Wizards of Nevermore Bd. 1 - Eine Hexe in Nevermore
nicht.«
»Mich lieben?« Gray wurde von Panik erfasst. »Unsere Beziehung ist, nun ja, klar definiert. Ich kümmere mich um sie und sie sich um mich. Aber es war keine Liebesheirat.«
Ember sah ihn lange an, dann lachte sie. »Oh Göttin! Das glauben Sie am Ende wirklich, was?«
Diese Reaktion irritierte Gray. Nur weil ihre Ehe eine Art Geschäftsabkommen war, bedeutete das nicht, dass sie sich nicht trotzdem verstanden. Ein bisschen Spaß war ja wohl erlaubt. »Meine Beziehung zu Lucinda ist nicht Ihre Angelegenheit.«
»Ui, ui, ui. Wie lange soll sie denn Ihre Frau bleiben?«
»Bis sie von dem Fluch befreit ist und Bernard nicht länger eine Bedrohung für sie darstellt.«
»Ich verstehe.« Ember nickte. »Und wenn ich Ihnen sagen würde, ab heute ist sie von diesem Fluch und von ihrem Feind befreit, würden Sie sie dann gehen lassen?«
»Ja.« Gray antwortete, ohne zu zögern, aber der Gedanke, Lucinda würde ihn heute noch – oder an einem anderen Tag – verlassen, machte ihn traurig. »Aber das wird ja nicht passieren.«
Ember betrachtete ihren Becher und seufzte. »Alles, was sein wird, ist bereits in die Wege geleitet. Sie brauchen alles, was in Ihnen steckt, um zu gewinnen, Gray. Alles.«
Grays Magen krampfte sich zusammen. Bisher wusste niemand von seinem Geheimnis. Lucinda würde er es gern verraten, denn ihr wollte er alles erzählen. Nichts sollte zwischen ihnen stehen, vor allem keine Wand aus Zweifeln und Lügen. Aber er hatte Angst davor, ihr die Wahrheit zu sagen – auch wenn er das nicht gerne zugab. Was, wenn es ihr Angst machte, was in jener Nacht mit ihm geschehen war? Was, wenn sie sich deshalb von ihm abwandte? Die Göttin möge ihm beistehen, aber er wollte weder Ekel noch Mitleid von ihr.
Die Frage war nur: Konnte Lucinda einen Mann akzeptieren, der einen schlafenden Dämon in sich trug?
Lucinda drehte am Knopf des Radios, während sie die Straße entlangfuhr, um einen Sender zu suchen, in dem etwas anderes außer Countrymusik lief. Doch sie hatte kein Glück. Na ja, Texas war nun mal das Land der Cowboys und offensichtlich auch das Land der traurigen Songs, denn ständig jammerte jemand darüber, etwas verloren zu haben: sein Herz, den Wagen, den Hund, die Ranch, die Gitarre.
Seufzend schaltete sie schließlich ganz aus.
Es war nett gewesen, mit Mordi zu plaudern. Die Frau war ein bisschen merkwürdig, hatte aber trotzdem eine sehr angenehme und charmante Art. Nachdem sie einen Grabstein für Cathleen ausgesucht hatte, war Lucinda an Marcys Grab gegangen. Mordi hatte ihr zugeredet, mit der Toten zu sprechen. Es sei befreiend. Also setzte sich Lucy auf den frisch ausgehobenen Hügel Erde und suchte nach bedeutsamen Worten. Doch es fiel ihr schwer, mit der Erde zu sprechen. Da waren sie nun, sie und Marcy, umgeben von Stille und Bedauern.
Ob Gray die Reinigungszeremonie im Café schon beendet hatte? Wo würde er als Nächstes weitermachen? Noch immer konnte sie nicht fassen, wie schnell er zu ihrem Sicherheitsnetz geworden war. Nichts Schlimmes konnte ihr passieren, so empfand sie es jedenfalls, wenn er sich nur in ihrer Nähe befand. Es kam ihr egoistisch vor, sich dieses Gefühl für den Rest ihres Lebens zu wünschen, aber das tat sie. Und auch er sollte sich sicher fühlen.
Irgendetwas wollte er ihr schon die ganze Zeit sagen, das spürte Lucinda. Als sie ihm erzählte, wie seine Narbe während seines Albtraums geglüht hatte, war er ganz unruhig geworden. Dennoch hatte er sich ihr nicht anvertraut, sondern nur schnell das Thema gewechselt.
Es fiel ihr zunehmend schwerer, sich einzugestehen, dass ihre Beziehung nur von temporärer Dauer war. Schlimmer noch. Da war dieser Schmerz in ihrer Brust, immer wenn sie ihn ansah oder an ihn dachte. Es war das Echo der Verzweiflung. Denn Bernard würde sie finden.
Nevermore war Grays Stadt. Ich bin die Stadt, die Stadt ist ich. Ja. Er begann jetzt damit, diese Wahrheit zu leben. Selbst wenn er sie dauerhaft unter seinen Schutz stellen würde – sie konnte nicht in Nevermore leben, ohne mit ihm zu leben.
Als sie den Hügel erreichte, bemerkte sie einen jungen Mann. Er ging wankend die Straße entlang und schien Selbstgespräche zu führen. Er war von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, und Lucinda erinnerte sich an eine andere Begegnung mit ihm – auf Marcys Leichenmahl.
Sie hielt an. Die Scheiben waren bereits heruntergelassen, um die frische Frühlingsluft hereinzulassen. »Trent!«
Er blieb stehen und drehte sich zu ihr
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