Witcher, Moony - Nina 02- Und der goldene Skarabäus
der Zwischenzeit gelungen, durch einen Schornsteinschacht in den Palast zu gelangen. Sie flog in den Hof, ohne dass jemand sie bemerkte.
Es war Mitternacht. Alle schliefen. Oder fast.
In Karkons Zimmer brannte noch Licht. Er war also wach und probierte vermutlich eine seiner teuflischen Zaubereien aus. Auch im Speisesaal gab eine alte Glühbirne noch ein gelbliches Licht von sich. Dort döste Visciolo vor sich hin. Es war unerlässlich, keinen Lärm zu machen, ansonsten würde die Mission ins Wasser fallen.
Der Schmetterling setzte sich auf das Schloss der Haustür und zog mit seinen kleinen Händen kräftig am Türriegel. Vor Anstrengung hatte die arme Ondula bereits gerötete Wangen, aber schließlich hatte sie Erfolg. Ein metallenes Schnappen war zu hören und das Schloss öffnete sich. Der Schmetterling lugte hinaus und wisperte leise: »Hallo, ihr könnt reinkommen.«
»Kannst du uns denn sehen?«, fragte Nina überrascht.
»Natürlich kann ich euch sehen, sonst wäre ich ja kein magischer Schmetterling, oder nicht?«, antwortete Ondula lachend und flatterte mit den Flügeln.
Die Gruppe schlich auf Zehenspitzen hinein. Nur der Sbackius konnte mit seinen Beinen aus Sprungfedern nichts anderes machen, als zu hüpfen. So überquerte er mit zwei großen Sprüngen den Hof und kam als Erster an der Treppe an, die zur Zauberkammer führte. Hier erwartete er ungeduldig die anderen. Während Roxy über den Hof schlich, blickte sie sich neugierig um. Auf einmal blieb sie stehen, schaute zu Ondula hoch und gab ihr ein Zeichen, näher zu kommen. »Ich habe eine Idee. Wenn du die Stimme von Karkon imitierst, kannst du dir die Tür von Visciolo öffnen lassen.«
Der Schmetterling flatterte vor ihr auf und ab, wackelte begeistert mit den Zehen und nickte zustimmend. Auch Nina fand die Idee gut, aber sie ermahnte Ondula, sehr aufzupassen. Während die Freunde die Treppe hochstiegen, flog der schöne Schmetterling zum Speisesaal, wo er vor der Tür die Stimme des Magiers nachahmte.
»Visciolo, los, schließ die Zauberkammer auf. Aber warte nicht auf mich und geh schlafen. Und sieh zu, dass du die Androiden nicht aufweckst. Ich benötige absolute Ruhe und will allein sein.«
Die Imitation der rauen, fürchterlichen Stimme war so perfekt, dass Visciolo nicht den kleinsten Verdacht schöpfte und überrascht vom Stuhl hochschrak. Im Hinausgehen fragte er: »Herr, brauchen Sie sonst noch etwas?«, aber als er auf den Hof trat, sah er niemanden. »Schon weg ... was für eine Hektik!«, murrte er vor sich hin.
Mit schnellen Schritten ging er zur Zauberkammer. Als er vor der großen Tür stand, zog er einen dicken Schlüsselbund hervor und schloss unter den angespannten Blicken der Kinder, die sich mit dem Sbackius in eine Ecke gekauert hatten, die Tür auf.
»Er sieht uns überhaupt nicht«, wisperte Fiore Cesco zu.
»Ja, er hat nichts bemerkt. Besser so.«
Der Einäugige ließ die Tür angelehnt und schlurfte in sein Zimmer. Ondula kam seelenruhig durch die halbdunklen Korridore geflattert und gesellte sich wieder zu den Freunden.
»Freie Bahn, wir können rein«, sagte Nina und ging vorsichtig voran.
Das Zimmer war nur von einigen Kerzen erleuchtet und die Kinder näherten sich wachsam den drei verzauberten Maschinen, die in den Halbschatten gehüllt waren.
Eine der Maschinen war ausgeschaltet. Sie ähnelte einem Backofen, neben dem riesige Erbarium-Medicalis-Blätter angehäuft waren. Es war die Maschine, die das erste Element Atanor, das ewige Feuer, enthalten hatte, welches Nina und ihre Freunde schon befreit hatten. Cesco und Roxy näherten sich dem Steuerrad, das sich gemächlich im Zentrum der drei Maschinen drehte, und besahen sich aufmerksam die Wandtafel, auf der Dutzende von Ziffern eingeritzt waren. Fiore berührte vorsichtig die Maschine, die einem Kohlenofen ähnelte und unaufhörlich ein ohrenbetäubendes Zischen ausstieß, während Dodo die dritte Maschine unter die Lupe nahm: »S... sie s... sieht aus wie eine Rakete und die T... Türen blinken.« Nina betrachtete konzentriert die Wände des Zimmers, aber das spärliche Licht erlaubte es ihr nicht, die verschiedenen Zettel, die dort hingen, zu entziffern. Plötzlich wurde ihre Aufmerksamkeit von einem kleinen grünen Streifen Papier angezogen, der mit einer Heftzwecke an der Wand befestigt war. Sie wollte ihn gerade abnehmen, als der Sbackius mit einem Sprung das Tischchen neben dem Fenster umstieß und einen Heidenlärm veranstaltete.
»Schschsch.
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