Wo der Tod begraben liegt (German Edition)
Manfred. Beim zweiten Blick glaubte Manfred auch etwas Nervöses entdecken zu können.
Noch war Manfred nicht dran mit seiner Bestellung und so beschaute er ein weiteres Mal das Warenangebot. Sein Blick wanderte zu den Zeitschriften. Fast ausschließlich deutsche Magazine gab es zu kaufen, lediglich unter den Tageszeitungen befanden sich auch die gängigen italienischen Exemplare. Wirklich alle gängigen?, fragte sich Manfred. Von wegen. Das Organ der KPI fehlte, eigentlich unverständlich, schließlich ist es eins der meistverkauften Blätter in Italien, hier im Norden allemal. An einen Zufall glaubte Manfred nicht, er war sich sicher, dass das Sortiment etwas mit der politischen Ausrichtung des Besitzers zu tun hatte.
„Bitte?“
Manfred hatte den Fortschritt beim Verkauf gar nicht mitbekommen, konsterniert schaute er in das Gesicht seines Gegenübers, es war Klaus Wilkens. Manfred riss sich zusammen: „VanAndern. Holländischer Tabak ist das.“
„Ich weiß, der wird immer wieder mal gewünscht.“ Wer die Menschen hasst, sagt gar nichts oder „ja, ja“, interpretierte Manfred die Äußerung von Klaus Wilkens.
„Das macht dann 3 Mark 70“, sagte Klaus Wilkens. Kurz schaute er Manfred ins Gesicht.
„Blättchen nehme ich dann auch noch. Haben Sie vielleicht auch ein billiges Feuerzeug?“
„Ja, hier, schauen Sie.“ Wilkens zeigte auf die Auslage neben der Theke. „Nehmen Sie am besten das hier, die halten gut und kosten am wenigsten.“ Auch diese Bemerkung hätte Manfred nicht erwartet. Aber was hab‘ ich überhaupt erwartet?, fragte sich Manfred. Den Teufel persönlich?
Manfred zahlte und verschwand mit einem „Auf Wiedersehen“.
Klaus Wilkens antwortete „Arrivederci“.
*
„Vom Campingplatz geht das nicht, ich brauche Geld… Und du bist der einzige, den ich kenne, der so etwas hat.“
„Wenn du dich da man nicht täuscht...“ Schnell sprach der Professor weiter: „Ich überweise dir das Geld zum Klausener Postamt. In drei Tagen müsste es da sein. Das reicht für eine Woche. Mit Halbpension, was Essen musst du schließlich auch.“
„Gut, ja… Wenn das man reicht…“
„Keine Angst, du hast mir die Preise ja genannt.“
„Das meine ich nicht“, sagte Manfred. „Ich meine, wenn die sieben Tage mal reichen. Ich muss ja erst mal einiges rausfinden.“
„Das werden wir sehen… ruf‘ mich wieder an. Wenn es Probleme gibt, sofort.“
„Mach ich.“
„Manfred, noch was…“
„Ja?“
„Pass auf dich auf.“
Was soll denn schon groß passieren, dachte Manfred auf dem Weg zum Campingplatz, wo er seine sieben Sachen zusammenpackte, um sich anschließend wieder in die Innenstadt von Klausen zu begeben. Dort mietete er sich in der kleinen Hotelpension Ambatti ein, schräg gegenüber der Tabaccheria Wilkens . Aus seinem zur Gasse gelegenen Zimmer wollte er den Gewohnheiten von Klaus Wilkens auf die Spur kommen, der direkt über seinem Geschäft mit einer Frau namens Embrina Magotti die beiden oberen Stockwerke des Hauses bewohnte, wie ihm das Klingelschild verraten hatte.
Dass es sich bei Embrina Magotti um die Verkäuferin im Tabakladen und somit um die Lebensgefährtin von Klaus Wilkens handelte, registrierte Manfred bereits am Abend desselben Tages, als er die Tabaccheria das erste Mal betreten hatte. Um kurz nach sechs Uhr erspähte er durch die Gardine seines Zimmers, wie Klaus und Embrina ihr Geschäft verließen und die daneben liegende Tür zu ihrer Wohnung aufschlossen. Ganz offensichtlich gab es vom Laden keine direkte Verbindung zur ersten Etage.
„Identität von Wohn- und Arbeitsort, führt eine Beziehung mit einer weitaus jüngeren Italienerin“, schrieb Manfred in seinen Taschenkalender. Weitere Erkenntnisse sollten folgen, hoffte Manfred. Dafür erklärte er den Platz hinter der Gardine zu seinem aktuell wichtigsten Beobachtungsposten. Der Hotelbesitzerin – eine Frau, die ihm gefiel – erzählte er, dass er nach einem harten Arbeitsjahr sich auf ein paar faule Tage im Bett freut. Saubermachen sei nicht nötig, fügte er lächelnd hinzu, das würde ihn eher stören. „Ich will nur lesen, schlafen, essen“, sagte er auf Italienisch. „Ruhen Sie sich nur aus“, wünschte sie ihm daraufhin auf Deutsch.
Manfred setzte die Aufforderung sofort um, schob das Bett ans Fenster und stapelte die zweigeteilte Matratze übereinander. So konnte er, angelehnt an den hölzernen Bettrücken, in bequemer Position auf das Geschehen schräg unter ihm vor
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