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Witwe für ein Jahr (German Edition)

Witwe für ein Jahr (German Edition)

Titel: Witwe für ein Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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war. Warum also sollte er für Mrs. Benton nicht tun, was er tun konnte?
    Welche Rolle spielte es für diese Frau, daß Ruth Cole triftige Gründe hatte, öffentliche Signierstunden zu meiden? Ruth haßte das Gefühl, ausgeliefert zu sein, wenn die Leute in Scharen anstanden. Es gab immer den einen oder anderen, der sie nur anstarrte; oft war es jemand, der neben der Warteschlange stand, meist ohne Buch.
    Ruth hatte öffentlich erklärt, in Helsinki zum Beispiel würde sie die finnischen Übersetzungen ihrer Bücher signieren, weil sie nicht Finnisch sprach. Dort und in vielen anderen Ländern konnte sie nichts anderes tun, als ihre Bücher zu signieren. Aber in ihrem eigenen Land las sie lieber vor einem Publikum oder sprach mit ihren Lesern – alles, bloß nicht signieren. Doch in Wirklichkeit sprach sie auch nicht gern mit ihren Lesern, wie für jedermann deutlich erkennbar war, der miterlebt hatte, wie sehr die katastrophale halbe Stunde mit Fragen und Antworten im Y sie aufgewühlt hatte. Ruth Cole fürchtete sich vor ihren Lesern.
    Sie hatte mehr als genug penetrante Zeitgenossen erlebt. Meist waren es unangenehme junge Männer, die ihre Romane gierig verschlangen und sich dann einbildeten, die Autorin genau zu kennen. Sie maßten sich an, ihr in irgendeiner Form gutzutun – als Liebhaber, wie sie oft durchblicken ließen, oder auch nur als seelenverwandte Partner für einen literarischen Briefwechsel. (Natürlich wollten viele von ihnen selbst Schriftsteller werden.)
    Doch die wenigen Frauen, die sich an Ruth heranpirschten, beunruhigten sie mehr als die aufdringlichen jungen Männer. Diese Frauen wollten häufig, daß Ruth ihre Geschichten schrieb, weil sie meinten, sie gehörten unbedingt in einen Ruth-Cole-Roman.
    Ruth legte großen Wert auf ihr Privatleben. Sie war viel auf Reisen; zum Glück konnte sie überall schreiben, in Hotels und auch in gemieteten Häusern oder Apartments, umgeben von den Fotos, dem Mobiliar und den Kleidungsstücken anderer Leute, manchmal sogar von deren Haustieren, die sie versorgte. Ruth besaß nur ein Haus, ein altes Farmhaus in Vermont, das sie halbherzig renovieren ließ. Sie hatte es nur gekauft, weil sie ein Refugium brauchte, in das sie immer wieder zurückkehren konnte, und weil sie das Anwesen buchstäblich samt Hausmeister bekam, einem bienenfleißigen Mann, der mit seiner Familie ganz in der Nähe eine Farm bewirtschaftete. Seine Frau und er hatten unzählige Kinder; um die beiden zu beschäftigen, übertrug Ruth ihnen gelegentlich kleinere Arbeiten und betraute sie außerdem mit der größeren Aufgabe, das Haus nach und nach zu »renovieren« – einen Raum nach dem anderen, allerdings immer nur, wenn sie auf Reisen war.
    In Middlebury hatten sich Ruth und Hannah vier Jahre lang darüber beklagt, daß Vermont so weit ab vom Schuß lag; vor allem die langen Winter fanden sie furchtbar, da sie beide nicht Ski fuhren. Inzwischen hatte Ruth Vermont liebgewonnen, sogar die Winter dort, und sie genoß es, ein Haus auf dem Land zu haben. Aber sie fuhr auch gern wieder weg. Ihre vielen Reisen lieferten ihr eine bequeme Antwort auf die immer wiederkehrende Frage, warum sie nicht geheiratet hatte und keine Kinder wollte.
    Allan Albright war zu klug, um ihr diese simple Antwort abzunehmen. Sie hatten sich endlos lang über die tiefer liegenden Gründe unterhalten, weshalb Ruth Ehe und Kinder ablehnte. Außer mit Hannah hatte Ruth noch nie mit jemandem über diese Gründe gesprochen. Daß sie mit ihrem Vater nie darüber gesprochen hatte, bedauerte sie besonders.
    Als Eddie ins Künstlerzimmer zurückkehrte, dankte ihm Ruth für seine willkommene und angemessene Intervention bei Mrs. Benton.
    »Anscheinend habe ich ein Händchen für Frauen ihres Alters«, meinte Eddie – ohne jede Ironie, wie Ruth bemerkte. (Sie bemerkte auch, daß Eddie mit Mrs. Bentons Büchertasche zurückgekehrt war.)
    Sogar Allan rang sich ein herbes Lob für Eddies heldenhaftes Einschreiten bei der unerbittlichen Autogrammjägerin ab.
    »Gut gemacht, O’Hare«, rief er jovial. Er war ein Vertreter des Typs rauh-aber-herzlich, der andere Männer beim Nachnamen nannte (was Hannah als charakteristisches Merkmal für Allans »Generation« gewertet hätte).
    Es hatte endlich zu regnen aufgehört. Als sie das Gebäude durch den Bühnenausgang verließen, bedankte sich Ruth bei Allan und Eddie.
    »Ich weiß, daß ihr beide euer Bestes getan habt, um mich vor mir selbst zu schützen«, meinte sie.
    »Man muß

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