Wo der Elch begraben liegt
rote Auto«, flüsterte sie, an Fridas Schulter gelehnt.
» Wie, was denn noch?«, fragte Frida behutsam.
» Er rief an, als sie noch zehn Minuten entfernt waren. Er hatte es versprochen, weil ich auf der Treppe stehen und sie begrüßen wollte.«
» Wer? Erik?«
» Ja, Erik. Ich sagte, wie schön es sei, ihn endlich wieder zu Hause zu haben.«
Gunnel lachte. Frida stimmte ein.
» Da sagte er, ich solle mich daran erinnern, dass es nur ein Test sei. Sie würden es ein Jahr probieren und dann weitersehen.«
» Aha…?«
» Und ich erwiderte, dass man nicht zur Probe nach Hause ziehen und den Hof übernehmen könne, denn das sei schließlich eine Lebensaufgabe mit Verantwortung und…«
Gunnel verstummte. Ihr Blick richtete sich auf den Wald und verharrte dort, stumm und nach innen gekehrt. Frida wartete. Erst nach ein paar Minuten kam Gunnel wieder zur Besinnung.
» Wir waren uns also uneinig. Und dann sagte er, er könne wegen des Verkehrs nicht gleichzeitig fahren und telefonieren, und ich sagte, er dürfe seine Mutter jetzt nicht so abfertigen. Er wollte etwas erwidern, und dann hörte ich Marie schreien, dann ein weinendes Kind, und dann wurde es still, und die Leitung war unterbrochen.«
Gunnel fing an zu schluchzen. Frida legte ihren Arm um die zitternde kleine Frau.
» Es war mein Fehler«, flüsterte Gunnel. » Ich trage die Schuld.«
Ein Lastwagen fuhr vorbei, ein Traktor wurde von einem blauen Volvo überholt, und eine Krähe krächzte auf der Spitze eines schwankenden Asts am Waldrand. Die beiden Frauen saßen einfach nur da und ließen Gunnels Worte nachwirken.
» Hätte ich ihn nicht gebeten, mich anzurufen, wäre das nicht passiert… Es war mein Fehler«, wiederholte Gunnel.
Nichts hatte sich verändert. Alles hatte sich verändert. Frida hielt Gunnel umarmt und wartete.
» Durch einen Anruf stirbt niemand«, sagte sie schließlich. » Sie haben jetzt lange genug hier gesessen. Ich glaube, Erik hätte gewünscht, dass Sie sich selbst verzeihen.«
» Ich kann mir nicht verzeihen. Das werde ich niemals können. Es ist zu spät. Daran lässt sich nichts mehr ändern.«
Frida holte tief Luft und entschied, den Vorstoß zu wagen. »Es ist nicht zu spät für Johan«, sagte sie leise.
» Johan…?«
Frida biss sich auf die Unterlippe. »Ich bin in Stockholm gewesen und habe ihn besucht. Er möchte hierherziehen. Johan, Rosita, Hampus und Linus…«
Gunnel hob langsam den Kopf. Ein neuer Glanz war in ihre verweinten Augen getreten. » Johan? Er will nach Hause kommen?«
Frida nickte.
In der folgenden Woche brach in Bruseryd hektische Aktivität aus. Aliana sollte in der Schule anfangen, Trine musste zu einer Untersuchung beim Kinderarzt, Björkman musste den Pflug reparieren, nachdem Frida ihn gebeten hatte, den Acker am Sommerhaus zu pflügen, und Eiwor Svantesson und Helen Skogby planten bereits die Kuchenauswahl für das Treffen im Missionshaus in der Woche danach. Anders Skogby hatte Kontakt mit Magnus Nyström von Cartago Copy aufgenommen und von seiner Sekretärin die Zusage bekommen, dass er sich am folgenden Dienstag um achtzehn Uhr in Bruseryd einfinden würde. Die Arbeitsgruppe hatte sich erneut getroffen und war die Zahlen wieder und wieder durchgegangen. Wenn Johan Stålnacke rechtzeitig ins Melderegister eingetragen wurde, wären sie insgesamt neunundneunzig Einwohner. Es fehlte also eine Person. Eine einzige. Frida hatte mit dem Gedanken gespielt, sich selbst anzumelden, wusste aber gleichzeitig, dass sie in diesem Fall riskierte, ihren Mietvertrag in Göteborg zu verlieren. Dieser Preis war ihr etwas zu hoch. Frida war der Ansicht, dass Åke Henry Lagerwall fragen sollte. Er könnte sich doch wohl für eine kurze Zeit in Bruseryd anmelden. Frida kam auch der Gedanke, Micke Molotov zu fragen, doch die Idee war ihr zuwider. Vermutlich hatte er ohnehin seine Gründe, sich nicht im Ort anzumelden, sonst hätte er es sicher schon längst getan. Frida verfasste stattdessen kurze Notizen, Artikel und Reportagen. Endlich war sie dazu gekommen, » Ein Tag in der Tierklinik« zu schreiben, und bekam in allen Ausgaben eine ganze Seite mit schönen Fotos, die sie selbst geschossen hatte und die Skogby bei der Geburt eines Fohlens zeigten. Im Laden des Alkoholmonopols erstand sie guten Rotwein und kaufte Rehrücken und Pfifferlinge, um Cilla bei ihrer Ankunft ein Festessen bereiten zu können.
Cilla kam und weinte. Sie weinte, weil Janne von seiner Frau wieder gnädig aufgenommen
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