Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
straften seine Worte Lügen, nicht, dass er es bemerkte. „Ich meine, warum sollten sie? Haileys Serie bringt denen viel Geld ein, das wollten sie doch!“
Sie sahen zu, wie Hailey, umgeben von einer Traube aus Mädchen und Jungen, hereinstolziert kam und sich an der Essensausgabe anstellte. Ihr wollte niemand an die Gurgel, vor allem nicht mit Ira Blackwood an ihrer Seite.
„Keine Ahnung “, murmelte Seth mürrisch und wandte sich ab. „Ich habe denen jedenfalls nichts getan.“ Noch nicht , korrigierte er sich gedanklich, aber wenn sie so weitermachen, garantiere ich für nichts .
In der folgenden Unterrichtsstunde hatte Seth Weltgeschichte bei Mr. Walsh, dem Lehrer, vor dem Jos ihn gleich in der Früh gewarnt hatte. Es stellte sich heraus, dass die Warnung nicht unbegründet war, nur dass Walsh es überraschenderweise nicht auf Seth abgesehen hatte.
„Mr. Neal Blackwood, wenn Sie Ihre durchgekauten Papierkugeln nicht bei sich behalten können, sollten Sie vielleicht erwägen, in den Kindergarten zu fahren. Es sind zwar alle Plätze belegt, wie man mir bei der letzten Lehrerversammlung überflüssigerweise mitteilte, aber ich bin sicher, dass eine Ihrer Tanten oder Cousinen Sie in angemessener Gesellschaft unterbringen können. “
„Entschuldigung, Mr. Walsh. Es kommt nicht wieder vor “, sagte der Junge völlig unbekümmert. Er grinste vielsagend und flüsterte kaum hörbar: „In dieser Stunde.“
Seth schüttelte angewidert seine Hand, mit der er die klebrige Kugel von seiner Schulter gewischt hatte. „Fick dich “, flüsterte er zurück.
Neals Grinsen wurde breiter, als hätte er nur auf diese Antwort gewartet. Walsh warf ihm einen letzten, strengen Blick zu und forderte Seth auf, etwas über sich zu erzählen.
„Es geht in meinem Unterricht um Geschichte, Mr. Morgan, nun ist eben Ihre Geschichte dran“, sagte er, als Seth sich herauswinden wollte. „Fassen Sie sich aber kurz, wir haben nur eine Dreiviertelstunde.“
Widerwillig erzählte Seth, wo er geboren und aufgewachsen war, doch darüber hinaus gab er nic hts von sich preis. Walsh war zufrieden, doch einige der Schüler wirkten regelrecht enttäuscht. Danach folgte der unvermeidliche Einstufungstest. Dabei hatte Seth das erste Mal seit langer Zeit das Gefühl, kein kompletter Idiot zu sein. Er kreuzte die Antworten an, ohne lange nachdenken zu müssen, und gab vor allen anderen seinen Bogen ab.
„Danke. Sie können gehen, Mr. Morgan. “
Seth sah auf die Uhr. Es waren noch mehr als fünf Minuten, bis es klingeln würde. Walshs Augenbraue wanderte nach oben, also machte Seth sich schleunigst davon, bevor er es sich anders überlegte.
Draußen atmete er ein paar Mal tief durch. Die Stille war fantastisch nach all den getuschelten Beleidigungen und offenen Anfeindungen, und auch die High School selbst wirkte nicht mehr ganz so feindselig. Im Gegenteil, ohne die vielen Schüler sah es hier aus wie in jeder anderen Schule, wenn nicht sogar besser, hochwertiger. Geräumige Spinde reihten sich bis hinter zum Hofausgang aneinander, alle neu und mit guten Schlössern versehen. Seth nutzte die Gelegenheit und weihte seinen gleich ein, indem er ihn ein paar Mal mit seiner Kombination öffnete und die Tür anschließend leise wieder zufallen ließ.
In der letzten Stunde hatte er Spanisch, wo er sich bei seiner kurzen, mündlichen Vorstellung zumindest nicht vor dem mexikanischen Lehrer blamierte. Dafür hatten die vielen hispano-amerikanischen Schüler und Imbissbudenbesitzer in New York schon gesorgt.
„Schleimer “, zischte Ira, der – wieder einmal – neben ihm saß.
Rodrigo Blackwood drehte sich wie ein Torero auf dem Absatz herum und fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Wenn du es nicht auf Spanisch sagen kannst, sag es überhaupt nicht, amigo “, rügte er. „Und jetzt Ruhe, wir beginnen mit dem Test!“
Für eine Weile war es ruhig. Die Uhr an der Wand tickte leise und von allen Seiten hörte Seth das Geräusch der übers Papier schabenden Bleistifte. Ab und zu vibrierte ein Telefon, aber davon ließ sich Rodrigo nicht aus der Ruhe bringen.
Seth schirmte seinen Testbogen gegen Ira ab, der sich zu ihm herüber lehnte und schamlos versuchte, abzuschreiben.
Eine zusammengerollte Zeitschrift sauste unvermutet auf Iras Hinterkopf herab.
„Ira, muss ich dich wirklich ganz nach vorne holen?“, fragte Rodrigo. „Wenn du in Französisch nicht noch schlechter als in Spanisch wärst, hätte ich dich schon längst
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