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Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Titel: Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Markson
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entwickeln würde, zu dieser Zeit.
    Was das betrifft, hätte es genauso leicht sein können, dass ich gewartet habe, bis meine eigenen Kleider ganz getrocknet waren, in welchem Fall ich aber wohl nie solche innigen Gefühle für das Trikot entwickelt hätte.
    Was hätte mich davon abhalten können, Maria Callas Medea singen zu hören, sogar mit überhaupt nichts am Leib, während ich wartete?
    In Wirklichkeit war es recht warm, wie ich mich erinnere.
    Aber jetzt, du lieber Himmel.
    Offensichtlich wäre es kaum Maria Callas gewesen, die mit nichts am Leib gesungen hat, sondern bloß ich, die so zugehört hat.
    Welche Lächerlichkeit doch die Sprache immer wieder beharrlich zur Sprache bringt.
    Und jedenfalls hatte ich das Trikot schon angezogen.
    Und hatte übrigens auch lange genug zugehört, um zu erkennen, dass das, was Maria Callas sang, nicht Medea von Luigi Cherubini war, sondern Lucia di Lammermoor von Gaetano Donizetti.
    Es war die berühmte Wahnsinnsszene in Letzterer, die mich dies schließlich erkennen ließ.
    Gaetano Donizetti ist noch eine andere Person, die ich ansonsten mit Vincenzo Bellini hätte verwechseln können. Oder mit Gentile Bellini, Giovanni Bellinis Bruder, der ja auch Andrea Mantegnas Schwager war.
    Nun, ich habe ihn verwechselt. Mit Luigi Cherubini.
    Musik ist nicht mein Geschäft.
    Obwohl, wenn Maria Callas diese spezielle Szene singt, hat es mir immer einen Schauer über den Rücken gejagt.
    Als Vincent van Gogh wahnsinnig war, hat er wirklich einmal versucht, seine Farben zu essen.
    Nun, und Maupassant, der etwas viel Schrecklicheres als das gegessen hat, der arme Kerl.
    Diese Liste wird erschreckend länger.
    Selbst Turner hatte, auf seine Weise, eine solche Phobie, die darin bestand, dass kein anderer ihm jemals beim Arbeiten zusehen durfte.
    Tatsächlich sagt man von Euripides, er habe in einer Höhle gelebt, aus demselben Grund.
    Obwohl Gustave Flaubert einst Maupassant einen Brief schrieb, in dem er ihm riet, nicht zu viel Zeit mit Rudern zu verbringen.
    Ich schwöre, Flaubert hat das einmal geschrieben.
    Tatsächlich riet er ihm in diesem Brief ebenso, nicht so viel Zeit mit Prostituierten zu verbringen.
    Wenn er gewollt hätte, hätte Flaubert den gleichen Brief an Brahms schreiben können, wenn man es recht bedenkt, obwohl es keine Aufzeichnungen darüber gibt.
    In Wirklichkeit hätte er sogar nur einen Teil des gleichen Briefes an Brahms schreiben können, und den ersten Teil an Alfred North Whitehead.
    Als Gertrude Stein zum ersten Mal Alfred North Whitehead begegnet ist, sagte sie, dass eine kleine Glocke in ihrem Kopf geläutet habe, die ihr mitteilte, dass er ein Genie war.
    Das einzige Mal, dass Gertrude Stein diese Glocke noch einmal gehört hat, war, als sie Picasso zum ersten Mal getroffen hat.
    Allerdings ist es im Allgemeinen zweifellos schwieriger als dies, wirklich zu beurteilen, wer wahnsinnig ist und wer nicht.
    In St. Petersburg, als er schließlich herausgefunden hatte, wie er dorthin kam, glaubte Dostojewski anscheinend, dass überhaupt jeder, den man trifft, in diese Kategorie gehörte, das ist jedenfalls der Eindruck, den man bekommt.
    Die Menschen sind so notwendig wahnsinnig, dass nicht wahnsinnig zu sein zu einer anderen Form des Wahnsinns zählen würde, ein Satz mehr, den ich, wie ich mich jetzt erinnere, einmal unterstrichen habe.
    Wo ich diesen unterstrichen habe, war in demselben Buch, in dem ich einen der anderen unterstrichen habe, und welches auch das Buch war, das Jane Avril genau neben ihrem Bett aufbewahrte. Tatsächlich.
    Nämlich die Pensées von Pascal.
    Ich glaube, ich hätte Jane Avril gern gehabt.
    Nun, und es hätte mir bestimmt gefallen, Pascal zu sagen, wie lieb mir seine zwei Sätze sind.
    Machen Sie sich bitte nicht die Mühe aufzustehen, hätte ich sogar begeistert gesagt.
    In Wirklichkeit war Euripides am Ende dazu gezwungen, ins Exil zu gehen.
    Das war nicht, weil er nicht genug Abgeschiedenheit in seiner Höhle hatte, allerdings, sondern wegen etwas, das er gesagt hatte, was bestimmten Leuten missfiel.
    Aristoteles musste auch ins Exil gehen.
    Was das betrifft, musste Sokrates Gift nehmen.
    Man kann erschrecken, wenn man sich erinnert, dass all diese Dinge in Griechenland geschehen sind, woher alle Künste und alle Freiheiten kommen. Stelle ich mir vor.
    Obwohl mehrere der Fresken Andrea Mantegnas während des Zweiten Weltkriegs von Bomben zerstört wurden, und das war in Italien.
    Dennoch scheinen viele Arten von Listen länger

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