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Witwe für ein Jahr (German Edition)

Witwe für ein Jahr (German Edition)

Titel: Witwe für ein Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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nahm eine Hand vom Lenkrad und legte sie auf Hannahs Hände. Sie hatte sie im Schoß zusammengekrampft, und als Eddie sie berührte, sagte sie: »Laß verdammt noch mal beide Hände am Steuer, Eddie. Es ist nur, weil ich im Augenblick keinen Freund habe …«
    Manchmal handelte sich Eddie mit seinem unendlichen Mitgefühl Ärger ein. In einem gefährlich erweiterten Teil seines Herzens glaubte Eddie, daß Hannah in Wirklichkeit keinen neuen Freund fürs Bett brauchte, sondern schlicht einen guten Freund.
    »Ich habe mir überlegt, daß wir versuchen könnten, gemeinsam ein Haus zu bewohnen«, schlug Eddie vor. (Nur gut, daß er am Steuer saß und nicht Hannah – sie wäre von der Straße abgekommen.) »Ich habe mir überlegt, daß wir zusammen Ruths Haus in Sagaponack kaufen könnten. Natürlich gehe ich davon aus, daß wir uns die meiste Zeit nicht … hm … überlappen.«
    Hannah wußte nicht recht, was genau Eddie ihr da antrug. In ihrer empfindsamen Gemütsverfassung kam es ihr zunächst vor, als machte Eddie nicht nur einen Annäherungsversuch; es hörte sich eher so an, als wollte er sie heiraten. Aber je mehr Eddie darüber sprach, desto mehr verwirrte er Hannah.
    »›Überlappen‹?« fragte sie. »Was soll das verdammt noch mal heißen?«
    Eddie, der ihre Verwirrung bemerkte, geriet in Panik. »Du könntest das große Schlafzimmer haben!« platzte er heraus. »Ich wäre mit dem großen Gästezimmer zufrieden, dem ganz hinten im Flur. Und Teds ehemalige Werkstatt im Erdgeschoß könnte man sehr gut in ein Schlafzimmer umwandeln. Auch damit wäre ich zufrieden.« Er holte nur kurz Luft, bevor er weitersprudelte: »Ich weiß, welche Gefühl der ehemalige Squashcourt in der Scheune bei dir weckt. Von mir aus könnte ich dort arbeiten, ich meine, ich könnte mein Arbeitszimmer dort einrichten. Aber das restliche Haus – das ganze Haus – würden wir uns teilen. Im Sommer müßten wir uns natürlich zusammenraufen wegen der Wochenendgäste. Du weißt schon, deine Freunde und meine! Aber wenn dir die Vorstellung von einem Haus in den Hamptons grundsätzlich gefällt, glaube ich, daß wir es uns leisten könnten, wenn wir zusammenlegen. Und Ruth wäre bestimmt glücklich.« Er plapperte weiter. »Immerhin könnte sie uns mit Graham besuchen kommen. Das würde bedeuten – für Ruth, meine ich –, daß sie das Haus nicht ganz aufgeben müßte. Ruth und Graham und der Polizist, meine ich natürlich«, fügte Eddie hinzu, weil er aus Hannahs bestürzter Miene nicht erkennen konnte, ob sie noch immer verwirrt war wegen seines Vorschlags oder ob ihr vom Fahren plötzlich schlecht wurde.
    »Du denkst wohl an eine verdammte Wohngemeinschaft?« fragte Hannah.
    »Wir machen halbe-halbe!« rief Eddie.
    »Aber du würdest die ganze Zeit dort wohnen, habe ich recht?« fragte Hannah mit einem Scharfsinn, auf den Eddie nicht gefaßt war. »Wie kommst du drauf, daß von halbe-halbe die Rede sein kann, wenn ich im Sommer rausfahre und ab und zu am Wochenende und du die ganze verdammte Zeit da wohnst?«
    Ich hätte es wissen müssen! dachte Eddie. Er hatte versucht, Hannah als eine Freundin zu betrachten, und sie fing sofort mit dem Verhandeln an! Es würde nie funktionieren! Hätte er doch bloß den Mund gehalten! Aber er sagte: »Ich könnte es mir nicht leisten, wenn du nicht die Hälfte bezahlst. Wahrscheinlich können wir es uns nicht mal zusammen leisten.«
    »Soviel kann dieses blöde Haus doch nicht wert sein!« sagte Hannah. »Was kostet es denn?«
    »Viel«, antwortete Eddie, aber beantworten konnte er die Frage nicht. Jedenfalls mehr, als er allein sich leisten konnte – soviel wußte er.
    »Du willst das Haus kaufen und weißt nicht mal, was es kostet?« fragte Hannah.
    Endlich hatte sie zu weinen aufgehört. Wahrscheinlich verdient sie mehr Geld als ich, überlegte Eddie. Sie war als Journalistin zunehmend erfolgreich, wenn auch nicht berühmt; viele ihrer Themen waren zu billig, um ihr Ruhm einzutragen. Vor kurzem hatte sie für eine bedeutende Zeitschrift (nicht, daß Eddie irgendeine Zeitschrift für »bedeutend« gehalten hätte) eine Titelgeschichte über die gescheiterten Versuche gemacht, die Insassen von Staats- und Bundesgefängnissen zu rehabilitieren. Abgesehen von der Kontroverse, die der Artikel auslöste, hatte sich Hannah kurz mit einem ehemaligen Sträfling eingelassen; er war ihr letzter schlimmer Freund gewesen, was möglicherweise ihren derzeitigen angeschlagenen Zustand erklärte.
    »Du

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