Wo der Elch begraben liegt
Småland.«
» Willst du nicht vielleicht mit mir tauschen? Du übernimmst die Stadtverwaltung, meine Wohnung und Janne, und ich gehe nach Bruseryd oder wie das heißt.«
Frida lachte angesichts dieser verrückten Idee. »Hättest du mich vor einer Woche gefragt, hätte ich bestimmt angebissen, abgesehen von Janne, aber jetzt… Nein, mit dem hier musst du selbst klarkommen.«
Frida frühstückte in der Innenstadt, machte im kalten Wind einen Spaziergang am Hafen entlang und überlegte, ob sie ihrer Mutter wohl einen Höflichkeitsbesuch abstatten müsse. Das ließ sich wohl nicht umgehen. Sie kaufte Blumen, fuhr zu ihr und wurde sogleich in eine verzwickte Diskussion verwickelt– über hoffnungslose Ärzte in den ambulanten Behandlungszentren, selbstherrliche Sachbearbeiter bei der Krankenversicherung und abtrünnige Gemüseverkäufer auf dem Markt, die sich weigerten, über bereits reduzierte Preise zu feilschen. Frida fühlte sich, als würde sie ersticken, schützte Kopfschmerzen vor und bat darum, sich hinlegen zu dürfen.
» Warum hast du letzte Nacht nicht hier geschlafen?«, fragte Mona.
» Ich wollte mich mit Cilla treffen. Wir haben uns seit Neujahr nicht mehr gesehen.«
» Aha, deine Freunde gehen also vor. Und heute Nacht?«
» Ich fahre zurück nach Småland.«
» Du ziehst die Einöde meiner Gesellschaft vor?«
Frida antwortete nicht, dachte aber: Ja, in der Tat. Wenn Mona bloß begreifen könnte, dass alles viel leichter wäre, wenn sie aufhörte, ständig Forderungen zu stellen und zu jammern. Wie viel mehr würde Mona dann zurückbekommen? Doch an diesen Punkt würde sie wohl niemals gelangen.
Als Frida nun in der Schlafnische ihres alten Zimmers lag, klingelte das Handy. Sie erkannte Alianas Nummer. Sie hatte vorher noch nie angerufen, nur SMS geschickt. Frida meldete sich und hörte ein zaghaftes leises Schluchzen in der Leitung.
» Hallo? Aliana? Bist du das? Hier ist Frida.«
Noch immer Schweigen, doch dann ein leises Weinen.
» Aliana, Liebes? Antworte doch! Bist du das?«
» Pssst«, sagte eine traurige Mädchenstimme. » Ich muss leise sprechen.«
» Was ist denn? Ist etwas passiert?«
Wieder eine Pause, dann Geraschel im Hintergrund.
» Ich verstecke mich. Die dürfen mich nicht hören. Warte mal.«
Frida wartete und lauschte angestrengt. Sie hörte Ladengeräusche, leise Musik, Lautsprecherdurchsagen, Männerstimmen, mit fremdem Akzent geäußerte Protestrufe und ein schwaches Schluchzen. Dann wieder Alianas Stimme.
» Sie gehen jetzt. Aber sie haben mich nicht gesehen.«
» Wer hat dich nicht gesehen?«, fragte Frida.
» Die Polizei. Sie hatten keine Uniform an. Sahen ganz normal aus, aber es waren Polizisten. Sie hatten Erkennungsmarken.«
» Was ist passiert?«
» Die haben ihnen Handschellen angelegt. Jetzt bin ich hier ganz allein. Ich verstecke mich im Laden. Ich weiß nicht, wie ich hier wegkommen soll.«
» Wen haben sie mitgenommen?«
» Meinen Papa, meinen Onkel und meine Brüder.«
» Wo bist du?«
» H&M«
» H&M wo?«
» Weiß nicht. Oder doch, Halmstad, glaub ich.«
» Halmstad? Was machst du denn da?«
» Ich musste ihnen helfen, als sie durchs Einkaufszentrum gegangen sind. Kannst du kommen?«
» Und deine Mama? Deine große Schwester? Wo sind die?«
» Weiß nicht. Weit weg in einem Häuschen. Die haben kein Auto und kein Telefon.«
» Gibt ’s da jemanden, der dir helfen kann und der weiß, wo du bist?«
» Nein, niemanden«, schluchzte Aliana. » Niemanden. Du hast geschrieben, dass du ein Auto hast. Kannst du kommen?«
Frida dachte kurz nach. Eigentlich gab es nichts, was sie davon abhalten würde.
» Ich bin in zwei Stunden da. Bleib, wo du bist, dann sehen wir uns bald. Hab keine Angst.«
» Mein Akku ist fast leer.«
» Bleib einfach da, wo du bist. Ich komme.«
Frida rief mehrmals an, während sie in Richtung Halmstad fuhr. Es klingelte und klingelte, aber niemand antwortete. Wahrscheinlich war der Akku leer, oder Aliana konnte aus anderen Gründen nicht ans Telefon gehen. Frida parkte am Stora Torget und betrat den H&M -Laden in der Brogatan. Diskret versuchte sie, die Boutique abzusuchen, und lief an jeder Wand und jedem Kleiderständer entlang. Sie stellte sich vor belegte Umkleidekabinen und tat so, als suche sie nach ihrer kleinen Schwester, die etwas anprobierte. Doch keine Reaktion. Frida drehte eine Runde über den Platz und schaute auch in anderen Läden nach, aber keine Spur von Aliana.
Schließlich ging zu wieder zu
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