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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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anhaben können. In Genf folgte ich ihnen aus dem Zug und durch die Bahnhofshalle, während sie angeregt über Leute plauderten, deren Köpfe in Waffeleisen gesteckt oder deren Zungen am Teppich festgenagelt worden waren.
    Ich sah ihnen eine Weile nach, schlug dann eine andere Richtung ein und folgte meinem in dieser Hinsicht unfehlbaren Instinkt in das schäbigste, unfreundlichste Hotel seiner Klasse in Genf, ein Etablissement mit dem passenden Namen Terminus.
    Da mich dort nichts hielt, begab ich mich geradewegs zur Union Bank of Switzerland in der Rue du Rhône, um meine Ersatzansprüche für die Visa Reiseschecks geltend zu machen. Ich hatte angenommen, daß die Angelegenheit reibungslos und zügig vonstatten gehen würde. Eines hatte ich jedoch nicht bedacht: In der Schweiz lautet die oberste Devise »Traue niemandem«. Es dauerte fast den ganzen Nachmittag.
    Zunächst mußte ich mich in einem kleinen Raum im Untergeschoß in eine lange Schlange einreihen. Vor mir standen lauter verschleierte Frauen und Männer in Nachthemden, und alle wollten sie komplizierte Überweisungen von einer arabischen Sanddüne zur anderen tätigen. Dokumente mußten erstellt werden, riesige Stapel bunter Geldscheine wurden gezählt, und hin und wieder schlachtete man eine Ziege und betete zu Allah. Eine Stunde verging, bis ich endlich den Schalter erreicht hatte. Dahinter saß eine Blondine, die ihren Job offensichtlich ebensosehr haßte wie jedes Lebewesen auf diesem Planeten. Sie forderte mich auf, mich auszuweisen und ihr die Geheimnummer zu nennen, die man mir telefonisch nach Florenz durchgegeben hatte. Mit gesenkter Stimme und unter ängstlichen Seitenblicken nannte ich ihr die Nummer und wurde sodann angewiesen, Platz zu nehmen.
    »Oh, danke«, sagte ich mit meinem liebenswürdigsten Iowa-Lächeln, »aber so viel Bargeld paßt nicht in meinen Koffer. Können Sie mir nicht einfach Schecks ausstellen?«
    »Sie müssen sich jetzt hinsetzen und warten. Der Nächste.«
    Eine dreiviertel Stunde später wurde ich wieder an den Schalter zitiert. Nun händigte man mir ein Antragsformular aus und ließ mich abermals Platz nehmen, um es auszufüllen. Es war ein äußerst umfangreicher und ärgerlicher Fragebogen. Man wollte nicht nur in allen Einzelheiten von mir wissen, wie ich so leichtsinnig hatte sein können, die mir von Visa anvertrauten Reiseschecks zu verlieren, sondern fragte nach der Nummer des Polizeiberichts, nach der Adresse der Polizeistation, bei der ich Anzeige erstattet hatte, und stellte darüberhinaus jede Menge absolut irrelevanter Fragen. So mußte ich meine Größe, mein Gewicht und meine Hautfarbe angeben. »Was zum Teufel hat meine Hautfarbe mit den Reiseschecks zu tun?« schimpfte ich, woraufhin die sympathische Oberschwester neben mir erschreckt von mir abrückte. Obendrein sollte ich auf dem Formular zwei Bürgen und eine persönliche Referenz benennen.
    Ich konnte es nicht fassen. Was war das für eine verrückte Logik? Warum sollte ich Referenzen angeben, um etwas wiederzubekommen, das mir gehörte? »Bei American Express haben sie das nicht von mir verlangt«, erklärte ich der Dame, die wie eine Krankenschwester aussah, und wieder brachte sie sich fünf Zentimeter weiter in Sicherheit. Ich beantwortete jede Frage mit einer Lüge. Ich schrieb, ich sei 1,30 Meter groß, 400 Pfund schwer und stamme aus Abessinien, wo ich meinen Lebensunterhalt mit dem Einfangen von Wildpferden verdiene. Bei Hautfarbe setzte ich »ocker« ein. Meine Referenzen in Geldfragen waren Michael Milken und Ivan Boesky. Als persönliche Referenz gab ich natürlich mich selbst an. Wen sonst? Ich schäumte über vor Entrüstung, als ich mich wieder ans Ende der Warteschlange stellte, die inzwischen um eine Delegation von Diamantenhändlern aus Ruanda und zwei Typen mit Kamelen angewachsen war.
    »Warum muß ich all diese dämlichen Fragen beantworten?« fragte ich, als ich mein Formular abgab.
    »Einen solchen Quatsch hab ich noch nie erlebt. Das ist doch wirklich … Quatsch.« Wenn ich mich ärgere, bin ich immer so wortgewandt. Die Frau machte mich darauf aufmerksam, daß sie das nicht zu verantworten habe; sie folge nur ihren Anweisungen. »Das hat Himmler auch gesagt!« schrie ich und hob fast vom Boden ab. Dann begriff ich, daß es keinen Sinn hatte. Ich mußte die Sache mit schweizerischer Gelassenheit zu Ende bringen, sonst würde sie mich nur wieder auffordern, Platz zu nehmen, und mich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten

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