Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau
würde die Geburt nun losgehen. Voller Vorfreude machten sich die werdenden Eltern auf den Weg. Als sie im Krankenhaus ankamen, waren bei dem Kind keine Herztöne messbar. Notkaiserschnitt. Die Klinik rief den Kindernotarzt dazu, und dann wurden wir alarmiert, der Neugeborenennotarzt.
Der kleine Junge lag voll entwickelt auf einem Tisch. Um ihn herum standen viele Menschen, die sein Leben retten wollten. Jeder gab sein Bestes, alles wurde versucht. Doch der Junge reagierte nicht. Wir hofften, dass sich irgendwann ein Lebenszeichen einstellte. Doch es geschah nichts. Gar nichts. Dann sagte der Kindernotarzt: » Wir hören jetzt auf.«
Keiner von uns wollte dieses Kind aufgeben, doch wir wussten, dass wir an eine Grenze gestoßen waren. Das Kind war tot. Verkabelt lag es auf dem Tisch, dieses kleine Wesen, das keinen ersten Schrei getan hatte. Das EKG zeigte die Nulllinie. Wir begannen aufzuräumen. Da, auf einmal: ein Piepsen. Wir starrten auf den Monitor. Eine Kurve! Zwei, drei Minuten nach Einstellung der Maßnahmen! Sofort überprüfte der Neugeborenennotarzt die Situation. Er legte sein Stethoskop über das Herz. Ein schlagendes Herz kann man hören. Doch da war nichts. Er schüttelte den Kopf. » Adrenalin«, sagte er leise. Die Kurve war auf eine rein elektrische Reaktion zurückzuführen. Mechanisch herrschte noch immer Totenstille.
Dieses Piepsen und die Kurve berührte uns alle noch mehr. Der Hebamme und einer Ärztin liefen die Tränen übers Gesicht. Auch manche Männer schluckten schwer.
Wir befreiten das tote Kind von den Elektroden und Infusionsnadeln, wickelten es wie ein lebendiges Neugeborenes in ein weißes kuscheliges Handtuch, und die Hebamme brachte es zu seiner Mutter, damit sie sich verabschieden konnte.
In Ghana an der Giftwolke
In fernen Kulturen ist die Einstellung zum Leben und Sterben oft eine andere als bei uns. Einen Notarzt gibt es auch nicht überall … und wie ist es dann? Das interessierte mich, und ich beschloss, meinen Jahresurlaub 2006 als Praktikantin irgendwo weit weg zu verbringen. Meine Wahl fiel auf Westafrika. Heute ist Accra, die Hauptstadt von Ghana, vielen Menschen ein Begriff, und zwar durch ein Foto, das vor rund zwei Jahren um die Welt ging. Es zeigt einen Jungen, der auf einem giftigen, rauchenden Müllberg in Agobogbloshie, einem Stadtteil von Accra, steht. Die Einheimischen nennen diese Gegend » Vorhof zur Hölle«. Kinder und Jugendliche sind hier tagein, tagaus damit beschäftigt, Gummiummantelungen von Kabeln abzulösen. Agobogbloshie gilt als größter Elektroschrottplatz der Welt. In Bodenproben wurde eine Konzentration von Schwermetallen gefunden, die bis zu 50-mal über den gesundheitlich als unbedenklich geltenden Werten liegt.
Mein Praktikum fand in einem Umfeld statt, von dem diese Kinder nur träumen konnten: im besten Krankenhaus der Stadt, das für unsere Verhältnisse eher einem Alptraum gleicht. Schnell vergaß ich zwei meiner Beweggründe, warum ich mich auf dieses Abenteuer eingelassen hatte: Erstens hatte ich mein Englisch aufpolieren wollen – das Englisch, das hier gesprochen wurde, erinnerte lediglich rudimentär an die Sprache, die ich gelernt hatte. Zweitens wollte ich mich nach einer relativ frischen Trennung ablenken.
Das funktionierte auch … zumindest manchmal. Ich stieg aus dem Flugzeug, und alles war anders. Allein die Luft. Diese Hitze. Und dann die Blicke. Alle schauten mich an. Kinder liefen mir nach und wollten mich berühren, rieben an meiner Haut: Geht die Farbe ab? Nein, aber das Weiß wurde bei der intensiven Sonneneinstrahlung schnell rot.
Wer glaubt, in Deutschland wäre die Bürokratie erfunden worden, sollte einmal nach Ghana reisen. Für jede Nichtigkeit wurden hier drei bis sieben Formulare angefordert. Es gab keine geregelte Trinkwasserversorgung, die Kanalisation verlief in offenen Gräben – und das bei Tagestemperaturen von 40 Grad Celsius. Es gab auch keinen Strom für alle, und schon gar nicht dauerhaft. Mal war er da, dann wieder nicht. Aber trotzdem funktionierte alles. Auf seine Art und Weise. Accra hat immerhin rund doppelt so viele Einwohner wie München.
Ich hatte mich auf die fremde Kultur vorbereitet – theoretisch. Einen Kulturschock erlebte ich trotzdem, denn die Wirklichkeit sah anders aus als im Reiseführer. Die erste Lektion, die ich lernen musste, war Geduld. Zeit hat in Ghana eine völlig andere Bedeutung als in Deutschland. Niemand beschwert sich darüber, dass die U-Bahn fünf Minuten
Weitere Kostenlose Bücher