Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau
und alle Zutaten einkaufen. Vier Euro kostet das Mittagessen derzeit bei uns. Da muss man gut rechnen, damit sich Ausgaben und Einnahmen die Waage halten. Ich hatte das große Glück, das Kantinengeschäft bei Joseph zu lernen. Heute noch vermisse ich ihn manchmal – dabei war er einer vom alten Schlag, der strikt gegen Frauen bei der Feuerwehr war. » Frauen haben nix verloren bei der Feuerwehr!«
Zustimmendes Gemurmel seiner Kameraden, die das Allerschlimmste befürchteten: » Da darf man dann wohl keine gscheiten Witze mehr erzählen.«
Was unter gscheit verstanden wurde, war allen klar: blondinenfeindlich und gerne auch mal schlüpfrig. Joseph wurde drastisch: » Darf man dann vielleicht nicht mehr rülpsen auf der Wache?«
Als gelernter Koch und Metzger fing Joseph in jungen Jahren bei der Feuerwache 1 an und blieb dort über 30 Jahre bis zu seiner Pensionierung. Irgendwann übernahm er die Kantine komplett. Wenn Joseph kochte, waren alle zufrieden. Manche vielleicht sogar glücklich. Was nicht heißt, dass Joseph nicht ausrückte. Wenn der Gong ertönt, rücken alle aus, die gerufen werden. Auch der Koch. Die Kantine ist ja nur eine Zusatzaufgabe. Jeder Feuerwehrler ist einer bestimmten Abteilung zugeteilt, in der er Dienst macht, wenn kein Alarm ist. Wir liegen keineswegs faul vor dem Fernseher. Wenn es nirgends brennt, verrichten wir unsere Dienste zum Beispiel im Fuhrpark, in der Werkstatt, bei der Hausverwaltung, auf der Bildstelle oder Pressestelle und so weiter. Die Hauptfeuerwache ist ein großes Haus, da gibt es mehr als genug zu tun. Aber um zwölf ist Mittag. Außer es brennt.
Bei Joseph kam das Essen stets pünktlich auf den Tisch. Andere Köche brauchen Helfer: Schneidest du mir mal die Zwiebeln, kannst du den Salat waschen, jetzt rennt mir die Zeit davon. Joseph machte das meiste allein.
Essen ist eines der Lieblingsthemen von Feuerwehrlern und die meistgestellte Frage lautet: » Was gibt’s heute?« Die Zubereitung der Mahlzeiten wird nur den wirklich echten Kerlen zugetraut. Ich war fast ein Jahr lang auf der Wache, da holte mich Joseph in die Kantine.
» Ich hab dich beobachtet«, ließ Joseph mich wissen. » Du kannst hinlangen. Dich brauchma in der Kantine.«
Dieser Antrag überrumpelte mich. Welch große Ehre! Und dann noch vom Joseph! Der die Kettensäge elegant wie ein Maniküreutensil führte.
» Ja, gern«, stammelte ich überrascht.
» Dann wär des geklärt«, nickte Joseph und erkundigte sich sofort nach meinen Qualifikationen:
» Kannst Kartenspielen? Wattn natürlich. Oder Schafkop fe n.«
Ich schüttelte den Kopf. War ich jetzt durchgefallen? Wo konnte ich Wattn und Schafkopfen lernen? Wie lange würde ich dazu brauchen?
» Hm«, machte Joseph nachdenklich, und es war offensichtlich, dass mein weiteres Schicksal in den Karten lag. Da grinste er. » Macht nix. Hast ein Geld parat? Dann bring ich dir des Wattn gleich bei.«
» Vielleicht sollt ma noch mit dem Schichtführer reden?«, wandte ich zaghaft ein. Schließlich war er es, der uns einteilte.
» Ach so. Der. Ja. Ich red mit ihm.«
Ohne viel Aufhebens wurde ich ab dem nächsten Wachtag in die Küche befördert. Aber dem Wachleiter, dem Chef der gesamten Feuerwache 1, machte das durchaus Kopfzerbrechen, wie ich später erfahren sollte. Denn Joseph und seine Jungs, alles gestandene Mannsbilder über 40, waren berüchtigt für ihren ungehobelten Umgangston. Ich hingegen war die erste Frau in der Wachabteilung A und stand damit quasi unter Artenschutz. Der Wachleiter breitete sorgsam seine Fittiche aus. Beim Kaffeeholen, wenn er mit Joseph und seiner Truppe allein war, hieß es dann so ganz nebenbei: » Und dass ihr euch fei anständig aufführt’s in der Gegenwart von dem Madl.«
Siegi beruhigte ihn: » Mach dir keine Sorgen Hermann, mia sind sicherer als wie die Pille.«
Wer noch nie in der Kantine gearbeitet hat, macht gern Witze – von wegen Kaufladen spielen und Salmonellenschuppen. In Wirklichkeit ist der Dienst in der Kantine sehr stressig. Wenn die Kollegen von einem Einsatz kommen – an dem der Küchendienst womöglich beteiligt war – und Pause machen, wird in der Kantine gearbeitet. Das Rollo vor dem Mannschaftsraum wird heruntergefahren – dabei handelt es sich nicht darum, die Salmonellen zu verstecken, sondern um eine einfache hygienische Maßnahme. Die Kollegen sehen also gar nicht, was jetzt abläuft: putzen, Bestellungen aufnehmen, Essen vorbereiten, kochen. Kaum hat man eine Minute Ruhe und
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