Wissen auf einen Blick - Philosophen
Eigenart der Kunst verändert. Die unerschöpfliche Reproduzierbarkeit des Kunstwerks hat laut Benjamin einen Verlust seiner „Aura“ zur Folge und damit eine Herabsetzung des Originals. Benjamin vergleicht diesen Schritt mit der von Hegel beschriebenen Entwicklung vom Kult zur Kunst, vom religiösen Kunstwerk als Träger der Frömmigkeit hin zum ästhetischen Kunstwerk als Träger der Schönheit.
Der letzte Brief
1933, im Jahr der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland, floh Walter Benjamin wegen seiner jüdischen Herkunft nach Frankreich, wo 1935 auch seine Schrift „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ entstand. Als Deutscher wurde Benjamin in Frankreich vorübergehend interniert, kam aber 1939 wieder frei. Weil sich die politische Lage im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges zuspitzte und er seine Auslieferung nach Deutschland fürchtete, versuchte er vergeblich, nach Spanien zu fliehen. Als ihm 1940 klar wird, dass seine Auslieferung unmittelbar bevorsteht, nimmt Benjamin sich das Leben. In einem kurzen Abschiedsbrief an seinen Freund Theodor W. Adorno (1903–1969) heißt es: „Es bleibt mir nicht genügend Zeit, all die Briefe zu schreiben, die ich gerne geschrieben hätte.“
Original und Kopie
Reproduzierbar, so Benjamin, sei das Kunstwerk zwar schon immer gewesen. Aber in der Fotografie und im Film werde die Reproduktion Teil des Kunstwerks, sodass es nun nicht mehr Originale und Kopien, sondern nur noch identische Exemplare gebe. Das Kunstwerk habe die Einmaligkeit seines Daseins im „Hier und Jetzt“ damit endgültig verloren. Dadurch ändere sich auch die Wahrnehmungsweise des Publikums: An die Stelle der Konzentration trete die Zerstreuung. Gleichzeitig entwickle die Kopie aber auch ein Eigenleben als autonome Kunstform neben den ursprünglichen Kunstformen.
Faszination des Schreckens
Walter Benjamin selbst zeigte sich insbesondere fasziniert von der „Schockwirkung“, die der Film mittels seiner bewegten Bilder und überraschenden Effekte auf das zeitgenössische Publikum ausübte. Wegen der Unmittelbarkeit seiner Wirkung hielt Benjamin das Medium Film für die Kunstform einer neuen Zeit.
Porträtfoto Benjamins der Bauhaus-Fotografin Germaine Krull (1897–1985), entstanden bei einem Aufenthalt in Paris 1927. Zwei Jahre lang lebte Benjamin in der französischen Hauptstadt, wo er sich unter anderem mit dem Schriftsteller Franz Hessel (1880–1941) an einer Übersetzung von Marcel Prousts Hauptwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ versuchte. Nach seiner Zeit in Frankreich zog es Benjamin nach Deutschland zurück, bis er 1933 nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wieder ins Pariser Exil zurückkehrte
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(c) Interfoto, München
Die Kritische Theorie der Frankfurter Schule
Theodor W. Adorno (1903–1969) und Max Horkheimer (1895–1973)
1923 wurde das Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main gegründet. Aus diesem ging die sogenannte Frankfurter Schule hervor. Einer ihrer Väter ist der Soziologe Max Horkheimer, der seit 1931 Direktor des Instituts war. Der zweite Begründer der Frankfurter Schule ist der Philosoph Theodor W. Adorno. Die Frankfurter Schule hat die politische und kulturelle Entwicklung Deutschlands seit 1949 nachhaltig geprägt. Ausgehend von Karl Marx (1818–1883), hat die Frankfurter Schule mit der „Kritischen Theorie“ eine neue soziologische Denkrichtung begründet.
Die Dialektik der Aufklärung
Noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten untersuchten Horkheimer und Adorno das marxistische Gedankengut darauf, inwieweit es zur Analyse der damaligen sozialen Verhältnisse geeignet sei. Mit ihrer Analyse verbanden sie die Hoffnung, die Theorie möge praktisch werden und eine bessere Gesellschaft hervorbringen. Unter dem Druck der neuen Machthaber verlegte Horkheimer das Institut zunächst nach Frankreich, dann in die Vereinigten Staaten, während Adorno zunächst in Oxford arbeitete und Horkheimer erst 1938 nach New York folgte. Im amerikanischen Exil entstand die „Dialektik der Aufklärung“ (1942–1944, erschienen 1947), die zur Programmschrift der Schule und der Kulturkritik des 20. Jahrhunderts überhaupt wurde. Horkheimer und Adorno ziehen darin eine düstere Bilanz der jüngeren Vergangenheit: Die Vernunft sei zum Instrument, die Kunst zum Konsumgut, der Patriotismus zum Antisemitismus und die Moral zur Sklavin der Ökonomie
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