Wo bist du
waren sie beide noch ziemlich weit vom Rentenalter entfernt.
»Aber hier kannst du für dieselbe Miete in einem Haus mit Garten leben, du atmest saubere Luft und kannst trotzdem in New York arbeiten. Du hast alle denkbaren Vorteile.« »Worauf willst du hinaus, Philip? Machst du etwa Pläne, du, der unverbesserliche Sponti?«
»Hör auf, dich über mich lustig zu machen.«
»Du hast keinen Humor, aber du bringst mich zum Lachen, das ist alles. Du bist nie in der Lage, mir am Morgen zu sagen, ob wir am Abend zusammen zum Essen gehen, und jetzt fragst du mich, ob ich mich mit dir in der Provinz niederlassen könnte. Entschuldige, aber was für ein Sprung ins Ungewisse!«
»Nur Schwachköpfe ändern nie ihre Meinung.«
Sie schlenderten zurück ins Zentrum, wo er sie zum Essen einlud. Als sie Platz genommen hatten, griff sie nach seiner Hand.
»Also bist du in der Lage, deine Meinung zu ändern?», fragte Mary. »Das ist heute irgendwie ein besonderer Tag, es soll ein Fest sein, kannst du nicht das Thema wechseln?«
»Du hast Recht, Philip, das ist ein ganz besonderer Tag. Du führst mich zum Fenster der Frau, von der dein Leben besessen ist.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Nein, Philip, du bist es, der das glaubt.«
»Aber ich sitze hier heute Abend mit dir, nicht mit ihr.«
»Und ich, Philip, ich denke an morgen Abend.«
Vierzehn Tage später und mehrere Tausend Kilometer von dort entfernt saßen eine andere Frau und ein anderer Mann zusammen beim Abendessen. Der Diebstahl im Lager war noch immer nicht geklärt. Die Tür war fortan mit Kette und Vorhängeschloss versehen, zu dem nur Susan einen Schlüssel besaß, was innerhalb ihres Teams für gewissen Unmut gesorgt hatte. Sandra verhielt sich ihr gegenüber zunehmend feindselig und widersetzte sich derart impertinent ihren Anordnungen, dass Susan ihr hatte drohen müssen, einen Bericht nach Washington zu schicken, damit man sie zurückholte. Melanie, einer Ärztin, die in Puerto Cortes arbeitete, gelang es schließlich, die Gemüter zu besänftigen, und das Leben der honduranischen Einheit des Peace Corps konnte wieder seinen gewohnten Lauf nehmen. Thomas, der Leiter der Ambulanz, mit dem sie die kurze Affäre gehabt hatte, hatte sie unter einem beruflichen Vorwand gebeten, ihn aufzusuchen.
Sie war am frühen Abend in die Stadt gefahren und wartete draußen vor dem Gebäude auf ihn. Als er herauskam, zog er seinen weißen Kittel aus und warf ihn auf den Rücksitz des Jeeps. Er hatte einen Tisch auf der Terrasse eines Hafenrestaurants reserviert. Sie nahmen Platz und bestellten zwei salva vida, bevor sie die Speisekarte studierten.
»Wie läuft's bei euch?«, fragte sie.
»Zu wenig Material, zu wenig Personal, das Team ist völlig überarbeitet, wie immer. Und bei dir?«
»Ich habe den Vorteil oder Nachteil, dass wir nur sehr wenige sind.« »Soll ich dir ein paar Leute schicken?«
»Nicht vereinbar mit dem, was du gerade gesagt hast.«
»Du hast das Recht, die Schnauze voll zu haben, Susan, du hast das Recht, müde zu sein, und du hast auch das Recht aufzuhören.«
»Lädst du mich zum Essen ein, um mir so einen Mist aufzutischen?« »Erstens habe ich nicht gesagt, dass ich dich einlade ... Alle finden, dass seit ein paar Wochen irgendwas mit dir nicht stimmt. Du bist aggressiv, und wie ich höre, ist dein Stern im Dorf am Sinken. Wir sind nicht hier, um uns unbeliebt zu machen, du musst dich besser in den Griff bekommen.«
Der Kellner brachte zwei Teller mit tamal, sie schlug das Bananenblatt auseinander und breitete das Püree mit dem Schweinefleisch darin aus. Thomas gab reichlich von der pikanten Sauce dazu und bestellte noch zwei Bier. Die Sonne war zwei Stunden zuvor untergegangen, und das Licht des fast vollen Mondes hatte etwas Geheimnisvolles. Sie wandte den Kopf ab und betrachtete den Widerschein der Kräne, der auf der Wasseroberfläche tanzte.
»Bei euch Typen hat man anscheinend kein Recht darauf, mal einen Fehler zu machen!« »Ebenso wenig wie Ärzte - Männer oder Frauen! Du bist ein Glied in der Kette, auch wenn du die Führung hast. Wenn du versagst, ist die ganze Mechanik im Eimer!«
»Bei uns wurde eingebrochen, und das macht mich ganz krank. Ich kann nicht zulassen, dass wir hier sind, um ihnen zu helfen, und dass die sich gegenseitig beklauen.«
»Mir gefällt nicht, wie du »die« sagst. Glaubst du etwa, bei uns in den Krankenhäusern wird nicht geklaut?«
Er nahm seine Serviette, wollte sich die Finger abwischen. Sie
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