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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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daß sie aussehen, als würden sie schon beim leisesten Grollen der Erde ins Meer hinabrutschen. Und noch dazu grummelt ständig der nach wie vor beängstigend aktive Vesuv im Hintergrund. Zuletzt brach er 1944 aus; damit ist dies seine längste Ruheperiode seit dem Mittelalter. Hört sich alles nicht gerade ermutigend an, oder?
    Lange starrte ich über das Wasser zu den Lichtern von Pozzuoli hinüber und horchte auf ein dumpfes Grollen oder auf die Geräusche berstender Erde, aber nichts dergleichen war zu hören, nur das Brummen eines Flugzeuges hoch über mir, wo ein blinkender roter Punkt gemächlich über den Himmel wanderte, und das beruhigende Rauschen des Verkehrs im Hintergrund.

    Über die abenteuerlich steile und prachtvolle Via da Maio ging ich am nächsten Morgen zum Hafen von Sorrent hinunter und setzte im strahlendsten Sonnenschein an Bord eines fast leeren Luftkissenbootes nach Capri über, eine bergige, grüne Felsnase fünfzehn Kilometer vor der Westspitze der Halbinsel Sorrent. Der erste Eindruck von Capri war nicht gerade vielversprechend. Um den Hafen hatten sich ein paar 208
    unansehnliche Läden, Cafés und Kartenverkaufsstellen der verschiedenen Reedereien angesiedelt, die allesamt geschlossen zu sein schienen. Mit Ausnahme eines Seemanns, der träge das Boot am Kai vertäute, war keine Menschenseele zu sehen. Vom Hafen führte eine Straße fast senkrecht einen Berg hinauf, und am Straßenrand verkündete ein Schild CAPRI 6 KM.
    »Sechs Kilometer«, kreischte ich. Ich hatte zwei völlig unbrauchbare Reiseführer von Italien im Gepäck, so unbrauchbar, daß es sich nicht einmal lohnt, ihre Titel zu nennen, höchstens vielleicht zu sagen, daß der eine hätte Laß uns einen anderen Reiseführer kaufen heißen sollen; der andere war Fodor’s (ich habe grad eben gelogen), und keinem von beiden war auch nur andeutungsweise zu entnehmen, daß das Städtchen Capri kilometerweit vom Hafen entfernt lag, und zwar auf dem Gipfel eines vertikalen Berghanges. In beiden Büchern klang es, als müsse man nur das Schiff verlassen, und schon wäre man da. Doch vom Hafen aus betrachtet, schien das Städtchen hoch oben in den Wolken zu liegen.
    Die Seilbahn, die den Berg hinauffuhr, war außer Betrieb. (Ätsch!) Am Hafen standen weder Busse noch Taxis, nicht einmal ein Esel. Seufzend setzte ich mich in Bewegung. Auch wenn einige hübsche Villen und der Blick über das Meer ein wenig für die Strapazen entschädigten – es war ein zermürbender Aufstieg. In langgezogenen Serpentinen schlängelte sich die Straße den Berg hinauf, und nach einer Weile erreichte ich eine sich steil bergauf windende Treppe, die von der Straße auf einem direkteren Weg in die Stadt zu führen schien. Ich entschied mich für die Treppe. Nie zuvor habe ich eine so lange Treppe gesehen. Sie nahm und nahm kein Ende. Zu beiden Seiten war sie von getünchten Hauswänden umschlossen und führte stellenweise durch einen Tunnel aus duftenden Sträuchern. Es war wunderschön, doch etwa nach der dreihundertsten Stufe war ich so verschwitzt und außer Atem, daß ich für all die Schönheit keinen Sinn mehr hatte.
    Die unregelmäßige Struktur des Berges ließ ständig den Eindruck entstehen, als läge der Gipfel in greifbarer Nähe, doch dann bog ich um eine Ecke, und vor mir erhoben sich weitere hundert Stufen, und die Stadt lag noch immer in weiter Ferne. Ich stolperte weiter, taumelte keuchend von Wand zu Wand. Speichel rann mir aus dem Mund. Drei Frauen in Schwarz, die mir mit ihren Einkaufstaschen entgegen kamen, beobachteten mich mit besorgtem Interesse. Nur der Gedanke, daß ich der erste Mensch sein würde, der Capri aus eigener Kraft erklommen hat, hielt mich aufrecht. Was immer mich da oben erwarten würde, es würde mir gehören, mir allein. Endlich standen die Häuser dichter beieinander, und die Treppen gingen in eine steile, kopfsteingepflasterte Gasse über. Ich schritt durch einen Torbogen und stand unversehens auf einem der hübschesten Plätze, die ich je gesehen habe. Es wimmelte von deutschen und japanischen Touristen. Mir strömten die Tränen übers Gesicht. Ich nahm ein Zimmer im Hotel Capri. 
    »Toller Name. Wie lange habt ihr gebraucht, um darauf zu kommen?« fragte ich den Manager des Hotels, doch der schenkte mir nur diesen gewollt verächtlichen Blick, den europäische Hotelmanager immer für amerikanische Touristen und andere Insekten übrig haben. Ich weiß gar nicht, warum er so arrogant war, denn es handelte

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