Witwe für ein Jahr (German Edition)
bedeutet, doch alles, was sie von Eddie erfahren hatte, ließ ihren Vater unberührt. Ted hatte eine festgefügte Vorstellung von Marion und von den Gründen, aus denen sie ihn verlassen hatte. Tatsächlich hatte Ruths Begegnung mit Eddie nicht den geringsten Eindruck auf ihn gemacht. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb Ruths Bedürfnis, ihren Vater fix und fertig zu machen, noch nie so groß gewesen war wie jetzt, als sie ihm von Scott Saunders zu erzählen begann.
Als geschickte Romanautorin legte sie ihre Geschichte so an, daß sie ihren Vater zunächst irreführte. Sie begann damit, wie sie Scott im Bus getroffen und anschließend mit ihm Squash gespielt hatte.
»Dann hat er dir also das blaue Auge verpaßt?« sagte ihr Vater. »Das wundert mich nicht. Er rennt kreuz und quer durch den Court und holt viel zu weit aus. Er ist ein typischer Tennisspieler.«
Ruth erzählte einfach nur ihre Geschichte, Schritt für Schritt. Als sie zu dem Punkt kam, an dem sie Scott die Polaroidfotos aus der untersten Schreibtischschublade gezeigt hatte, ging sie dazu über, von sich in der dritten Person zu sprechen. Ihr Vater hatte keine Ahnung gehabt, daß Ruth von diesen Fotos wußte – von der Nachttischschublade mit den Kondomen und dem Gleitgel ganz zu schweigen.
Als Ruth zu ihrer ersten Runde Sex mit Scott kam und erzählte, wie er sie geleckt und wie sehr sie gehofft hatte, ihr Vater würde in diesem Moment nach Hause kommen und sie beide durch die offene Tür seines Schlafzimmers sehen, wandte Ted, wenn auch nur für eine halbe Sekunde, den Blick von der Straße ab und sah sie an.
»Fahr lieber rechts ran, und laß mich fahren, Daddy«, sagte Ruth. »Ein Auge auf der Straße ist besser als gar keines.«
Ted behielt die Straße und den Rückspiegel im Auge, während Ruth mit ihrer Geschichte fortfuhr. Die Shrimps hatten kaum mehr nach Shrimps geschmeckt, und sie wollte kein zweites Mal mit Scott schlafen. Ihr erster großer Fehler war, ihn so lange zu reiten. »Ruth fickte ihn dumm und dämlich«, wie sie es formulierte.
Als sie zu dem Punkt gelangte, an dem das Telefon klingelte und Scott von hinten in sie eindrang – obwohl sie ihm gesagt hatte, daß sie das nicht mochte –, wandte ihr Vater wieder den Blick von der Straße ab. Ruth reagierte erbost. »Hör zu, Daddy, wenn du dich nicht aufs Fahren konzentrieren kannst, solltest du es lieber bleibenlassen. Fahr rechts ran, und laß mich ans Steuer.«
»Ruthie, Ruthie …«, stieß er mühsam hervor. Er weinte.
»Wenn du dich aufregst und die Straße nicht mehr sehen kannst, ist das noch ein Grund, rechts ranzufahren, Daddy.«
Sie berichtete, wie sie mit der Stirn ans Kopfteil des Bettes geknallt war und daß sie gar keine andere Wahl gehabt hatte, als die Hüften nach hinten zu schieben. Und etwas später, daß er sie geschlagen hatte – und nicht mit einem Squashschläger. (»Es war eine linke Gerade, die sie überhaupt nicht kommen sah.«)
Sie hatte sich auf dem Boden zusammengerollt, erzählte sie weiter, und gehofft, er würde nicht noch einmal zuschlagen. Dann, als sie wieder einen klaren Kopf hatte, ging sie nach unten und holte Scotts Squashschläger. Mit dem ersten Schlag setzte sie sein rechtes Bein außer Gefecht. »Eine tiefe Rückhand«, erklärte sie. »Natürlich mit flachem Schlägerkopf.«
»Du hast dir erst sein Knie vorgenommen?« unterbrach ihr Vater sie.
»Knie, Gesicht, beide Ellbogen, beide Schlüsselbeine – in dieser Reihenfolge«, zählte Ruth auf.
»Und er konnte nicht mal mehr gehen?«
»Er konnte nicht mehr krabbeln. Gehen konnte er, wenn auch nur mühsam.«
»Mein Gott, Ruthie …«
»Hast du das Hinweisschild zum Kennedy Airport gesehen?« fragte sie.
»Ja, habe ich.«
»Ich hatte nicht den Eindruck.«
Dann erzählte Ruth weiter, daß es ihr beim Pinkeln noch immer weh tat und daß sie tief innen, an einer ungewohnten Stelle, einen Schmerz verspürte. »Ich bin sicher, daß er wieder vergeht«, fügte sie hinzu und kehrte damit aus der dritten Person zurück. »Ich muß nur daran denken, diese Stellung zu meiden.«
»Ich bringe den Mistkerl um!« versprach ihr Vater.
»Wozu die Mühe?« fragte Ruth. »Du kannst doch weiter Squash mit ihm spielen, sobald er wieder laufen kann. Er ist nicht sehr gut, aber für ein halbwegs anständiges Konditionstraining reicht es allemal.«
»Er hat dich praktisch vergewaltigt!« rief ihr Vater.
»Aber nichts hat sich geändert«, konstatierte Ruth. »Hannah ist nach wie
Weitere Kostenlose Bücher