Witcher, Moony - Nina - Und der Fluch der Maya
ist hier jemand? Cesco, Roxy, hört ihr mich?«, rief sie zaghaft, aber von ihren Freunden gab es nicht die geringste Spur.
Plötzlich sah sie am Ende des Ganges einen schwachen Lichtschein. Hoffnungsvoll legte sie einen Schritt zu.
Sie kletterte eine kleine Rampe empor. Nina dachte schon, dass sie einen Ausgang gefunden hatte, da stieg ihr ein beißend süßlicher Geruch in die Nase. Eine Rauchschwade waberte durch die Öffnung und schlängelte sich um sie. Nina schnupperte. Diesen Geruch hatte sie schon einmal eingeatmet. Aber wo? Sie dachte angestrengt nach und versuchte sich zu erinnern, als ihre Überlegungen unterbrochen wurden.
»Komm zu mir!«, erscholl eine tiefe Stimme von oben.
Ninas Augen weiteten sich. In den Gang fiel ein riesiger, seltsam geformter Schatten. Erschrocken wich sie zurück. Aber es war, als würde die Rauchschwade sie festhalten und sie mit voller Kraft zu dem geheimnisvollen Schatten ziehen. Nina versuchte sich aus dem gelben Rauch zu befreien, aber es war unmöglich. Sie wand und drehte sich, aber der Sog war so stark, dass sie auf die Erde fiel und mit dem Gesicht im Staub landete.
Als sie die zusammengekniffenen Augen wieder öffnete, sah sie, dass der Stern auf ihrer Hand vollkommen dunkel geworden war. Karkon!, dachte sie erschrocken. Sie spürte die Angst bis in die Knochen und ließ langsam den Blick umherwandern. Da sah sie vor sich auf dem Boden zwei nackte Füße. Ruckartig hob sie den Kopf. Ein gellender Schrei entwich ihrem Mund: »Aaaah, ein Monster!« Der Körper war der eines Menschen, aber der Kopf war eigenartig breit und flach, wie der einer Schlange. Rot blitzten die kleinen Augen auf und aus dem schmalen Mund schnellte eine rote gespaltene Zunge hervor. Silbrig-grüne Federn bewegten sich anstelle von Haaren im Luftzug. Vor Nina stand die gefiederte Schlange.
»Hab ich dich! Endlich kann ich mich rächen«, säuselte LSL und wackelte zufrieden mit dem Kopf.
»Du bist LSL, nicht wahr - verwandelt in eine Schlange. Wie hast du mich gefunden?«, fragte sie verängstigt.
»Ah, dann hast du mich also wiedererkannt. Ja, tatsächlich, du und deine kleinen Freunde, ihr habt bereits zu viele Dinge über mich herausgefunden«, zischelte die Schlange.
»Ist Karkon auch hier?«, fragte Nina mit starr aufgerissenen Augen.
»Keine Fragen! Schweig! Dein Ende ist nah!«, fauchte die Menschenschlange und versetzte ihr einen Stoß, der sie mehrere Meter den Gang hinabschleuderte.
Nina erhob sich unter Schmerzen, ergriff zittrig den Taldom Lux und stellte sich in Angriffsposition. Aber sie schaffte es nicht mehr rechtzeitig, die Augen des Gugi zu drücken. Mit einer flinken Bewegung riss ihr die Schlange das magische Zepter aus der Hand.
»Neeein! Nicht den Taldom Lux! Du darfst ihn nicht benutzen, du nicht!«, schrie Nina verzweifelt. Ohne das Zepter des Sechsten Mondes fühlte sie sich völlig verloren.
»Soll ich es dir etwa zurückgeben? Aaahahah, du bringst mich zum Lachen!«, grölte der Bürgermeister. »Dieses Zepter ist nun meins. Noch besser: Wenn ich dich erst getötet habe, werde ich es Graf Karkon übergeben. Er wird wissen, was er damit anstellen kann und wie man es benutzt.«
Nina fühlte sich benommen. Der ätzende Geruch des gelben Rauchs vernebelte ihr langsam den Verstand. Sie fühlte sich, als ob sie ein Schlafmittel getrunken hätte. Kaum schaffte sie es, die Augen offen zu halten. Doch sie bemühte sich, den Feind nicht aus dem Blick zu verlieren.
Die gefiederte Schlange näherte sich ihr. Aus ihrem Mund schnellte die abscheuliche rote Zunge hervor und streifte Ninas Haar. Das Mädchen fühlte seine Kräfte schwinden und sank vor LSLs Füßen zusammen. Er warf sie sich achtlos über die Schulter und ging mit ihr aus der Pyramide. Eilig stieg er die dreihundertfünfundsechzig Stufen hinauf. Oben legte er den Körper des Mädchens auf einen mit kostbaren Maya-Gravierungen verzierten Altar.
Nina schlug die Augen auf und holte tief Luft. Sie starrte in den blauen Himmel und spürte, wie ein warmer Luftzug sie streichelte. Langsam drehte sie den Kopf und sah, dass sie sich auf der Pyramide des Kukulkàn befand. Von hier oben konnte sie den unermesslich großen Urwald überblicken, der bis zum Ozean reichte. Sie sah auch die anderen zwei Maya-Bauwerke und ihre Gedanken wanderten sofort zu ihren Freunden. Sie hätte sie in diesem tragischen Moment so gern bei sich gehabt, aber dieses Mal musste sie allein zurechtkommen. Nina konnte nur auf ihre eigene
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