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Witwe für ein Jahr (German Edition)

Witwe für ein Jahr (German Edition)

Titel: Witwe für ein Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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sein, und nahm ab.
    »Ich hätte noch immer Lust, mit Ihnen Squash zu spielen«, sagte Scott Saunders.
    »Ich bin nicht in Stimmung zum Squashspielen«, log Ruth. Sie sah ihn vor sich: Seine Haut schimmerte golden, seine Sommersprossen hatten die Farbe des Sandstrandes.
    »Falls ich Sie von Ihrem Vater loseisen kann«, sagte Scott, »wie wäre es, wenn wir morgen abend zusammen essen?«
    Ruth war nicht imstande gewesen, sich das Essen zu kochen, das Hannah vorbereitet hatte; sie wußte, daß sie keinen Bissen hinuntergebracht hätte. »Tut mir leid, mir ist nicht nach Essen zumute«, erklärte sie dem Anwalt.
    »Vielleicht überlegen Sie es sich morgen anders«, meinte Scott. Ruth konnte sich sein überhebliches Lächeln gut vorstellen.
    »Vielleicht …«, räumte Ruth ein. Irgendwie fand sie die Kraft, aufzulegen.
    Sie beschloß, nicht mehr ans Telefon zu gehen, obwohl es die halbe Nacht klingelte. Jedesmal hoffte sie, es möge nicht Allan sein, und wünschte, sie könnte sich dazu aufraffen, den Anrufbeantworter einzuschalten. Sie war überzeugt, daß die meisten Anrufe von Hannah oder ihrem Vater kamen.
    Obwohl sie nicht die Kraft aufbrachte, etwas zu essen, schaffte sie es, beide Flaschen Weißwein zu leeren. Sie deckte das kleingeschnittene Gemüse mit Plastikfolie ab, stülpte einen Teller über den gewaschenen Reis und stellte ihn in den Kühlschrank. Die Shrimps, die noch im Kühlschrank standen, würden sich in der Marinade ohne weiteres über Nacht halten, aber zur Sicherheit beträufelte Ruth sie noch mit Zitronensaft. Vielleicht hatte sie morgen abend Lust, etwas zu essen. (Vielleicht mit Scott Saunders.)
    Sie war überzeugt, daß ihr Vater zurückkommen würde. Halb rechnete sie damit, seinen Wagen am Morgen in der Einfahrt stehen zu sehen. Ted genoß die Rolle des Märtyrers. Zu gern hätte er Ruth den Eindruck vermittelt, daß er die ganze Nacht im Volvo geschlafen hatte.
    Doch am Morgen war kein Wagen da. Das Telefon begann um sieben Uhr zu klingeln, aber Ruth nahm noch immer nicht ab. Sie machte sich auf die Suche nach dem Anrufbeantworter, der jedoch nicht an seinem gewohnten Platz in Teds Werkstatt stand. Vielleicht war er kaputt, und Ted hatte ihn zur Reparatur gebracht.
    Ruth bedauerte es, die Werkstatt ihres Vaters betreten zu haben. Über seinem Schreibtisch, an dem er derzeit nur noch Briefe schrieb, hing eine Liste mit den Namen und Telefonnummern seiner derzeitigen Squashpartner. Scott Saunders stand an erster Stelle. O Gott, jetzt geht das schon wieder los, dachte sie. Neben seinem Namen waren zwei Nummern angegeben: eine New Yorker Nummer und eine in Bridgehampton. Natürlich wählte sie die zweite Nummer. Es war noch nicht einmal halb acht; Ruth merkte seiner Stimme an, daß sie ihn aufgeweckt hatte.
    »Haben Sie noch immer Lust, mit mir Squash zu spielen?« fragte Ruth.
    »Es ist noch sehr früh«, sagte Scott. »Haben Sie Ihren Vater schon besiegt?«
    »Ich möchte erst Sie besiegen«, erklärte Ruth.
    »Sie können es ja versuchen«, meinte der Anwalt. »Wie wäre es mit einem anschließenden Abendessen?«
    »Warten wir das Spiel ab«, sagte Ruth.
    »Um wieviel Uhr?«
    »So wie üblich – wann Sie sonst mit meinem Vater spielen.«
    »Dann sehen wir uns um fünf.«
    Damit hatte Ruth den ganzen Tag Zeit, um sich vorzubereiten. Es gab bestimmte Schläge und Aufschläge, die sie gern noch einmal übte, bevor sie gegen einen Linkshänder spielte. Ihr Vater war ein typischer Linkshänder; aber bisher hatte sie nie die Möglichkeit gehabt, sich entsprechend auf ihn vorzubereiten. Nun war sie davon überzeugt, daß gegen Scott Saunders zu spielen die perfekte Aufwärmübung war, um gegen ihren Vater anzutreten.
    Zuerst rief sie Eduardo und Conchita an. Sie wollte die beiden nicht im Haus haben. Sie erklärte Conchita, es tue ihr leid, daß sie sich diesmal nicht sehen würden, und Conchita tat, was sie immer tat, wenn sie mit Ruth sprach: Sie weinte. Ruth versprach ihr, daß sie sich nach ihrer Rückkehr aus Europa sehen würden, obwohl sie bezweifelte, daß sie ihren Vater dann in Sagaponack besuchen würde.
    Eduardo erklärte sie, daß sie vorhabe, den ganzen Tag zu schreiben, und deshalb nicht wolle, daß er Rasen mähe oder Hecken stutze oder sich am Swimmingpool zu schaffen mache. Sollte ihr Vater wider Erwarten nicht rechtzeitig zurückkommen, um sie am nächsten Tag zum Flughafen zu bringen, würde sie Eduardo anrufen. Ihr Flug nach München ging am frühen Donnerstagabend, so daß

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