobbes. In Bezug auf seine Mitmenschen sei der Mensch nicht besser als ein wildes Tier: „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ (lat.
homo homini lupus
), wie es Hobbes in Abwandlung eines Zitats des römischen Dichters Plautus formuliert.
Recht und Gerechtigkeit
Thomas Hobbes spricht mit der Beliebigkeit erlassener Gesetze ein zentrales Problem der Geltung positiven Rechts an. Was, wenn die Gesetze selbst unrecht sind? Diese Frage ist die Lebensfrage des modernen Rechtsphilosophen Gustav Radbruch (1878–1949). Prinzipiell, so Radbruch, sei jedes Recht besser als kein Recht. Wenn das positive Recht aber vom Gesetzgeber, wie etwa im Nationalsozialismus, missbraucht wird, steht der Richter vor einem inneren Konflikt. In einer solchen Ausnahmesituation könne es notwendig werden, gegen das Gesetz und für die Gerechtigkeit zu entscheiden
.
Andererseits war Hobbes als Vertrauter des Königs und Zeuge des englischen Bürgerkriegs realistisch genug, um die Notwendigkeit einer gesetzten Gesellschaftsordnung anzuerkennen. Sie sei das einzige Mittel gegen den Krieg aller gegen alle. Als Philosoph hegt er allerdings keine Illusionen über den Geltungsgrund einer solchen Ordnung. Ihr Inhalt ist beliebig, und sie gilt nicht aus prinzipiellen, sondern aus rein praktischen Gründen. In „De Homine“ heißt es: „Wie immer die Gesetze sind, immer hat es als Tugend gegolten, dagegen nicht zu verstoßen.“
Nachkolorierter Crayonstich, Thomas Hobbes darstellend, von Jean Charles François (1717–1769) nach Jean-Baptiste Pierre (1713–1789). Von Thomas Hobbes wird erzählt, dass er, der Sohn einer einfachen Familie vom Land, bereits mit vier Jahren schreiben und rechnen konnte. Sein Studium an der Oxford University begann er 1602 – mit nur 14 Jahren
.
(c) Interfoto, München
Ich denke, also bin ich
René Descartes (1596–1650)
Der Weg zum Wissen ist der Zweifel, wenn man dem französischen Mathematiker und Philosophen René Descartes glaubt. Wie, so fragt er, kann ich mir sicher sein, dass Sinnestäuschungen nicht die Regel, sondern eine seltene Ausnahme sind? Wie kann ich mit Gewissheit Traum von Wirklichkeit unterscheiden? Wer sagt mir, dass nicht auch die Wirklichkeit nur ein Gaukelspiel ist? Was wäre, wenn „ein ebenso böser wie listiger Geist all sein Bestreben darauf richtet, mich zu täuschen?“
Prinzipieller Zweifel
In seinen „Meditationen“ (1641) zieht Descartes Schritt für Schritt alles in Zweifel, bis zuletzt nur noch der Zweifel selbst übrig bleibt: Ich bin nichts weiter als ein „denkendes, zweifelndes Ding“.
In seinem „Discours“ (1637) und in den „Principia Philosophiae“ (1644) bringt Descartes diese Einsicht auf die vielzitierte Formel „Ich denke, also bin ich“ (lat.
Ego cogito, ergo sum
). Diesen Satz stellt Descartes nicht mehr zur Disposition, denn er genügt dem von ihm im Zuge der Meditationen entwickelten Gewissheitskriterium: Was einer auch bei kritischer Prüfung im natürlichen Licht der Vernunft „klar und deutlich“ erkenne, müsse die Wahrheit sein. Diese denkende
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