Wo der Elch begraben liegt
durch Schweden verfasst, über die Mutter und die Schwestern, und dann… dann hätte er Aliana vermutlich der Polizei oder dem Jugendamt übergeben. So war er nun mal. War das eigentlich anziehend?
Trotz allem entschied sich Frida, es mit Ullared zu versuchen, und bog außerhalb von Varberg auf die Landstraße 153 ab. Die Straße war gerade, und der Wind blies heftig über das offene Gelände. Dicht hintereinander fahrende Lastwagen, die von ihren Liefertouren zum ein paar Kilometer entfernt liegenden Kauftempel zurückkehrten, kamen unangenehm dicht an die Mittellinie heran. Frida musste sich sehr konzentrieren, um den Wagen auf der Straße zu halten. Das Gelände ringsum verwandelte sich in eine Hügellandschaft, und die Straße wurde enger und kurviger. Als sie fast in Rolfstorp waren, stoppte Frida den Wagen an einer Bushaltestelle und weckte Aliana vorsichtig.
» Jetzt sind es nur noch ein paar Kilometer bis Ullared. Wenn das der Weg ist, den ihr gekommen seid, erkennst du vielleicht etwas wieder? Ich fahre langsam, dann musst du sagen, ob dir irgendwas bekannt vorkommt. Okay?«
Aliana nickte schlaftrunken, vom Essen und von der Wärme im Auto noch ganz benommen.
Frida fuhr wieder los und hatte sofort einen großen Lastwagen im Nacken, der die Lichthupe betätigte. Sie beschleunigte ein wenig, um den Fahrer bei halbwegs guter Laune zu halten. Er machte weiter Lichtzeichen, obwohl sie siebzig fuhr, wie die Verkehrsschilder es vorschrieben.
» Na, dann überhol mich doch, du Idiot!«, fluchte Frida in sich hinein.
Drei entgegenkommende Lastwagen, einer mit stark blendenden Extralichtern, und ein blinkender Lastwagen hinter ihr machten Frida unsicher.
» Da vorne hab ich meine Haarbänder bekommen«, sagte Aliana beiläufig.
Frida überhörte sie beinahe. Es kam ihr vor, als wären es nur noch zwanzig Zentimeter, die sie von den entgegenkommenden Lastwagen trennten. Hier galt es, den Wagen bloß auf der Straße zu halten. Außerdem war sie verkatert. Jetzt fehlte nur noch eine Polizeikontrolle. Plötzlich drang Alianas Bemerkung in Fridas Hirn ein.
» Was hast du gesagt?«
» Wir haben da eingekauft. In dem Laden da hinten.«
» Du meinst, wir sind jetzt nahe beim Haus?«
» Ich weiß nicht, wie nahe es ist, aber da sind wir immer reingefahren«, sagte Aliana und zeigte nach hinten.
Frida passte einen Waldweg ab, wendete im dunklen Gehölz und bog in entgegengesetzter Richtung wieder auf die Landstraße 153 ein. Aliana wies ihr die Richtung über einen trostlosen Schotterweg, und sie passierten ein paar Briefkästen an einem Gestell, einen Sicherungskasten, einen überwucherten Haufen mit Bauholz und ein verrostetes Autowrack. Dann kamen sie an einem kleinen Hof mit Stall, einem Gartengrundstück, einigen Häusern, einem Hundezwinger und ein paar Sommerhäuschen vorbei. Das Licht von der Landstraße war nicht mehr zu sehen. Nur Dunkelheit und Bäume. Sie bogen nach rechts ab, kamen an einem Lagerhaus der Armee vorbei, dann gab es wieder nur Wald.
» Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«
» Ich glaube schon. Noch etwas weiter«, sagte Aliana.
Der Weg endete. Frida hielt an, stellte missmutig den Motor ab und seufzte entnervt. »Aha. Und was machen wir jetzt?«
» Bist du böse?«
» Nein, ich wüsste nur gern, was wir jetzt tun sollen.«
» Vielleicht laufen?«, schlug Aliana vor.
Nach ein paar hundert Metern, die sie über einen matschigen Forstweg gingen, öffnete sich zwischen den hohen Fichten eine Lichtung mit einem kleinen Häuschen. Im Küchenfenster war schwaches Licht erkennbar. Vor der Tür stand ein Kinderwagen. Frida blieb auf der Treppe stehen, während Aliana in das kleine Sommerhäuschen lief und von Ermahnungen und klagendem mütterlichem Weinen in einer fremden Sprache begrüßt wurde.
Frida war mit dem Wagen etwas zurückgefahren, um wieder Handyempfang zu bekommen. Der Einzige– so hatte sie überlegt–, der ihr jetzt einen guten Rat geben könnte, war Åke. Es fiel ihm schwer, die ganze Geschichte zu verstehen, doch nachdem er nach und nach die Einzelheiten begriffen hatte, bat er sie um eine Viertelstunde Bedenkzeit. Als Frida wieder anrief, fragte er, ob sie auch sicher sei, dass die Familie eine Aufenthaltsgenehmigung hatte und es sich nicht um versteckte Flüchtlinge handelte.
» Das Mädchen sagt, dass sie eine Genehmigung hätten. Ob es stimmt, weiß ich nicht, aber sie haben sich ja frei bewegt, sind mit dem Zug gefahren und waren im Einkaufszentrum.«
»
Weitere Kostenlose Bücher