Wo der Elch begraben liegt
Und warum verstecken die sich dann in so einem abgelegenen Sommerhaus?«
» Wahrscheinlich weil sie Kriminelle sind. Zumindest die Männer in der Familie. Die Frauen sind wohl nur dabei, sitzen herum und warten.«
» Wenn das stimmt, dürfte uns vermutlich nichts hindern«, sagte Åke.
» Hindern? Woran?«
» Haben Sie nicht neulich Ihr altes Sommerhaus ausgeräumt?«
» Ja…?«, erwiderte Frida.
» Bringen Sie sie dorthin.«
Es hatte einer gewissen Überredungskunst bedurft, der alten Mutter sowie Alianas Schwester Zana die Idee schmackhaft zu machen. Schließlich hatten sie jedoch eingesehen, dass es keine andere Alternative gab, als die sich einzig bietende Gelegenheit zu ergreifen. Jetzt saßen sie im Wagen und fuhren auf der Landstraße 41 in Richtung Borås. Der alte Volvo aus Småland war erfüllt von einer anderen Sprache, von neuen Gerüchen und Geräuschen. Die Mutter saß hinten und schlief mit röchelnden Atemzügen. Zana, mit der quengeligen Trine auf dem Schoß, unterhielt sich lauthals mit Aliana und schien sie dafür verantwortlich zu machen, dass ihr Vater und die anderen festgenommen worden waren. Ein leichter Geruch nach Schweiß, Nervosität, Essensdünsten und Kindernahrung wirbelte durch das altmodische Ventilationssystem des Wagens. Zana hatte ihrem Vater einen Brief geschrieben und ihn auf dem Tisch liegen lassen, die Hälfte des Geldes aus dem Schrank genommen– achttausend Kronen– und den Schlüssel zurück in den Blumentopf gelegt, wo sie ihn einst gefunden hatten. Vielleicht würde man die Männer schon heute freilassen, vielleicht kämen sie auch für längere Zeit nicht zurück.
Frida rief Agnes an und fragte, ob es in Ordnung sei, wenn heute Nacht ein paar Gäste im Redaktionsraum schliefen. Solange es sich nicht um wilde junge Männer handelte, würde es sicher gehen, erwiderte Agnes. Das konnte Frida garantieren. Als sie in Borås auf die Landstraße nach Jönköping abbogen, fragte sich Frida, worauf sie sich da eigentlich eingelassen hatte.
Åke kam sich etwas albern vor, als er bei Hemköp in Eksjö vor dem Regal mit Windeln stand. Er wusste ja nicht mal, welche Größe sie haben sollten. Und was sollte er sagen, wenn jemand fragte? Dass er Opa geworden war? Oder dass er einer jungen Frau begegnet sei, die ihm ein Kind geschenkt habe? Als ob das irgendjemand glauben würde. Ach, er würde einfach sagen, wie es war; dass er für ein paar entfernte Bekannte einkaufte. Sehr entfernt, könnte man wohl sagen, zumal er sie nie getroffen hatte. Aber da er Frida nun mal diese Lösung vorgeschlagen hatte, musste er jetzt ja auch zur Stelle sein. Er kaufte Frühstück und Grundnahrungsmittel ein, etwas Obst und Gemüse, kam auf die Idee, dass sie wahrscheinlich Muslime waren und kein Schweinefleisch aßen, und entschied sich stattdessen für Lammfleisch, Fischfrikadellen, Käse und Kindernahrung. Wie wenig er doch über solche Dinge wusste. Er kaufte außerdem Limonade und Süßigkeiten. Und Toilettenpapier und Kreide.
Nach der Versammlung im Missionshaus hatte er wie ein Stein auf dem Redaktionssofa geschlafen, in der folgenden Nacht aber hellwach zu Hause in Eksjö im Bett gelegen. Er hatte schreckliche Angst und einen Druck auf der Brust verspürt. Er schämte sich für seine Offenheit gegenüber Frida. Wie furchtbar jämmerlich er ihr doch jetzt vorkommen musste. Ein alter Kerl– verlassen, versoffen, verheult. Behelligt eine arme Praktikantin mit seinem Kummer und seinen Sorgen– wie tief konnte ein erwachsener Mann eigentlich sinken?
Gleichzeitig verspürte er echte Erleichterung über die gelungene Versammlung. Es war ihm geglückt, den Fokus von den eventuellen Fehlern der Zeitung auf die tatsächlichen Probleme zu verlagern. Sogar Lagerwall schien danach recht erleichtert. Zufrieden wäre sicherlich zu viel gesagt, aber immerhin war er nicht ungemütlich geworden. Er hatte etwas davon gesagt, dass Engagement die Grundlage jeder Veränderung sei. Und so gesehen gab es ja durchaus neue Hoffnung. Die Zeitung hatte am Tag danach auch anständig ausgesehen. Hansson von der Redaktion aus Vetlanda hatte die anklagenden Äußerungen während der Zusammenkunft nur kurz gestreift und sich auf die Ambitionen der neu gebildeten Arbeitsgruppen konzentriert, die neue Leute in den Ort locken und den Platz auf der Landkarte zurückerobern wollten. Ein großes Foto von Eiwor, Skogby, Björkman und Mats’ Eltern auf der Treppe des Missionshauses nahm den Hauptteil der Seite ein. Im
Weitere Kostenlose Bücher