Wo der Elch begraben liegt
Sängerin hängen. Es war ein langes Interview, das sie am Tag zuvor in ihrer Suite im Grand Hotel gegeben hatte. Frida überflog den Text. Während sie las, bildete sich langsam ein Gedanke in ihrem Kopf: Das Interview war doch bereits erfolgt. Wieso saß Peter da vorne im Lokal und bemühte sich um ein Interview, das sie schon gegeben hatte? Darauf war er anscheinend gar nicht aus. Wenn er Pluspunkte sammeln wollte, musste er mit einer anderen Nachricht kommen… die Party des Popstars mit dem Reporter der Zeitung. Er würde überhaupt nicht zurückkommen. Die erste Runde war bloß der Anfang von etwas, das noch die ganze Nacht weitergehen würde. Die Gedanken wirbelten in Fridas Kopf umher, während sie auf der ganz und gar nicht glamourösen Toilettenschüssel saß und pinkelte. Sie trocknete sich die Hände ab, blickte selbstbewusst in den Spiegel, warf die Zeitung in den Papierkorb und lief mit ruhigen, aber entschiedenen Schritten zu Peter und der feucht-fröhlichen Truppe. Obwohl er sah, dass sie auf ihn zukam, blickte er nicht auf. Trotzdem ging sie weiter und stellte sich neben ihn. Schluss mit dem Unsinn, dachte sie. Jetzt war es genug.
» Hallo. Möchtest du mich deiner Begleitung nicht vorstellen?«, sagte sie und blickte Peter mit einem überdeutlich breiten Lächeln an.
Peter und seine Tischdame sahen auf. Der Popstar blickte sie an und reichte ihr intuitiv die Hand.
» Hi. Nice to meet you. How are you?«, sagte sie und ließ ihr einstudiertes Lächeln erstrahlen.
» I’m fine, thank you. And soon I will be even better«, erwiderte Frida und ergriff die kleine Teenagerhand.
» Verdammt, Frida«, zischte Peter über die Schulter. » Kannst du nicht so lange da vorne warten?«
» Nein, Peter. Ich werde nirgendwo mehr warten.«
» Jetzt hab dich nicht so. Verdirb mir das hier nicht. Ich hab hier vielleicht ’ne Riesensache an der Angel.«
» Aber klar. Das wirst du immer haben, und es wird immer das Wichtigste sein.«
» Müssen wir das jetzt besprechen? Wir können doch später reden, wenn wir nach Hause kommen.«
» Nach Hause zu deinem ekligen, schmuddeligen Bettlaken in deiner schäbigen Bruchbude?«
» Was haben meine Bettlaken damit zu tun?«
» Du konntest ja nicht mal dein Bett neu beziehen, obwohl du wusstest, dass ich komme.«
» Halt die Klappe. Du störst. Mach mir das jetzt nicht kaputt.«
Frida holte tief Luft. Er hatte sie tatsächlich gebeten, die Klappe zu halten. Die Klappe halten?! Frida holte noch einmal Luft.
» Jetzt begreife ich endlich, was für ein Blender du bist.«
» Wovon redest du?«, blaffte Peter.
» Der Begriff Blender, mein Lieber, sollte dir doch bestens bekannt sein. So sagt man doch, wenn jede ehrliche Absicht vollständig fehlt, wenn alles nur Bluff und Schwindel ist. Genau so bist du, Peter. Ein hundertprozentiger Blender, durch und durch. Und übrigens, du siehst aus, als hättest du deine Klamotten im Ramschladen gekauft. Und so ein alberner Stureplan-Möchtegerntyp ist das letzte, was ich haben will.«
» Aber…?«, sagte Peter, doch Frida hatte ihren Blick bereits abgewandt und lächelte nun den kleinen Popstar breitan.
» Enjoy Stockholm, very nice meeting you«, sagte sie.
» Nice meeting you, too. Take care«, gab die Sängerin ihre Standardantwort zum Besten.
Ohne Peters fragenden Blick zu beachten, drehte sich Frida um. Sie erinnerte sich an Åkes Worte, dass sie ein Hotel nehmen könne, und verließ mit beschwingten Schritten zielbewusst das Lokal.
Gunnel hatte ihre drei Bissen eingelegten Hering mit kalten Kartoffeln und gekochtem Ei gegessen. Danach hatte sie ihren kleinen Abwasch erledigt und räumte nun alles wieder ein. Besonders viel Abwasch gab es nie. Eine Tasse, einen Löffel, einen Teller, ein Glas, ein Messer und eine Gabel. Zwischendurch mal einen Topf. Nicht wie früher, als die Kinder noch klein waren und ständig Saftgläser, Kuchenteller und Fleischschüsseln zu spülen waren. Sie wischte über die Arbeitsplatte und hängte den Spüllappen über den Wasserhahn. Dann öffnete sie den Küchenschrank, um sich zu vergewissern, dass sie auch ihre Medikamente genommen hatte. Ja, das hatte sie, die fürs Herz und die gegen die Angst. Alles war, wie es sein sollte, gleichwohl blieb sie mitten in der Küche stehen. Die Eierbecher waren in ihr Blickfeld geraten. Es gab gewöhnliche, einfache Becher aus Holz und ein paar aus Porzellan, die wie Hähne geformt waren. Oft hatte es Kämpfe gegeben, wer welchen Becher bekommen
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