Wizards of Nevermore Bd. 1 - Eine Hexe in Nevermore
nicht.«
»Jung genug, dass ich mich strafbar mache.«
»Aber bald bin ich alt genug.«
»Auf diesen Tag werde ich warten.« Es klang eher sarkastisch als sehnsuchtsvoll. »Hör auf, mich so anzusehen. Geh schon.«
Happy legte ihre Finger an den Mund und blies ihm ein Küsschen zu.
»Mädel, dein Name bedeutet Ärger.«
»Habe ich dir das gar nicht gesagt?« Sie klimperte mit den Wimpern. »So lautet mein Nachname.« Damit drehte sie sich um und ging davon – nicht ohne mit den Hüften zu wackeln. Sie grinste, als sie sein gequältes Stöhnen hörte.
Sie war schon auf halbem Weg zu Ants Wagen, als die Haustür quietschend aufging und dann zuschlug.
»Hey.«
Erschrocken, dass er so dicht hinter ihr stand, wirbelte sie herum und sah ihn böse an. Kein halber Meter trennte sie, und Ant sah aus wie die Katze, die sich gleich über die Sahne hermachen wollte.
»Hast du nicht was vergessen?« Er hielt ihren Rucksack hoch.
Wie konnte sie den nur vergessen? Oh Mann. Sie griff danach, doch er zog ihn schnell weg. Dann grinste er sie herausfordernd an. Wie konnte man nur so doof sein? Nur weil er sie angeschmachtet hatte, hörte sie gleich auf zu denken. Sie brauchte ihren Rucksack, denn darin war der Kristall. Und ohne den Kristall konnte sie Lucinda nicht finden. Sie wollte ja nicht durch die ganze Stadt laufen und die Leute nach der Rackmore-Hexe fragen – das hätte zu viel Aufsehen erregt. Aber die Stadt war klein. Viele Aufenthaltsmöglichkeiten konnte es hier für ihre Freundin nicht geben. Vorausgesetzt, sie hatte nicht auf einer der Farmen Unterschlupf gefunden.
Am liebsten hätte sie Ant gesagt, er könne sie mal. Sie wusste, dass er sie reizen wollte. Außerdem brauchte sie den Kristall. Sie kniff die Augen zusammen und überlegte, wie fest sie ihm in die Eier treten konnte, ohne dass es schädliche Folgen für seine ungeborenen Kinder hatte.
Er schüttelte den Kopf. »Denk nicht mal dran. Sonst steige ich in meinen Wagen und fahre dich platt.«
»Krass«, murmelte sie und setzte Plan B in die Tat um: Sie attackierte ihn.
Einen Tackle, wie er ihn aus dem Football kannte, hatte er nicht erwartet. Er stürzte, und der Rucksack fiel ihm aus der Hand. Happy selbst landete durch die Wucht ihres Angriffs auf Ant. Sie wollte schleunigst wieder hochkommen, doch er umfing sie und drückte sie an sich.
Happy wurde ganz starr.
»Du spinnst doch!«, schrie er. »Verdammt, willst du mich umbringen?«
»Du bist doch nur sauer, weil dich ein Mädchen plattgemacht hat!«
»Ich bin nicht sauer. Genau das ist ja das Problem.« Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und berührte dabei mit seiner Hand ihre Wange. »Ich will dein Freund sein.«
»Du lügst doch.« Ihr Herz klopfte so stark, dass er es spüren musste.
»Stimmt. Das ist eine Lüge. Aber ich versuche, so zu sein, wie meine Mutter mich erzogen hat.«
»Ich verstehe.« Das tat sie wirklich. Er war nett zu ihr, obwohl er es eigentlich nicht sein wollte. Das erinnerte sie an Lucinda und ihre Entscheidung – ihnen beiden wehzutun, indem sie sich von ihr trennte, nur damit Happy in Sicherheit sein konnte. Und jetzt traf Ant eine ähnliche Entscheidung.
Da sie ihm nichts von ihren Überlegungen mitteilen konnte, befreite sie sich von ihm, sammelte ihren Rucksack auf und setzte sich in den Wagen.
In null Komma nichts waren sie auf dem Weg in die Stadt. Happy spürte ein nervöses Magenzucken. Sie knabberte an ihrer Unterlippe und überlegte ihre Vorgehensweise. Es war klar, dass Ant sie nicht einfach an der nächsten Ecke herauslassen würde und ihr viel Glück bei ihrer Suche wünschte. So war er nicht gestrickt.
Ob sie ihm vielleicht doch vertrauen konnte?
Sie wollte gern. Immer mit diesem Blick über die Schulter unterwegs zu sein, das hatte sie so satt. Immer Angst haben vor dem, was passieren würde, wenn Bernard sie eines Tages fand. Niemand sollte ein Leben voller Angst führen müssen – das hatte Lucinda gesagt. Doch seit dem Tod ihrer Mutter hatte Happy es nicht anders gekannt. Sie selbst, Lucinda, alle anderen. Immer hatten sie Angst vor Bernard.
Es verlieh ihm Macht, dass alle vor ihm zitterten. Er liebte dieses Gefühl. Nur dadurch fühlte er sich stark. Macht haben über andere verschaffte ihm Vergnügen, so wie es anderen Leuten Vergnügen bereitete, Schokolade zu essen oder zu küssen.
»Alles okay?«
»Ja.« Sie umklammerte den Rucksack. »Wohin fährst du mich?«
»Zum Büro des Sheriffs.« Er sah sie an. »Mein großer Bruder
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