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Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)

Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)

Titel: Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Moosbach
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schon gedacht, Sie kämen von den Wasserwerken. Na dann kommen Sie mal mit!“
    Ich beiße mir auf die Zunge. Typisch, dass sie plötzlich auf die Wasserwerke anspielt. So viel Fantasie, wie ich sie besitze, kann durchaus auch ein Fluch sein.
    Ich folge ihr durch das Haus. Abgesehen von den vielen Kartons, die sich in allen Räumen türmen, erscheint es mir ausgesprochen gemütlich. Es verfügt über zahlreiche, mit Sprossen versehene Fenster, und das honigfarbene Parkett passt wunderbar zu den weißen Räumen.
    „Es tut mir leid, dass ich Ihnen momentan nichts Professionelleres anbieten kann“, sagt Frau Glaser, während sie auf eine Rattansitzgarnitur in ihrem Wintergarten deutet, „aber, wie bereits erwähnt, lebe ich zur Zeit leider in einem absoluten Umzugschaos. Bitte nehmen Sie doch Platz!“
    Ich zögere einen Moment. An der Wand hinter Frau Glaser animiert nämlich gerade eine übergroße Kopie von Edvard Munchs „ Der Schrei “ alle Fasern meines Körpers dazu, einfach wegzulaufen. Doch die schief hängende Parodie daneben mit Homer Simpson reguliert die Panik wieder. Was für ein seltsamer erster Eindruck!
    „Was genau haben Sie auf dem Herzen?“
    Und ohne auch nur ein einziges Wort gesagt zu haben, weine ich los. „Ich habe eine lieblose Kindheit hinter mir, sehne mich nach dem passenden Mann an meiner Seite und fühle mich ständig so einsam“, platzt es plötzlich aus mir heraus. Nebenbei suche ich in meiner Handtasche nach Taschentüchern.
    Frau Glaser ist sofort alarmiert. Sie springt auf, kramt in einem der Kartons und setzt sich, schneller, als ich gucken kann, mit einer Rolle Küchentücher wieder neben mich.
    „Es tut mir leid, doch etwas anderes habe ich jetzt nicht schneller zur Hand“, entschuldigt sie sich.
    „Schon in Ordnung!“, ich schniefe in das Tuch.
    „Sie fühlen sich also einsam?“, fragt sie mit einem für Therapeuten üblichen Blick. Vielleicht verbirgt sich hinter ihrem Hippie-Äußeren ja doch eine professionelle Psychotherapeutin.
    „Irgendwie schon. Obwohl dieses Gefühl momentan eigentlich völlig unnötig ist. Seit meinem Umzug nach Hamburg vor einigen Wochen habe ich nämlich ganz wunderbare Freunde gefunden, die sich alle ganz herzerwärmend um mich kümmern.“
    „Wo haben Sie vorher gewohnt?“
    „Im Landkreis Nirgendwo.“
    Frau Glaser mustert mich mit fragendem Blick. „Wo liegt das?“
    „Drei Fahrstunden von hier entfernt.“
    „Ach du liebes Bisschen! Das ist ja auch nicht mal eben so um die Ecke. Überdies ist seitdem ja auch noch nicht sehr viel Zeit vergangen. Da hatten Sie sicher keine Zeit, mal ein wenig zur Ruhe zu kommen. So ein Umzug ist nämlich nicht ohne. Das kann durchaus depressive Verstimmungen verursachen. Telefonieren Sie oft mit Ihrer Familie?“
    Wieder einmal breche ich in Tränen aus und brauche dabei die halbe Papierrolle auf.
    In einem langen Gespräch erzähle ich Frau Glaser von dem Verhältnis zu meiner Mutter, und dass ich zu ihr und meiner Schwester keinen Kontakt mehr habe. Franz-Josef lasse ich dabei mal außen vor. Für mich ist er seit jeher ein Mysterium gewesen. Weder hat er sich jemals gehörig zu mir gefühlt noch ist es irgendwann mal andersherum gewesen.
    „Und was mich am meisten stört, ist, dass ich seit meinem Termin bei Frau Wiesenhain ständig heulen muss“, schließe ich meine Erzählung. „Vorher habe ich nie auch nur eine Träne vergossen!“
    „Sie haben nie geweint?“, forscht sie stirnrunzelnd.
    „Na ja, vielleicht mal, als ich sieben oder acht Jahre alt gewesen bin. Davor bestimmt auch, aber danach ganz sicher nicht mehr.“
    „Das finde ich aber bedenklich. Und wie haben Sie sonst immer reagiert, wenn Sie verärgert oder traurig gewesen sind?
    „Ich bin in mein Zimmer gegangen“, berichte ich schulterzuckend. „Habe Musik gehört, ferngesehen oder etwas gezeichnet. Und kurz nach meinem achtzehnten Geburtstag bin ich bei meiner Mutter ausgezogen.“
    „Dann hat es nie so etwas wie eine Aussprache zwischen Ihnen und Ihrer Familie gegeben?“
    „Ich glaube nicht. Bei unserem letzten Treffen habe ich etwas gesagt, aber da haben mich nur alle für verrückt erklärt.“
    „Hm, das ist vielleicht eine sehr strenge Reaktion gewesen, aber dennoch nachvollziehbar. Wissen Sie, es gibt nämlich unglaublich viele Menschen, die der Meinung sind, immer alles richtig zu machen. Dass dem nicht so ist, erkennen diese Leute oft erst dann, wenn sie kritisiert werden. Wenn Sie also vorher nie etwas dazu

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